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Ingmar Jung: Inkriminierte Vermögensgegenstände sind inkriminierte Vermögensgegenstände

Redebeitrag zur strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das ist schon eine beeindruckende Debatte heute, auch wenn der Höhepunkt mit der Rede von Herrn Dr. Ullrich gleich noch kommt, wie gewohnt am Ende.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Doch wenn man es gewohnt ist, hier über Strafrecht zu diskutieren, ist es irgendwie etwas irritierend, muss ich sagen.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freuen Sie sich doch, Herr Jung!)

Ich habe es noch nie erlebt, dass die AfD plötzlich erklärt: Man darf doch nicht so hart vorgehen, man darf doch im Strafrecht nicht viel zu weit gehen, man muss doch mal Verständnis für die Täter haben.

Noch mehr bin ich überrascht, dass Die Linke und, Frau Bayram, die Grünen plötzlich harte Strafen, hartes Vorgehen fordern.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, freuen Sie sich doch mal!)

Ja, „Geldwäsche“ klingt so ein bisschen nach Kapital, da verschwimmt hier alles ein bisschen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Also, diese Debatte ist schon beeindruckend gewesen.

Lassen Sie mich vielleicht noch die Kernpunkte festhalten.

Erstens. Zu dem All-Crimes-Ansatz haben schon einige etwas gesagt. Ich halte es für einen außerordentlich wichtigen Punkt, dass wir jetzt, bezogen auf die Herkunft der Vermögensgegenstände, die dann wieder in den Wirtschaftskreislauf gegeben werden, alle Vortaten und nicht nur bestimmte Straftaten für taugliche Geldwäschevortaten halten; denn letztlich haben sie doch einen eigenen Unrechtsgehalt. Wenn ich unrechtmäßig erworbene Vermögensgegenstände habe und die dann zurück in den legalen Wirtschaftskreislauf gebe, ist es doch relativ egal, wie strafbar und wie schlimm die Vortat war. Das kann die Strafe der Vortat beeinflussen; aber inkriminierte Vermögensgegenstände sind inkriminierte Vermögensgegenstände. Da gibt es keine guten und keine schlechten. Deswegen finde ich es gut, dass wir jetzt eine Verbesserung schaffen und in Zukunft stärker dagegen vorgehen können.

Zum Zweiten bin ich außerordentlich dankbar, Frau Ministerin, dass Sie die Strafbarkeit der Leichtfertigkeit jetzt wieder mit aufgenommen haben. Ich glaube, wir alle haben in den letzten Wochen viel mit Praktikern gesprochen. Jeder Staatsanwalt sagt: Wenn ich das nicht drin habe, dann kann ich viele Verfahren gar nicht erst in Gang setzen. – Deswegen finde ich es wichtig, dass wir hier am Ende keine Aufweichung des Geldwäscheparagrafen haben.

Über die selbstständige Einziehung, lieber Herr Kollege Wiese, müssen wir, glaube ich, noch mal reden. Ich stimme all dem, was Sie zu Immobilien usw. gesagt haben, zu. Aber bei den Voraussetzungen haben wir jetzt eine Änderung, die schon bemerkenswert ist. Dass wir plötzlich nur noch bei gewerbs- oder bandenmäßiger Begehung der Tat die selbstständige Einziehung machen können, finde ich im Ergebnis okay; denn das sind natürlich die, die wir eigentlich meinen.

Aber was wird denn da geregelt? Da haben wir die Möglichkeit, zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf Vermögensgegenstände zugreifen zu können, nämlich ab dem Zeitpunkt, ab dem der Anfangsverdacht besteht. Aber wenn der Anfangsverdacht einer Geldwäschestraftat besteht, weiß man doch oft noch gar nicht, ob eine qualifizierte Vortat vorlag oder die Qualifikation erst danach gegeben ist. Und wenn wir das jetzt so ändern, dass wir die selbstständige Einziehung einschränken, wenn wir diese Aufweichung drin haben, haben wir vielleicht nicht mehr die Möglichkeit, bei Clankriminalität und Ähnlichem zuzugreifen. Darüber müssen wir, glaube ich, in den nächsten Wochen noch mal sehr genau reden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will noch eins sagen. In der Diskussion ist gelegentlich gesagt worden, man könne ganz auf die Vortaten verzichten. Herr De Masi, Sie haben gesagt: Es muss aus sich heraus strafbar sein. – Ich weiß nicht, ob Sie damit sagen wollten, man könne auf die Vortat ganz verzichten. Aber es ist eine Diskussion dazu gelaufen, und es gab Wissenschaftler, die darüber gesprochen haben. Ich muss ehrlicherweise sagen, das würde auch uns ein ganzes Stück zu weit gehen. Denn das, was bei inkriminierten Vermögensgegenständen als Tathandlung bestraft wird, sind teilweise Verhaltensweisen, die alltäglich und gebräuchlich sind und auch möglich sein müssen. Dann brauchen wir schon noch eine Vortat, damit daraus eine Straftat wird. Aber ich glaube, dass dies im Moment auch keiner mehr ernsthaft fordert. Wie gesagt, an der einen Stelle war ich mir nicht ganz sicher.

Ich höre jetzt auf, bevor mir das Wort entzogen wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)