Skip to main content

Stefan Müller: Die Feinde der Demokratie sitzen auch hier in diesem Plenarsaal

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zum Schutz der parlamentarischen Demokratie

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind es ja mittlerweile leider gewohnt, dass Verfassungsfeinde von außen den Bundestag verächtlich machen, den Bundestag und unseren Parlamentarismus abschaffen wollen. Aber mit der Aktion vom Mittwoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat die AfD mal wieder aufs Neue bewiesen: Die Feinde der Demokratie kommen nicht nur von außen, die Feinde der Demokratie sitzen auch hier in diesem Plenarsaal. Hier rechts im Plenarsaal sitzen Feinde der Demokratie.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es sind diejenigen, die immer behaupten, eine Alternative für Deutschland zu sein. Diejenigen, die behaupten, eine Alternative zu sein, arbeiten in Wahrheit an einer Alternative zu unserer Demokratie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Ich kann nur sagen: Wir werden Ihre Einschüchterungsversuche nicht zulassen. Hier im Bundestag entscheiden frei gewählte Abgeordnete über das Schicksal unseres Landes. Was wir vor zwei Tagen hier erlebt haben, war der bewusste Versuch der AfD, genau diese freie Entscheidung zu erschweren und zu untergraben. Sie haben Leute in den Bundestag gebracht, die offenbar nur eines im Sinn hatten, nämlich Abgeordnete anderer Fraktionen auf den Fluren abzufangen, sie vor laufenden Kameras zu beschimpfen und zu beleidigen. Und das Ziel ist klar: Sie wollen das Parlament lächerlich machen, Sie wollen Abgeordnete öffentlich vorführen, Sie wollen die Mitglieder des Bundestages einschüchtern. Ich kann nur sagen: Wir lassen uns von Ihnen und Ihren Methoden nicht einschüchtern!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir werden vor Ihren Fake News, Ihrer Demokratieverachtung, Ihrem Kampf gegen das Parlament keinen Fußbreit zurückweichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ein Held! – Weiterer Zuruf des Abg. Markus Frohnmaier [AfD])

– Ja, ja.

Diese Pandemie stellt uns als Parlament vor eine schwierige Situation. Ja, wir müssen abwägen zwischen der Freiheit, sich mit Freunden zu treffen, ins Konzert zu gehen oder Restaurants zu besuchen, auf der einen Seite und dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor einem gefährlichen Virus auf der anderen Seite. Ich habe die Debatte am Mittwoch so erlebt, dass sich hier niemand die Entscheidung leicht gemacht hat, weder diejenigen, die dem Gesetz zugestimmt haben, noch diejenigen, die dem Gesetz nicht zustimmen konnten. Wir alle wissen aber: Wir treffen existenzielle Entscheidungen in diesem Haus.

Jetzt frage ich mal: Wer ist denn hier wirklich der aufrechte Demokrat?

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Na Sie nicht!)

Derjenige, der Demonstrationen respektiert, der andere Meinungen akzeptiert, der Gerichtsurteile aushält und akzeptiert, oder derjenige, der andere Meinungen verächtlich macht,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Was Sie gerade machen!)

die Wahrheit verdreht oder ein Klima der Angst erzeugt, so wie Sie es tun?

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Gauland hat neulich hier im Parlament gesagt: „Der Güter höchstes ist die Freiheit.“ Ja, aber Freiheit setzt Vielfalt voraus, offene Diskussionen und gegenseitigen Respekt. All das ist Ihnen ganz offensichtlich abhandengekommen. Die Aktion vom letzten Mittwoch war die offizielle Austrittserklärung der AfD aus dem parlamentarischen Diskurs, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Jetzt erleben wir ja wieder das übliche Spiel: Es wird bestätigt, was nicht geleugnet werden kann. Wir hören, das sei ja alles nicht so schlimm; es waren ja nur ein paar Gäste von ein paar wenigen Kollegen, die sich danebenbenommen haben. Ich will nur sagen: Vor ein paar Wochen hat sich das noch ganz anders bei Ihnen angehört. Ich zitiere: Der Deutsche Bundestag „steht für den parlamentarischen Meinungsstreit im Plenarsaal und darf nicht zum Objekt politischer Auseinandersetzungen auf der Straße missbraucht werden – egal von welcher Seite“. Wörtliches Zitat von Alice Weidel!

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist heute nicht da wegen der Parteispendenaffäre!)

Da ging es um die Stürmung der Reichstagstreppe, um ein Greenpeace-Transparent. Das hat man alles zu Recht kritisiert; aber davon wollen Sie ja heute nichts mehr wissen.

(Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])

Ich werde Ihnen auch sagen, warum: weil Sie die Meinungsfreiheit nur gelten lassen, wenn es um Ihre eigene Meinung geht,

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Genau! So ist es!)

weil die einzige Moral, die Sie kennen, Ihre Doppelmoral ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihnen fehlt jede Voraussetzung für den demokratischen Diskurs in diesem Parlament.

Aber natürlich ist es zu viel verlangt, die Hausordnung einzuhalten, wenn Sie schon Probleme mit dem Grundgesetz haben. Dafür gibt es viele Beispiele. Eines ist: Herr Seitz sagt, der Bundestag sei ein Parlament der Schande.

Sie versuchen gezielt und bewusst, jedes demokratische Verfassungsorgan lächerlich zu machen. Sie sprechen über kriminelle Schleuserbanden. Am Mittwoch waren Sie die kriminelle Schleuserbande.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Kollege Müller!

 

Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU):

Sie sind Gegner der Verfassung. So werden wir Sie auch behandeln.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)