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Hermann Färber: Das Wichtigste ist zügig einen verbindlichen Kriterien- und Maßnahmenkatalog zu erarbeiten

Herausforderungen durch die Rückkehr des Wolfes bewältigen und den Schutz von Weidetieren

Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schaf- und Ziegenhalter im Land leisten einen wertvollen Beitrag zum Natur- und Umweltschutz, zum Landschaftsschutz, und deshalb ist es wichtig, dass man die Betriebe unterstützt und dass diese Leistung finanziell abgegolten wird. Aber lassen Sie mich hier ein paar Fakten sagen, die ich heute in der Debatte noch gar nicht gehört habe.

Die Mehrheit der Schafhalter besitzt Weideland, eigenes Weideland und gepachtetes Weideland, und dafür erhalten sie wie alle Landwirte in Deutschland und in Europa Direktzahlungen. Im Durchschnitt bekommt ein Schafbetrieb im Haupterwerb rund 86 000 Euro im Jahr. Das ist ungefähr dreimal so viel, wie er bekommen hat, als es noch die Schafprämie in Form der Mutterschafprämie gegeben hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um einen Vergleich zu ziehen: Die anderen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe bekommen im Durchschnitt 33 000 Euro.

Ein Sonderfall – das räume ich gern ein – sind die Berufsschäfer, die Wanderschäfer, die kein eigenes Land, kein gepachtetes Land haben. Das ist nach dem Bundesverband der Berufsschäfer eine sehr kleine Zahl. Aber auch für die gibt es bereits Möglichkeiten. Es gibt zahlreiche Förderprogramme für die Betriebe, die keine Fläche haben, zum einen aus den Programmen der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, zum anderen aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes, GAK. Da gibt es Programme für nachhaltige Landwirtschaft, insbesondere auf Grünlandstandorten, für Raufutterfresser, für die Förderung tiergerechter Haltung, für ökologischen Landbau, für Vertragsnaturschutz und für Landschaftspflege.

Meine Damen und Herren, wie heute schon angesprochen, gibt es aber ein ganz anderes Problem für die Weidetierhalter, und davon sind sowohl die Schaf- als auch die Ziegenhalter, aber auch die Rinderhalter und die Pferdehalter betroffen: die Rückkehr und die Ausbreitung des Wolfes bei uns in Deutschland. Wir befinden uns in der Situation, dass unsere Gesellschaft – das wissen Sie alle – mehr Tierwohl fordert. Die Tiere sollen raus aus den Ställen, auf die Weide, wo sie sich frei bewegen können. Gleichzeitig wird von einem Teil der Gesellschaft die Rückkehr und Ausbreitung des Wolfes begrüßt. Doch beides zusammen geht nicht – Wölfe und Weidetiere auf der gleichen Fläche. Das ist nun einmal Fakt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie lesen oft genug in der Zeitung, dass das nicht geht. Da gibt es einen erheblichen Zielkonflikt, den wir nicht so einfach auflösen können.

Um die Tiere vor Wolfsangriffen zu schützen, müssen die Weidetierhalter viele Schutzmaßnahmen ergreifen, zum Beispiel hohe Elektrozäune errichten. Herr Träger, 1,20 Meter hohe Zäune sind für einen Wolf definitiv kein Hindernis. Wer schon einmal Schäferhunde besessen hat, weiß, dass für sie auch 2 Meter kein Hindernis sind. Ein Wolf überwindet einen 1,20 Meter hohen Zaun im Nu. Das ist einfach Fakt; daran kommen wir nicht vorbei.

Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft beziffert die Kosten für Weideschutzzäune, Herdenschutzhunde und Herdenschutzesel auf bis zu 10 000 Euro pro Betrieb und Jahr. Die Anschaffungskosten – sie machen 15 Prozent aus – werden teilweise von den Ländern übernommen; aber die laufenden Kosten – das sind immerhin 85 Prozent – bleiben an den Weidetierhaltern hängen.

Nach Aussagen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf gab es bereits im Jahr 2016 über 1 000 durch den Wolf getötete Nutztiere. Die Zahl ist mit Sicherheit nach oben gegangen; aber die Fälle aus dem Jahr 2016 sind dokumentiert. Wir haben also definitiv ein Problem.

Nun wissen wir: Der Wolf ist europaweit eine streng geschützte Art. Das bedeutet auch Pflichten zur Erhaltung seines Lebensraums. Deshalb ist die Entnahme von Wölfen auch nur in Ausnahmefällen erlaubt. Andererseits dürfen die Sicherheit, das Leben und die Gesundheit der Tiere auf der Weide nicht der unkontrollierten Verbreitung des Wolfes untergeordnet werden. Aus diesem Grund haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die EU-Kommission aufzufordern, den Schutzstatus des Wolfs abhängig von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um die notwendige Bestandsreduktion herbeiführen zu können. Meine Damen und Herren, der Wolf stirbt nicht aus; er breitet sich aus.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Karlheinz Busen [FDP])

Unabhängig davon will der Bund mit den Ländern einen geeigneten Kriterien- und Maßnahmenkatalog zur letalen Entnahme von Wölfen entwickeln. Die Wölfe, die Weidezäune überwunden haben oder für Menschen gefährlich werden, müssen entnommen werden können. Zur Umsetzung dieses Vorhabens ist es einfach unerlässlich, dass zum einen die betroffenen Berufsgruppen – ich spreche hier von den Landwirten, den Weidetierhaltern und den Jägern – in die Beratungen einbezogen werden. Das ist bisher leider nicht der Fall.

Es ist auch notwendig, im Rahmen einer Habitatanalyse zu überprüfen, in welchen Gegenden ein Zusammenleben von Weidetieren und Wolfsrudeln nicht möglich ist. Ich denke hier an Almen, aber auch an Deichgebiete, wo Weidetiere nicht ausreichend geschützt werden können.

Es müssen die Auswirkungen von Elektrozäunen auf die Vernetzung von Lebensräumen überprüft werden und die Folgen für die zukünftige Entwicklung der Weidetierhaltung abgeschätzt werden.

Ganz besonders wichtig ist aber auch, zu untersuchen, welche Auswirkungen die Rückkehr des Wolfes auf die Wildtierbestände hat.

Das Wichtigste ist – ich komme zum Schluss –, zügig einen verbindlichen Kriterien- und Maßnahmenkatalog für die Entnahme der Wölfe zu erarbeiten, die Zäune überwunden haben oder für Menschen gefährlich werden.

Meine Damen und Herren, der Wolf ist eine geschützte Tierart, aber er darf nicht zur grundsätzlichen Bedrohung von Weidetieren werden. Der Antrag heute kann auf dem Weg dorthin nur der Anfang sein. Der Agrarausschuss hat für die Zeit nach der Sommerpause bereits ein Fachgespräch vereinbart.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)