Skip to main content

Andreas Steier: "Wir halten Maß und Mitte"

Rede zur Verwertung hochradioaktiver Reststoffe

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluss der Debatte mal etwas mehr Sachlichkeit.

(Karsten Hilse [AfD]: Danke!)

Für einen Ingenieur ist es immer entscheidend, welche Mittel er einsetzt und welchen Nutzen er erlangt. Wenn man sich die Überschrift des Antrages „Atommüll-Endlager vermeiden – Hochradioaktive Reststoffe verwerten“ anschaut, dann suggerieren Sie, dass Partitionierung und Transmutation für eine entsprechende Lösung sorgen würden und dass wir dann kein komplettes Endlager mehr brauchen. Das ist aber nicht so.

Schauen wir uns einmal die Mengen an, über die wir sprechen. Bei dem Verfahren der Partitionierung und Transmutation sprechen wir über 10 Prozent der atomaren Abfälle, die wir weiterbehandeln können. Wir sprechen bei uns also nur über circa 170 Tonnen; diese Menge wird aufgrund des Atomausstiegs auch nicht größer. Auf diese Menge müssen wir uns bei den ganzen Überlegungen konzentrieren.

Wenn man noch berücksichtigt, dass circa 30 Prozent der ausgedienten Brennstäbe schon eingeglast sind, die für diese Methode nicht mehr zu verwenden sind, dann haben wir nur noch 6 oder 7 Prozent, über die wir vielleicht reden können. Dann ist die Frage gestattet: Lohnt sich die Investition in dieses Verfahren, oder ist es nicht besser, wenn wir mit dem begonnenen Verfahren weitermachen?

Die zweite Frage, die angesprochen wurde, lautet: Wie ist zurzeit der Stand der Technik bei diesem Verfahren? Wir konnten Mitte der 90er-Jahre in Forschungslaboren mittels Beschuss mit einem hochenergetischen Strahl – entsprechende Restmaterialien wurden mit Neutronen beschossen – erreichen, dass eine Umwandlung in andere Stoffe erfolgte und dass so die Halbwertszeit dieser Überbleibsel reduziert wurde. Das war seinerzeit ein Verfahren, das im CERN in der Schweiz erprobt wurde. Bis heute haben wir aber noch kein serielles Verfahren, um wirklich große Mengen im Rahmen von Transmutationsverfahren weiterzuverarbeiten.

Sie schreiben weiter, dass die Halbwertszeit von 100 000 Jahren reduziert werden könnte auf nur wenige Hundert Jahre. Ich bin Techniker genug, um sagen zu können: Wenn man große Mengen hat, dann kann man mit diesen immer nur in statistischen Größen rechnen. Das heißt, es werden immer noch Materialien übrig bleiben, die mit einer Halbwertszeit von 100 000 Jahren weiter strahlen können.

Welche Mittel müssen wir einsetzen, um das Verfahren im Forschungslabor in eine serielle Umsetzung zu führen? Zurzeit gibt es in einem Labor in Belgien Überlegungen, einen entsprechenden Reaktor zu bauen, der circa 1,6 Milliarden Euro kosten soll. Mit dem Bau soll ab 2024 begonnen werden. Dort soll erprobt werden, ob dieses Verfahren dafür ausreicht, um alle Bestandteile zu reduzieren. Hier investieren die Belgier und die Europäische Union. Auch Deutschland ist an der Forschung beteiligt. Es ist gut, dass wir da beteiligt sind, aber wir sollten überlegen, ob die Mittel in der Summe zur Verfügung gestellt werden oder ob wir diese Mittel nicht für andere Dinge verwenden sollten.

Deshalb kommt die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, acatech, in ihrem Gutachten – Frau Skudelny hat es ausgeführt – zu der Erkenntnis, dass wir uns weiter an der europäischen Forschung beteiligen, aber nicht in die Investition des Projektes MYRRHA komplett einsteigen sollten. Das ist richtig, und hier sind wir gut unterwegs. Wir haben auch von der Bundesregierung entsprechende Unterstützung.

Zum Schluss will ich sagen: Wir sind in der Forschung gut unterwegs. Wir können, wenn sich die politische Lage und wenn sich die Erkenntnisse eventuell ändern, auch peu à peu, so wie ein Ingenieur vorgeht, immer noch einmal nachsteuern. Der Erkenntnisgewinn ist bei uns vorhanden. Mit dem KIT in Karlsruhe haben wir eine Forschungseinrichtung, die renommiert ist, die auch hinsichtlich der thermohydraulischen Komponenten in der Forschung, in der Materialforschung, in der Kühlungschemie Erkenntnisse liefert. Sie kann auch im Bereich von Design, Performance und Entwicklung entsprechende Beiträge zu europäischen Projekten leisten. Das ist ein guter Rahmen, in dem wir weitere Erkenntnisse gewinnen können.

Lassen Sie mich zusammenfassen. So wie es in der Wissenschaft manchmal ist, kann man Erkenntnisse auch in anderen Bereichen generieren. Ich nenne ein Beispiel. Ein Flüssigmetalllabor existiert bereits in Karlsruhe. Diese Erkenntnisse können wir natürlich auch für Hochtemperaturspeicher oder solarthermische Kraftwerke nutzen.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Herr Kollege.

 

Andreas Steier (CDU/CSU):

Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir halten Maß und Mitte. Von daher kann ich dem Antrag leider nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)