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Tankred Schipanski: "Unter Wahrung der Interessen, keine Schlupflöcher entstehen lassen"

Rede zu Start-Ups und Mittelstand - Urheberrechtsreform

Die FDP macht statt Sachpolitik in dieser Woche eine PR-Kampagne zum Thema „Gründungsrepublik Deutschland“. Der vorliegende Antrag reiht sich ein in eine ganze Reihe von derart überschriebenen Anträgen, welche die FDP in dieser Woche im Parlament diskutieren lässt. Passend positioniert sich Parteichef Lindner mit Gastbeiträgen zum gleichen Thema in den Printmedien. Die Fraktion fährt eine gleichartige Onlinekampagne im Netz.

Leider Gottes sind alle Anträge zur „Gründungsrepublik Deutschland“ reine Show, ohne einen nennenswerten Mehrwert für die politische Debatte; Lösungsansätze werden nicht präsentiert.

Der vorliegende Antrag setzt sich mit der jüngsten Urheberrechtsrichtlinie der Europäischen Union auseinander. Er suggeriert ein Problem, das es gar nicht gibt: Er unterstellt der Bundesregierung und somit den sie tragenden Koalitionsfraktionen, sie würden bei der notwendigen Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht Start-ups und innovativen Mittelstand benachteiligen.

Wir haben in diesem Hohen Hause schon oft dargestellt, wie wir die EU-Urheberrechtsrichtlinie umzusetzen beabsichtigen, gerade mit Blick auf den von Ihnen angesprochenen Artikel 17. Das werde ich jetzt nicht nochmals wiederholen. Nie hat ein Redner behauptet, eine Umsetzung zulasten von Start-ups oder Mittelständlern zu gestalten. Wir haben immer betont, unsere nationalen Spielräume auszuschöpfen. Ihre suggerierten Sorgen sind unbegründet.

Es ist ferner nicht nachvollziehbar, dass Sie fordern, die Richtlinie, die gerade beschlossen wurde, neu zu verhandeln. Das Europäische Parlament hat sich noch nicht einmal konstituiert! Wenn Sie in Europa einen Beitrag für gute Digitalpolitik leisten wollen, dann unterstützen Sie Manfred Weber als Kommissionspräsidenten!

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, wenn Sie wissen wollen, mit welchen Maßnahmen man Start-ups in Deutschland unterstützen muss, dann empfehle ich Ihnen das Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Gründungen und Wachstum – Start-up-Förderung in Deutschland“ vom 25. Juni 2019; es steht natürlich online zur Verfügung. Diesen Maßnahmenkatalog haben wir in dieser Woche beschlossen und schicken uns nun an, ihn zügig umzusetzen. Wir werden die parlamentarische Sommerpause nutzen, um in der Start-up-Szene in unseren Wahlkreisen dieses Positionspapier bekannt zu machen und zu diskutieren. Wir machen eben gute Sachpolitik und keine PR-Show im Parlament. Wir suggerieren keine Probleme, sondern wir lösen sie!

Florian Post (SPD): Wir haben ja bereits mehrfach über die Urheberrechtsreform in diesem Hause gesprochen. Dabei war besonders der Artikel 17 im Mittelpunkt der Diskussionen. Das ist auch nun im Antrag der FDP wieder der Fall, diesmal mit dem Fokus auf Start-ups und den Mittelstand.

Ich möchte zunächst noch einmal deutlich betonen, dass der Artikel 17, der ja viele Regelungen enthält, das Ziel verfolgt, eine faire Vergütung für Urheberinnen und Urheber, Künstlerinnen und Künstler für die Verwendung ihrer geschützten Inhalte sicherzustellen.

Der Anwendungsbereich dieser Regelungen ist aber eingeschränkt; denn sie sollen vor allem auf die großen Plattformen zielen, die ihr Geschäftsmodell darauf gründen, Inhalte, die eben auch teilweise urheberrechtlich geschützt sind, zugänglich zu machen.

Das hat auch die Bundesregierung in ihrer Protokollerklärung nochmals betont, nämlich dass Dienste wie Wikipedia, Hochschulrepositorien, Blogs, Foren, Softwareplattformen wie GitHub, Special-Interest-Angebote ohne Bezüge zur Kreativwirtschaft, Messengerdienste, Verkaufsportale oder Clouddienste nicht von den Regelungen betroffen sind.

Und es sind Ausnahmen definiert für Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind, weniger als 10 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaften und weniger als 5 Millionen Nutzer haben – eben damit Start-ups nicht über Gebühr belastet werden.

Auch die Bundesregierung stellt in ihrer Protokollerklärung heraus, dass die Ausnahmen für Start-ups ergänzend umgesetzt werden. Wir stimmen also in der Grundhaltung überein, dass ein modernes Urheberrecht nicht dazu führen darf, dass Innovationen von einzelnen Start-ups oder mittelständischen Unternehmen behindert werden.

Es ist mir aber wichtig, zu betonen, dass wir unter Wahrung der Interessen bzw. Leistungsfähigkeit der Start-ups und mittelständischen Unternehmen keine Schlupflöcher entstehen lassen dürfen, die am Ende wieder zulasten der Künstlerinnen und Künstler gehen und deren berechtigte Ansprüche auf Vergütung ihrer kreativen Erzeugnisse nicht berücksichtigt werden.

Deshalb müssen wir jede Erweiterung der Kriterien für Ausnahmen des Artikels 17 sehr genau prüfen. Dazu haben wir die nächsten Monate aber auch genügend Gelegenheiten. Denn die konkrete Ausgestaltung ist dann Bestandteil der Diskussionen im parlamentarischen Verfahren zur Umsetzung der Richtlinie.