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Hermann Färber: Wir brauchen eine Risikobewertung, die zwischen Nutzen und Risiken abwägt

Vorschlag der EU-Kommission - Änderung der Durchführungsverordnung hinsichtl. der Zulassungsbedingungen verschiedener Wirkstoffe

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bienen sind als Bestäuber in der Landwirtschaft und zur Erhaltung der Biodiversität absolut unverzichtbar. Deshalb müssen und werden wir die Bienen schützen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, hat ihre Risikobewertung für drei Neonikotinoide, nämlich für Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam, aktualisiert und dabei ein Risiko für Honigbienen, Wildbienen und Hummeln ausgesprochen. Das dabei angewendete Leitliniendokument, das von der EFSA entwickelte Bee Guidance Document, ist innerhalb der Mitgliedstaaten umstritten und wird kontrovers diskutiert. Weil es zu wenige etablierte Methoden gibt, um die Auswirkungen auf Solitärbienen zu prüfen, hat die EFSA die Standards von Honigbienen auf Wildbienen angewendet und die Werte um den Faktor 10 erhöht.

Jetzt kann man trefflich darüber streiten, ob diese Vorgehensweise korrekt ist. Allerdings hat unsere Fraktion immer, auch in den vergangenen Jahren, gefordert, dass die Entscheidungen in Zulassungsprozessen auf wissenschaftlicher Basis getroffen werden. Deshalb werden wir uns der Bewertung der EFSA nicht verschließen und unsere Ministerin Klöckner hier auch unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insgesamt sind in Deutschland 15 Pflanzenschutzmittel zugelassen, die Neonikotinoide enthalten. Vier davon enthalten den Wirkstoff Thiamethoxam. Sie werden als Saatgutbeize vor allem bei Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben angewendet. Durch die bei uns in der Zulassung festgelegten Anwendungen sind sie als nicht bienengefährdend eingestuft, ganz einfach deshalb, weil die Ernte schon vor der Blüte erfolgt und die Pflanzen extrem wenig guttieren, das heißt sehr wenig Wasser absondern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir mit den Neonikotinoiden eine weitere Gruppe von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen für alle Freilandkulturen verbieten, dann müssen wir uns natürlich fragen: Welche Alternativen gibt es denn, und welche Auswirkungen haben unsere Entscheidungen?

Es wurde schon angesprochen: Seit dem Verbot der Beizung von Rapssaatgut mit Neonikotinoiden in 2013 ist der Rapsanbau in Deutschland bereits um 100 000 Hektar zurückgegangen, trotz auch für die Bienen vielfältiger Vorteile dieser Pflanze. Wir sprechen bei Raps nämlich von einer Pflanze, deren Blüte wichtiges Futter für die Bienen ist, die für die Biodieselproduktion wesentlich ist und auch als gepresster Rapskuchen eine heimische Tierfuttergrundlage ist und hilft, Sojaimporte erheblich zu reduzieren.

Es geht darüber hinaus um den Schutz von Hopfen, Zuckerrüben, Mais und Kartoffeln. Zur Bekämpfung ihrer Schädlinge wie dem Drahtwurm, dem Rapserdfloh, dem Kartoffelkäfer oder dem Rapsglanzkäfer gibt es leider nur wenige Alternativen.

(Carina Konrad [FDP]: Richtig!)

Für den nicht mehr gebeizten Raps beispielsweise werden jetzt Wirkstoffe wie Carbamate und Pyrethroide eingesetzt. Die Folge ist, dass die Felder drei- bis viermal im Jahr mit diesen Blattinsektiziden gespritzt werden.

Ein weiteres Problem im Bereich Pflanzenschutz insgesamt ist bei einer immer geringeren Anzahl an Pflanzenschutzmitteln die zunehmende Resistenz gegenüber den noch verbleibenden Wirkstoffen, speziell beim Kartoffelkäfer und beim Rapsglanzkäfer. Wir können nicht auf allen deutschen Kartoffeläckern den Asiatischen Marienkäfer zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers ausbringen, wie es im ökologischen Landbau erfolgt; denn der Asiatische Marienkäfer ist eine invasive Art, und die Folgen seiner Ausbreitung können wir zum heutigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht absehen. Außerdem – darüber haben wir schon in der letzten Debatte gesprochen – ist auch der ökologische Landbau auf toxische und bienengefährdende Substanzen angewiesen.

Was wir brauchen, ist eine Risikobewertung, die auch bei den Alternativen zwischen Nutzen und Risiken abwägt

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bleiben Sie doch mal beim Thema, Herr Färber! Sagen Sie doch mal was zu den Neonikotinoiden!)

und die Folgen berücksichtigt, sowohl im herkömmlichen wie auch im ökologischen Landbau. Notwendig sind eine Strategie und die Beschleunigung von Entwicklung und Zulassungsverfahren alternativer Wirkstoffe und Behandlungsmethoden. Da haben wir, wie Sie, Frau Kollegin Konrad, richtigerweise angesprochen haben, einen erheblichen Rückstand, den wir dringend angehen müssen.

Das alleinige Verbot von Wirkstoffen ist weder ein Plan noch eine Lösung. Wir benötigen mehr Weitsicht und eine taktische Vorgehensweise. Deshalb ist dieser Antrag der Grünen unzureichend und abzulehnen.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Unzureichend“! Sie wollen noch mehr verbieten, oder was? Das ist gut zu wissen!)

Mit solchen Anträgen, die eher Schaufenstercharakter haben, schützt man weder die Bienen noch die Umwelt.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auweia!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)