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Marie-Luise Dött: Die Plastikabfälle in den Weltmeeren sind nicht akzeptabel

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Epl. 16)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hinter uns liegt in der Tat ein Sommer, wie wir ihn lange nicht hatten: Viel Sonnenschein und hohe Temperaturen freuten die Urlauber, die es vorgezogen hatten, den Urlaub an Nord- und Ostsee zu verbringen. Die Freibäder verzeichneten Besucherrekorde. Aber ein anderes Bild ergibt sich bei unseren Landwirten, die angesichts der Trockenheit mit zum Teil extremen Ernteausfällen zu kämpfen haben, oder bei den Kraftwerken, die wegen zu hoher Wassertemperaturen oder auch niedriger Wasserstände Kapazitäten reduzieren mussten, oder bei den Binnenschiffern, die im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen lagen.

Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass dieser Sommer auch ein Signal war, dass wir bei der Klima- und Umweltpolitik nicht nachlassen dürfen.

(Zuruf von der AfD: Das nennt man Wetter!)

Wir müssen weiterhin intensiv für eine globale Handlungsgemeinschaft werben; denn nur so werden wir den Klimaschutz voranbringen können. Die Klimakonferenz im Dezember in Kattowitz bietet dafür eine weitere Chance.

Aber es geht natürlich auch darum, eigene Anstrengungen zu verstärken. Die Aufgaben liegen auf dem Tisch. Wir müssen Maßnahmen identifizieren, um das 2020-Ziel so schnell wie möglich zu erreichen; bis 2020 wird das nicht gelingen. Wir müssen jetzt einen tragfähigen maßnahmenkonkreten Plan für das Erreichen des Klimaziels 2030 entwickeln. Beide Aufgaben müssen dringend angegangen werden.

Auch wenn es mancher nicht mehr hören will: Wir werden im Rahmen der Haushaltsberatungen das Thema der steuerlichen Absetzbarkeit von Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung erneut diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Es ist nicht akzeptabel, dass wir gerade diese kosteneffiziente Klimaschutzmaßnahme nicht hinbekommen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es mag klimapolitisch verlockend sein, aber ich warne davor, sich bei der Klimapolitik auf die Braunkohle zu fokussieren.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Angesichts der Diskussionen in der Strukturkommission und deren Umfeld habe ich den Eindruck, dass die komplexen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen einer Reduzierung der Kohleverstromung von einigen unterschätzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ein Klimaschutz ohne Rücksicht auf die Menschen, ohne Betrachtung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ja, wir brauchen aus der Kommission ein Signal für die Klimakonferenz in Kattowitz, aber dieses Signal kann nicht heißen: Wir erfüllen unsere Klimaziele; was aus den Menschen wird, ist zweitrangig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Das Signal muss sein: Wir erfüllen unsere Klimaziele.

(Zuruf der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Hören Sie erst einmal bis zum Ende zu. – Unser Signal muss aber auch heißen: Wir bleiben dabei wettbewerbsfähig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Judith Skudelny [FDP])

Wir erhalten die Wertschöpfungsketten in Deutschland und sichern Arbeitsplätze.

(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Ihre Zwischenrufe zeigen mir, dass die Grünen daran scheinbar nicht interessiert sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Sie sollten es machen!)

Wir sorgen in den betroffenen Regionen für den erforderlichen Strukturwandel.

Ich erwarte von den Mitgliedern der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ Vorschläge, mit denen sich der Verantwortung gestellt wird. Ich bin sehr froh, dass Frau Nahles in der vergangenen Woche für ihre Partei in diesem Sinne eine klare Aussage gemacht hat.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blutgrätsche! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blutgrätsche von vorgestern!)

Eine Verengung der Klimapolitik auf die Kohle ist in der Tat der falsche Ansatz. Auch wir stehen für eine „Blut­grätsche“ gegen die Braunkohle nicht zur Verfügung.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie endlich was beim Verkehr!)

Meine Damen und Herren, für uns kommt erst der Strukturwandel, dann die Reduzierung der Kohleverstromung – nicht umgekehrt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und um auch das klar zu sagen: Die Regierung hat eine Kommission eingesetzt, die Vorschläge erarbeiten soll. Was gesetzlich geregelt wird, entscheidet am Ende keine Kommission, sondern das Parlament.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Noch etwas müssen wir aus diesem Sommer lernen. Wir müssen uns verstärkt um Maßnahmen zur Vorsorge hinsichtlich der Folgen des Klimawandels kümmern. Das betrifft beispielsweise das Wassermanagement in den Flüssen. Das betrifft die Nutzung von klimaresistenteren Pflanzen auf den Feldern und auch Fragen in kommunalen Bereichen. Natürlich müssen wir uns auf Extremwetterlagen mit plötzlichem Starkregen und Sturm vorbereiten. Auch diesen Themenbereich werden wir uns im Rahmen der Haushaltsberatungen ansehen.

Meine Damen und Herren, die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft ist ein weiterer Schwerpunkt unserer umweltpolitischen Agenda. Wir haben mit dem Verpackungsgesetz, das erst zu Beginn des nächsten Jahres in Kraft tritt, wichtige Fortschritte erreicht. Höhere Sammelquoten werden zu einer weiteren Reduzierung der Abfälle führen, und die zentrale Stelle wird alle Marktbeteiligten, insbesondere Hersteller, Inverkehrbringer und duale Systeme, stärker in die Pflicht nehmen. Parallel dazu erfolgt auch bei der Wirtschaft und beim Handel ein Umdenken. Handel und Hersteller reagieren damit auf ein geändertes Kundenverhalten. Die Initiativen zur Entwicklung besser recycelbarer Verpackungen oder zum vollständigen Verzicht auf Kunststoffverpackungen durch Hersteller und Handel begrüße ich nachdrücklich. Aber dieses Umsteuern ist im Kern der Erfolg unseres Ansatzes der Durchsetzung der Produktverantwortung. Wer Verpackungen herstellt oder in den Verkehr bringt, ist auch für die Entsorgung verantwortlich. Damit werden die Entsorgungskosten Teil des Produktpreises und damit ein Wettbewerbsfaktor. Diese konkrete Anlastung der Entsorgungskosten gelingt uns künftig besser, als das bislang der Fall war, und gerade darauf reagieren Handel und Produzenten.

Das System der wettbewerblich organisierten Verpackungsentsorgung funktioniert. Was aber nicht ausreichend gut funktioniert, ist die Wiedernutzung von Recyclingmaterialien. Wir können uns über hohe Sammel- und Sortierquoten freuen; nutzen tun sie allerdings nur, wenn die Materialien anschließend auch wieder zu hochwertigen neuen Produkten werden. Hier müssen wir natürlich darüber nachdenken, wie wir die Rahmenbedingungen für eine Wiedernutzung von Recyclingmaterialien verbessern können, und wir müssen darüber nachdenken, wie wir Schadstoffe aus den Abfällen ausschleusen können. Wir müssen hier den Zielkonflikt zwischen stofflichem Recycling und Chemikalien- und Stoffrecht auflösen. Das alles ist gar nicht einfach. Wir müssen das Thema aber dringend angehen. Hier sehe ich einen Schwerpunkt für die Ressortforschung des BMU, den wir bei den jetzt anstehenden Haushaltsverhandlungen betrachten werden.

Meine Damen und Herren, noch ein weiterer Punkt zum Thema Kreislaufwirtschaft: Die Plastikabfälle in den Weltmeeren sind nicht akzeptabel. Sie gefährden eine unserer Lebensgrundlagen. Diese Abfälle müssen auch für uns ein Signal sein, die Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln. Auch in Europa ist das Thema jetzt mit der Plastikstrategie auf der umweltpolitischen Agenda weit nach oben gerückt. Das ist gut. Wir müssen auch hier den Blick auf die globale Situation ausrichten. Wissenschaftler haben allerdings ermittelt, dass nur zehn Flusssysteme rund 90 Prozent des Plastiks transportieren, das jedes Jahr aus Flüssen ins Meer gelangt. Das sind übrigens acht asiatische Gewässer sowie Nil und Niger. Auf diese Situation müssen wir reagieren. Das heißt, wir müssen auch da den globalen Ansatz wählen. Das werden wir in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesentwicklungsministerium nach vorne treiben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der AfD und der FDP)