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Sylvia Pantel: Das Thema „häusliche Gewalt“ ist seit 1990 fester Bestandteil der polizeilichen Ausbildung

Redebeitrag zu Gewalt gegen Frauen

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die traurige Wahrheit ist: Gewalt in Partnerschaften gehört für einige in Deutschland zu ihrem Alltag. Und ja, wir haben gemeinsam schon sehr viel dagegen unternommen. Werte Kollegen der Opposition, trotz Ihrer Forderungen nach mehr Beratung, mehr Geld und mehr Stellen lese ich viel Zustimmung für unsere Arbeit. Sie fordern in Ihren Anträgen teilweise Dinge, die wir längst umgesetzt haben. Wir haben in den letzten Jahren viele Gesetze beschlossen, die die Täter härter bestrafen und die Opfer unterstützen oder beschützen sollen. Das Hilfesystem wurde massiv erweitert, und die Länder haben mehr Geld für ihre Aufgaben zur Verfügung gestellt bekommen. So können die Länder vor Ort ihrer Aufgabe besser gerecht werden, so wie es unser Föderalismus vorsieht.

Trotz der Aufgabenverteilung haben wir ein niedrigschwelliges Unterstützungsangebot auf Bundesebene geschaffen, eben weil wir uns unserer Verantwortung bewusst sind und die Opfer unterstützen und schützen wollen. Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, wo den Frauen Beratung und Ersthilfe in 18 verschiedenen Sprachen angeboten werden, hat sich bewährt. Oder der Runde Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“. Das sind Beispiele unserer Zusatzangebote. Wir unterstützen mit der Initiative „Stärker als Gewalt“ zum Beispiel die anonyme Spurensicherung in Gewaltschutzambulanzen und ‑kliniken. Innerhalb einer 72-Stunden-Frist können die Opfer alle Spuren sichern lassen, ohne sich in dieser Ausnahmesituation für oder gegen eine Anzeige entscheiden zu müssen.

Erst 2016 haben wir Verschärfungen des Sexualstrafgesetzes beschlossen. Auch damals hatten alle Fraktionen gesagt: „Ja, wir unterstützen das“, und sie alle haben dann mit uns die Gesetze verabschiedet. Die AfD beschäftigt sich in ihrem Antrag mit Zwangsehen. Ja, Zwangsehen gehören nicht zu unserer offenen Gesellschaft, und sie sind ein großes Problem für die Betroffenen.

(Stephan Brandner [AfD]: Aha!)

Deshalb stehen sie seit 2011 unter Strafe. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich Hilfe zu holen, zum Beispiel anonyme Zufluchtsstätten sowie Online- und Telefonberatung. Das Thema Ihres Antrags ist wichtig – das sehen wir auch –, aber in der Sache hilft uns Ihr Antrag nicht weiter.

Auch wurde in Coronazeiten auf einen erhöhten Bedarf reagiert. Die FDP fordert in ihrem Antrag, Bund, Länder und Kommunen sollten alle Bemühungen unternehmen, um von häuslicher Gewalt betroffene Menschen in Schutzeinrichtungen unterzubringen. Genau das tun wir bereits. Um das voranzubringen, wurde der Runde Tisch gegen Gewalt mit den Ländern eingerichtet. Er stellt für Maßnahmen pro Jahr 30 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir hatten bereits vor drei Jahren auch die Einrichtung eines Onlineregisters für Schutzeinrichtungen gefordert; derzeit wird auch daran gearbeitet. In NRW gibt es das bereits. Dort gibt es eine Onlinekarte mit allen Frauenhäusern und ihren Belegungssituationen. In Nordrhein-Westfalen haben wir auch in Coronazeiten noch freie Kapazitäten. Um das bundesweit zu realisieren, brauchen wir aber die Unterstützung der Länder. Genau solche Arbeitsfelder werden am Runden Tisch besprochen und erarbeitet.

Die Linksfraktion schreibt: „Frauen werden getötet,“ – das haben wir eben gehört – „weil sie Frauen sind.“ Solche Vereinfachungen helfen den Opfern nicht. 71 Prozent aller Opfer von versuchtem oder vollendetem Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen waren 2019 männlich. Bei gefährlicher Körperverletzung in Partnerschaften sind 30 Prozent der Opfer Männer. Wir folgern daraus aber nicht: „Männer werden getötet und geschlagen, weil sie Männer sind“, zumal auch die Gewalt in Partnerschaftsbeziehungen bei Männern verstärkt wird. Für uns steht jedes Opfer, das von Gewalt betroffen ist, im Mittelpunkt und nicht das Geschlecht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dass wir gegebenenfalls geschlechtsbezogene Maßnahmen ergreifen wie zum Beispiel bei häuslicher Gewalt oder einer drohenden Zwangsverheiratung, ist jedem klar.

Die Linken behaupten, Polizei und Justiz seien nicht ausreichend in Bezug auf Gewalt an Frauen ausgebildet, und es bestehe ein Bedarf an Fortbildung. Ist Ihnen entgangen, dass das Thema „häusliche Gewalt“ seit 1990 fester Bestandteil der polizeilichen Ausbildung ist? Die Initiative ging damals von Nordrhein-Westfalen aus. Seitdem haben alle Länder das Thema „häusliche Gewalt“ in ihre kriminalpolizeiliche Ausbildung übernommen. Die Sensibilität bei den Polizisten ist also da und hoch. Aus der Praxis in Nordrhein-Westfalen weiß ich, dass die Polizei nach einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt alle wichtigen Daten an die Frauenberatungsstellen schickt. Da meldet sich dann die Frauenberatungsstelle bei der jeweiligen Frau mit der Frage, ob sie Hilfe haben möchte. Eines ist auch klar: Mehr Frauen in der Polizei haben auch zu mehr Sensibilität bei dem Thema „häusliche Gewalt“ geführt. Das Bundeskriminalamt hat uns die Zahlen vorgelegt. Sie von der Linken sagten: Wir hätten nichts Detailliertes.

(Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Hier geht es um Gewalt gegen Frauen! Und Frauen sind Menschen!)

– Richtig, Frauen sind Menschen und Männer auch. Deshalb unterscheiden wir nicht nach dem Geschlecht,

(Beifall bei der CDU/CSU)

sondern die Würde des Menschen ist unantastbar.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Entschuldigung, Frau Kollegin, das ist einfach undifferenziert!)

– Nur nach dem Geschlecht zu urteilen, ist undifferenziert. Ich habe gesagt: Wir müssen unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, und das tun wir. Wir schauen auch genau hin.

Registriert wurden im Jahr 2019 in Partnerschaften über 141 000 Opfer von Mord, Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung, Stalking und Freiheitsberaubung. Frauen sind mit 81 Prozent weiterhin die größte Opfergruppe. Deshalb haben wir spezielle Angebote dafür. Wir wissen auch, dass 35 Prozent der Tatverdächtigen eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit haben. Dafür haben wir auch gesonderte Angebote.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Ende, bitte.

 

Sylvia Pantel (CDU/CSU):

Genau diese Angebote machen wir. Wir haben den genauen Blick dafür. Wir haben unsere Angebote, und dafür danke ich dem Ministerium. Auch die Einrichtung des Runden Tisches gegen Gewalt an Frauen war die richtige Maßnahme.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist zu wenig!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)