Skip to main content

Christian Haase: Wir kommen unserem Ziel näher, dass unsere ländlichen Gebiete lebenswert bleiben

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Epl. 10)

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zu Herrn von Gottberg. Er ist zwar nicht mehr anwesend, aber er hat gesagt, er sei sprachlos, weil es für das Bundesamt für Risikobewertung 23 Millionen Euro mehr gibt. Einige im Hause haben zwar gesagt, es sei nicht schlimm, wenn die AfD sprachlos ist. Ich will ihn aber beruhigen: Es sind nur 11,2 Millionen Euro, und es hat dazu eine Organisationsuntersuchung durch ein externes Unternehmen gegeben. Es geht dabei um eine verantwortungsvolle Personalausstattung des Bundesamtes. Aber die Menschen scheinen Ihnen an dieser Stelle egal zu sein.

Nun zur Sache. Eine aktuelle Umfrage des Instituts Infratest lässt aufhorchen. Demnach leben nur 20 Prozent der Befragten am liebsten in der Großstadt. Für jeweils doppelt so viele Menschen ist entweder die Kleinstadt oder sogar das Leben auf dem Dorf ihre erste Wahl. Das sollte uns zu denken geben. Wir machen hier in diesem Hause Politik für das gesamte Land. Viel zu lange haben sich die großen Debatten auf die richtige Politik für die großen Städte konzentriert. Wohnungsmangel, Akademisierung, Migrationsprobleme: All das betrifft eher städtische Gebiete. Dabei lebt nur ein Drittel der deutschen Bevölkerung in dichtbesiedelten Gebieten. Im ländlichen Raum fühlen sich dagegen immer mehr Menschen abgehängt von der gesellschaftlichen Entwicklung.

Es ist daher gut und richtig, dass wir mit dem vorliegenden Regierungsentwurf den ländlichen Raum stärker in den Blick nehmen. Den GAK-Sonderrahmenplan „Förderung der ländlichen Entwicklung“, den wir mit dem Haushalt 2018 eingeführt haben, wollen wir auf 150 Millionen Euro aufstocken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit setzen wir ein zentrales Versprechen aus dem Koalitionsvertrag um.

Damit Bund und Länder dieses Geld effektiv einsetzen können, sollten wir bei einer Reform der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ nicht lockerlassen. Die Länder haben hierzu einen ersten Entwurf erarbeitet. Das Fachministerium und das Finanzministerium sind jetzt gefordert, darauf zu reagieren.

Unser zweites Instrument neben der GAK ist das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung, das wir von 55 Millionen auf 70 Millionen Euro erhöhen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Modellvorhaben bringen unser Land wirklich vo­ran. Das Modul Land(auf)Schwung ist bereits ein großer Erfolg. Auch bei den Projekten Land.Digital und LandKULTUR sehe ich große Potenziale. Es folgen nun Land Mobil, Land Nahversorgt, Land Gesundheit, Land Start-up und Land Ehrenamt. Sie sehen: viel Bewegung im ländlichen Raum und viele gute Ideen. So kommen wir unserem Ziel näher, dass unsere ländlichen Gebiete lebenswert bleiben.

Bisher ist aber der Mittelabfluss in diesem Programm alles andere als zufriedenstellend. Die zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung muss langsam auf Touren kommen. Ich verstehe natürlich, dass die fachliche Prüfung der Förderanträge aufwendig ist und die BLE personell am Limit. Daher sollte die angekündigte Ausschreibung für einen externen Dienstleister jetzt endlich erfolgen. Überhaupt werden wir uns mit der Bundesanstalt noch intensiv beschäftigen müssen. Aus der Organisationsuntersuchung sind erste Schlüsse zu ziehen, und das zeitnah. Hier ist das Finanzministerium – Stichwort „Entfristung von Stellen“ – gefragt, nicht weiter auf der Bremse zu stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn ich den Finanzminister heute Morgen richtig verstanden habe, hat er das auch angekündigt, und ich hoffe, dass er seinen Worten nun auch Taten folgen lässt.

Aber zurück zum Bundesprogramm Ländliche Entwicklung. In den Bereichen gesellschaftlicher Zusammenhalt, Kultur bzw. Verbraucherschutz wollen BMI, BKM und BMJV gezielt den ländlichen Raum in den Blick nehmen. Solange die Mittel auf dem Land ankommen, ist es mir recht, dass auch andere Ressorts auf einen kleinen Teil der 1,5 Milliarden Euro aus den prioritären Maßnahmen zugreifen können – aber bitte schön dann nur für neue Projekte! Bestehende Programme für den ländlichen Raum einfach umlackieren und dann mit Geld aus dem Landwirtschaftsetat bezahlen: Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wo wir gerade beim Stichwort „Verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern“ sind, möchte ich die Gelegenheit nutzen, das Krisenmanagement des Ministeriums zu loben. Ministerin Klöckner hat sich in der Dürrekrise von niemandem treiben lassen, sondern ruhig und sachlich eine verantwortungsvolle Entscheidung herbeigeführt. Erst mit dem vorliegenden Erntebericht konnten wir das Ausmaß der Dürreschäden seriös einschätzen. Am Ende sind die Nothilfen in Höhe von 170 Millionen Euro genau die richtige Entscheidung. Wenn das von der AfD kritisiert wird, dann möchte ich daran erinnern: Das hat etwas mit dem Verfassungsrecht zu tun, das hat etwas mit dem Föderalismus zu tun. Aber solche Dinge sind Ihnen ja völlig egal. Hauptsache, Sie können „Skandal!“ rufen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte noch die Digitalisierung in der Landwirtschaft ansprechen. Das ist ein gewaltiges Thema für die Zukunft unserer Landwirtschaft. Erste Studiengänge zu diesem Thema sind am Standort der Hochschule OWL in Höxter bereits eingerichtet. Hier wird der Sustainable Campus Höxter entwickelt. Er soll neben der bestehenden Ausrichtung zukünftig die besonderen Herausforderungen des ländlichen Raums adressieren und den Fokus stark auf die Digitalisierung der Landwirtschaft und die Freiraumgestaltung legen.

In der Landwirtschaft wird eine vielfältige und große Menge an Daten bereits seit vielen Jahren erhoben. Eine Nutzung mit Mehrwert ist jedoch noch nicht für alle beteiligten Partner möglich. Dabei ist davon auszugehen, dass die Automatisierung auch die Landwirtschaft, ihre Maschinen und Prozesse in den kommenden Jahren deutlich verändert. Zudem wandelt sich aufgrund der zunehmenden Zahl autonomer bzw. hoch automatisierter Maschinen die Rolle des Landwirts hin zu mehr analysierender und planender Arbeit mit Schwerpunkten im Management und Optimierung der Betriebs- und Ablaufplanung. Unterstützt werden die Anbauprozesse durch digitale Karten, welche die Planung der Bewirtschaftungsmaßnahmen erlauben, sowie durch Kameras und Sensoren, welche Beikraut und Stresszustände der Ackerbaupflanzen erkennen. Durch gezielte Ausbringung von Wasser, Dünger und Pflanzenschutzmitteln oder den gezielten Einsatz von mechanischen Verfahren zum Pflanzenschutz kann der Ertrag erhöht, der Aufwand an Betriebsmitteln reduziert und die Umweltverträglichkeit gewährleistet werden. Dies erfordert Erfassung, Aufbereitung und Nutzung ortsbezogener Daten. Idealerweise kommt es zu einer automatisierten Just-in-time-Maßnahme gegen Schädlinge etc., sofern eine Sensorik unmittelbar mit der pflegenden Maschine gekoppelt ist.

Insgesamt sind wir mit diesem Haushaltsentwurf sehr gut aufgestellt. Solides, nachhaltiges Wirtschaften und gleichzeitig ein Blick in die Zukunft, so sieht ein gelungener Haushalt aus. Aber natürlich gibt es noch immer etwas zu verbessern. Deshalb freue ich mich auf die gemeinsamen Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)