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Dr. Klaus-Peter Schulze: In den nächsten Jahren haben wir große Herausforderungen zu bearbeiten

Fortsetzung der Aussprache zur Regierungserklärung Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch, Frau Ministerin! Ich freue mich auf eine hoffentlich gute und sachliche Zusammenarbeit, und ich finde es gar nicht schlimm, wenn Sie Mitglied der IG BCE sind. Denn das ja schon mehrfach angesprochene Thema „Wie weiter mit der Kohle?“ und das Bestreben, in der Diskussion zu einem Endpunkt zu kommen, werden es notwendig machen, dass mit den Beschäftigten in diesem Bereich intensiv zusammengearbeitet wird. Ich glaube, da können Sie einen entscheidenden Beitrag leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kollegin Skudelny hat gesagt, der Naturschutz stehe so ein bisschen am Rande. Ich muss aber sagen: Wenn ich in die Medien der letzten Wochen reinschaue, dann habe ich nicht das Gefühl, dass das so ist. Wir diskutieren das Thema „Insektensterben“, wir diskutieren das Thema „Vermüllung der Meere“, wir diskutieren das Thema „Rückkehr des Wolfes und anderer geschützter Arten“ und die damit verbundenen Probleme. Das sind große Herausforderungen, die wir in den nächsten Jahren weiter bearbeiten müssen.

Lassen Sie mich noch einen Blick zurückwerfen. Im Jahr 2005 standen unter Rot-Grün für Naturschutz 29 Millionen Euro zur Verfügung. Als wir 2013 die Große Koalition in der 18. Legislaturperiode begannen, waren es 49 Millionen Euro. Ende des Jahres 2016 waren es im Haushaltsplan 2017 immerhin 71 Millionen Euro. Ich glaube, da ist noch viel Luft nach oben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber nicht nur der Umfang der Mittel, die für Maßnahmen zur Verfügung standen, hat sich positiv entwickelt, auch die Zahl der Mitarbeiter im Umweltministerium stieg von 712 auf 1 193 Mitarbeiter. Ich glaube, diese Personalausstattung macht deutlich, dass wir entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben. Das gilt auch für das Bundesamt für Naturschutz, das statt 21 Millionen Euro jetzt immerhin 32 Millionen Euro zur Verfügung hat.

Der Insektenschutz wird für uns eine große Herausforderung sein, aber ich warne davor, nur einen kleinen Bereich als Ursache zu sehen, nämlich die Landwirtschaft. Ich glaube, die Vergrößerung der Anbauflächen, die Monokulturen, die Vermaisung der Landschaft, die zunehmende Lichtverschmutzung und die Monotonisierung der Pflanzengesellschaften sind ebenfalls Faktoren, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das wird nur gehen, wenn wir entsprechend taxonomisch ausgebildete Wissenschaftler haben. Deswegen hatten wir ja schon in der vorangegangenen Legislaturperiode gemeinsam einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht, dass in der Hochschulausbildung diesbezüglich mehr gemacht wird.

Was wäre der Naturschutz ohne das Ehrenamt in Deutschland? Ich glaube, die Arbeit, die hier von vielen geleistet wird, ob sie im NABU oder im BUND organisiert oder als Einzelkämpfer unterwegs sind, könnte der behördliche Naturschutz nie leisten. An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Genannten ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie der Abg. Dr. Bettina Hoffmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich will noch ein Beispiel nennen. Bis 1990 waren viele Naturfreunde unterwegs und haben während der Brutzeiten die Horstbäume bewacht, damit die Eier nicht entnommen und gegen D-Mark in den Westen oder nach Westdeutschland, wie wir es gesagt haben, verbracht wurden oder sich im Gegenzug dafür Literatur besorgt wurde. Das musste man einige Tage lang machen. Wenn das Ei bebrütet war, konnte man diesen Export nicht mehr betreiben. Inzwischen ist es aber so, dass die Naturschützer gezwungen sind, 365 Tage im Jahr unterwegs zu sein, um die Horstbäume zu schützen, weil skrupellose, profitgierige Geschäftemacher, die unter dem Deckmantel der alternativen Energien unterwegs sind, versuchen, diese Horstbäume zu fällen, um anschließend Windkraftanlagen in diesen Gebieten zu errichten.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Also, Dank für diesen Einsatz, nicht den Geschäftemachern, sondern den Ehrenamtlern. Ihnen muss man danken, und wir müssen da konsequenter durchgreifen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD)

Im Oktober wird die Antarktis-Kommission sich mit dem Thema „Unterschutzstellung des Weddellmeeres in der Antarktis“ beschäftigen. Wir haben dazu in den letzten Jahren mit unseren Forschungsmöglichkeiten, insbesondere mit unseren Forschungsschiffen, die entsprechenden wissenschaftlichen Grundlagen gelegt. Ich glaube, wir sollten als Deutscher Bundestag in einem interministeriellen Antrag die Bemühungen der Bundesregierung, die in dieser Kommission mitarbeitet, unterstützen, weil es wichtig ist, dass Teile des Weddellmeeres unter Schutz gestellt werden.

(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])

Ich freue mich da auf eine gute Zusammenarbeit.

Abschließend muss ich als Lausitzer natürlich etwas zu dem Thema Kohleausstieg sagen. Dass wir dieses Thema in der Kommission diskutieren werden und diskutieren müssen, ist ganz klar, aber ich warne davor, nur die Arbeitsplätze zu subsumieren. Ich warne davor, nur auf die Versorgungssicherheit und die preiswerte Energie abzustellen. Das hat natürlich erste Priorität. Aber es sind auch andere Fragen zu berücksichtigen. Ich habe das schon einmal in der vergangenen Legislaturperiode angesprochen, wurde dafür aber kritisiert. Woher kommen 6 Millionen Tonnen Gips, wenn die REA-Anlagen nicht mehr laufen? Wo lassen die Städte Berlin, Dresden und Chemnitz die jährlich 800 000 Tonnen konditionierte Abfälle, die sie in den Kraftwerken mitverbrennen lassen? Brauchen wir neue Müllverbrennungsanlagen? Vielleicht war es in Berlin eine kluge Entscheidung, das Tempelhofer Feld nicht zu bebauen. Da wäre ja ausreichend Platz.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber es spielen noch andere Fragen eine Rolle. Die sollten wir wirklich konstruktiv diskutieren, im Interesse der drei Kohleregionen. Ich freue mich da auch auf Ihre Unterstützung, Frau Ministerin.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Jurk [SPD])