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Rudolf Henke: Was wir hier leisten, ist ein Schritt zugunsten von Freiheitlichkeit

Rede zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetze

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hocker, der vorliegende Gesetzentwurf beschränkt die Freiheit, zu rauchen, in keiner Weise, sondern er stärkt die freie Willensbildung bei der Entscheidung für oder gegen das Rauchen.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Genau!)

Denn im Moment haben wir ein krasses Missverhältnis zwischen Prävention und Werbung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wenn wir in den Bundeshaushalt gucken, dann sehen wir da round about zweieinhalb Millionen Euro im Jahr für die Rauchprävention zur Verfügung stehen. Allein die Kosten für Außenwerbung und Kinowerbung der Tabakindustrie belaufen sich auf rund 100 Millionen Euro, 40-mal so viel, wie wir im Bundeshaushalt für die Präventionsleistungen bereitstellen. Das ist ein krasses Missverhältnis.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen hätte ich, lieber Herr Kollege Hocker, vom Vertreter einer liberalen Partei erwartet, dass Sie die Freiheitlichkeit unseres Entwurfs begrüßen, weil es doch kein Freiheitsrecht ist, sich einem suchterzeugenden Produkt zu beugen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Nehmen Sie Alkohol! – Stephan Protschka [AfD]: Wann verbieten wir Alkoholwerbung?)

Jetzt kommen wir zu der Frage: Wie ist das mit den Jugendlichen? Da erreichen wir durch die Werbebeschränkungen, dadurch, dass wir die Werbung aus dem öffentlichen Raum entfernen, dass Jugendliche nicht mehr in den Einflussbereich dieser Werbung hineinkommen. Das ist wichtig, weil das wirkt

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und weil die Psychologie der Werbung darauf aus ist, einem das Gefühl von Wohlbehagen und Freiheit zu vermitteln. Ich kann mich erinnern an meine Vorstellung als kleines Kind von der großen weiten Welt.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Ich laufe meilenweit! – Zurufe von der SPD und der LINKEN: Für eine Camel!)

Oder: Warum denn gleich in die Luft gehen? Und dann gab es ja auch diesen Wilden Westen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Deshalb haben Sie angefangen zu rauchen?)

Das alles löst Verführung aus. Ich glaube, dass die Assoziation eines hochschädlichen Produktes gerade mit Jugendlichkeit, gerade mit unberührter Natur, gerade mit Zusammengehörigkeitsgefühl ganz kalkuliert auch auf die Identitätskonflikte Jugendlicher abzielt. Deswegen finde ich: Was wir hier leisten, ist ein Schritt zugunsten von Freiheitlichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch ein Schritt zugunsten des Marktes – wenn ich das mal sagen darf –; denn hinter diesen Produkten steckt ja eine Schädigung der Wirtschaft. Ja, da sind 100 Millionen Euro jetzt für die Werbewirtschaft weg. Aber wir haben eine Belastung der Wirtschaft in einer tausendfachen Größenordnung. Wir haben 100 Milliarden Euro pro Jahr als volkswirtschaftliche Kosten des Tabakkonsums. Im Vergleich zu den 100 Millionen Euro, die wir vielleicht im Bereich der Außenwerbung einbüßen, bedeutet es für die Wirtschaft und auch für die Produktivität und Gesundheit der Menschen, die in Zukunft durch dieses Produkt nicht mehr verführt werden, einen großen Gewinn.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Deswegen sage ich Danke; ich freue mich. Ich sage Danke Christian Schmidt und Hermann Gröhe, die mit dem Bundeskabinett 2016 schon einmal einen sehr ähnlichen Entwurf vorbereitet und ihn im Kabinett verabschiedet hatten. Ich sage Danke Marlene Mortler und Daniela Ludwig, beide Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die mit daran gearbeitet haben, das herbeizuführen. Ich sage Danke Ralph Brinkhaus, der in unserer Fraktion den Meinungsbildungsprozess vorangetrieben und die Abstimmung ermöglicht hat. Und ich sage Danke Angela Merkel, die mit ihrer eben schon zitierten Antwort auf eine klug gestellte Frage dafür gesorgt hat, –