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Petra Nicolaisen: Die Lösung darf nicht allein darin liegen, die Zahl der Direktmandate zu reduzieren

Rede zur Wahlrechtsreform

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD beantragte für heute eine Aktuelle Stunde. Wir haben gerade gehört: Mit der von ihr vorgeschlagenen Fristverlängerung würden wir noch eine Wahlrechtsreform schaffen. Wo sind Ihre Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen?

(Beifall bei der CDU/CSU – Karsten Hilse [AfD]: Haben wir doch eingebracht! Liegt auf dem Tisch!)

Ja, eine Reform ist dringend notwendig.

(Karsten Hilse [AfD]: Ja, aber Sie machen sie trotzdem nicht!)

Wir als CDU/CSU-Fraktion sind auch gewillt,

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Nein, sind Sie nicht!)

diese Reform umzusetzen. Es hat Vorschläge in der letzten Legislatur vom ehemaligen Bundestagspräsidenten Lammert und auch in dieser Legislaturperiode unter der Federführung des Bundestagspräsidenten Dr. Wolfgang Schäuble gegeben. Es beteiligten sich Vertreter aller Fraktionen in vielen Gesprächen mit Vorschlägen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hätten schon längst eine Änderung herbeiführen können, wenn alle Fraktionen sich auf einen mehrheitsfähigen gemeinsamen Kompromissvorschlag geeinigt hätten.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Den Sie immer torpedieren!)

Heute lese ich in der „Rheinischen Post“, dass Herr Oppermann kritisiert, die Union habe keine geschlossene Position.

(Benjamin Strasser [FDP]: Ja, stimmt ja!)

Das lässt sich aber sehr einfach behaupten, nachdem man auch alle Vorschläge, die wir vorgelegt haben, in den Kommissionen abgelehnt hat.

Grundsätzlich stimmt: Wir werden eine große Wahlrechtsreform benötigen. Das heißt aber nicht, dass wir mit den derzeit diskutierten Ansätzen das Prinzip des personalisierten Verhältniswahlrechts über Bord werfen dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Trotz aller Schwächen des bisherigen Systems dürfen wir eines nicht vergessen: Hinter jeder Stimme steht ein Mensch, der uns sein Vertrauen ausgesprochen hat; und hinter jeder Stimme steckt auch ein Wahlkreis. Wir wissen um die Sorgen und die Hoffnungen der Menschen. Wir kennen die kleinen und großen Baustellen in unseren Wahlkreisen, bei denen es einmal hakt oder auch einfach gut läuft.

Natürlich betrifft es uns, wenn beispielsweise darüber gesprochen wird, dass Wahlkreise auf einmal wegfallen oder merklich größer werden sollen, weil dadurch die Verbindung zu den Bürgerinnen und Bürgern verloren geht, zumal dann nach wie vor Überhangmandate möglich sein werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Aber auch die Überhangmandate müssen wir als eine mögliche Stellschraube bei der Änderung des Wahlrechtes in Betracht ziehen.

(Beifall des Abg. Ansgar Heveling [CDU/CSU])

Lassen Sie uns über die Vorschläge in Bezug auf die Direktmandate sprechen. Für die Menschen vor Ort sind wir die Ansprechpartner.

(Benjamin Strasser [FDP]: Wir alle!)

Ich höre die Leute sagen: Das ist unsere Bundestagsabgeordnete. – Bürgernähe ist das Fundament der repräsentativen Demokratie.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Deshalb darf es nicht sein, dass sich dieses Gefühl mit einer kommenden und, liebe Kolleginnen und Kollegen – dies steht völlig außer Frage –, aus meiner Sicht erforderlichen Wahlkreisreform ändert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Lösung darf nicht allein darin liegen, dass wir die Zahl der Direktmandate reduzieren.

(Benjamin Strasser [FDP]: Liegt sie auch nicht!)

Es droht uns ein Vertrauensverlust, wenn wir sagen: Vielen Dank für Ihre Erststimmen, liebe Wählerinnen und Wähler. Diese finden jedoch leider keine Berücksichtigung, weil wir ein kompliziertes Berechnungsverfahren mit einer künstlichen Beschränkung der Direktmandate eingeführt haben.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Wir haben doch keine gefordert!)

Ungeachtet dessen: Nur wenn wir über alle drei Stellschrauben – dazu gehören für mich der Wahlkreis, die Anpassung des Zuteilungsverfahrens und auch die 15 ausgleichslosen Überhangmandate – sprechen, dann haben wir vielleicht eine reelle Chance, eine mehrheitsfähige Regelung zu finden,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso müssen wir die finden?)

die die Vergrößerung dieses Bundestages eindämmt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie uns deshalb im Sinne unserer Demokratie an einer gemeinsamen Lösung arbeiten,

(Thomas Seitz [AfD]: Die Bürger wollen jetzt Lösungen!)

die wir dann für die nächste Bundestagswahl auch umsetzen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)