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Ingmar Jung: Es ist eine gute Idee, die Begrifflichkeit umzustellen auf das, was gemeint ist, nämlich die Inhalte

Redebeitrag zur Änderung des StGB - Modernisierung des Schriftenbegriffs

– Schauen wir mal, wie lange es dauert.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Die Uhr läuft überhaupt nicht. Ich habe wahrscheinlich sogar noch viel mehr Redezeit.

(Marianne Schieder [SPD]: Oh Gott!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir von der CDU/CSU-Fraktion teilen die Anliegen, die diesem Gesetz zugrunde liegen, und teilen in weiten Teilen auch all das, was jetzt vorgeschlagen ist.

Wir haben eben schon die drei Hauptteile gehört. Tatsächlich ist es so, dass wir im Moment viele Straftatbestände haben, die entweder die Tatbestandlichkeit oder die Qualifikation oder Ähnliches daran knüpfen, dass etwas in Schriften verbreitet wird, dass es in Schriften zu finden ist. Beispiele haben wir schon gehört. Im Zusammenhang mit der dritten Lesung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität haben wir übrigens auch noch ein ganz neues Beispiel geschaffen: in der Qualifikation beim Bedrohungstatbestand.

Inzwischen ist die Situation, dass wir zwar einiges den Schriften gleichgestellt haben – was zum Beispiel auf Tonträgern, auf Datenträgern ist –, wir aber immer feststellen müssen, dass die technische Entwicklung weiter voranschreitet, sodass gewisse Dingen nicht mehr erfasst sind, wie zum Beispiel – schon öfter gehört – Livestreams. Da ist es, glaube ich, ein guter Vorschlag und eine gute Idee, nicht immer wieder einzelne Dinge zu dem Schriftenbegriff hinzuzufügen oder ihm gleichzustellen, sondern die Begrifflichkeit umzustellen auf das, was gemeint ist, nämlich die Inhalte, die in Kommunikationsmitteln übertragen werden. Insofern ist das, glaube ich, ein guter Vorschlag.

Ich sage auch ganz deutlich im Namen der CDU/CSU-Fraktion: Im Gegensatz zur AfD sind wir der Meinung, dass Volksverhetzung auch dann strafbar sein soll, wenn sie im Livestream stattfindet und nicht dauerhaft gespeichert ist. Da unterscheiden wir uns sehr deutlich von Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der zweite Teil betrifft die sogenannten Auslandsstraftaten. Im Moment ist eine Straftat strafbar, die im Inland begangen wird. Dem gleichgestellt ist, wenn der Erfolg im Inland eintritt. Dazu hat uns der BGH sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben, dass er bei Gefährdungsdelikten das nicht mehr erfüllt sehen will. Deswegen nehmen wir hier einige Ergänzungen vor. Auch hier sind die Volksverhetzung oder das Auffordern zu Straftaten erfasst – typischerweise Straftatbestände, die vom Ausland aus mit Wirkung in Deutschland verübt werden können. Da haben wir ein gewisses Abgrenzungsproblem gehabt, möglicherweise eine Strafbarkeitslücke. Das wird klar und richtig gestellt. Deswegen ist auch das ein richtiges Anliegen.

Letzter Punkt: die schon mehrmals angesprochene Änderung beim § 20 StGB. In der Tat ist es so, dass es für die Praxis keine Auswirkung haben wird; denn es kommt darauf an, ob der Täter die Reife, die Einsichtsfähigkeit haben konnte. Aber die Gründe, die dem zugrunde liegen, sind mit Schwachsinn und mit Abartigkeit wirklich nicht mehr zeitgemäß ausdrückt und auch nicht mehr so, wie sie irgendjemand wissenschaftlich ausdrücken würde. Da, denke ich, ist es eine vernünftige Lösung, jetzt andere Begriffe zu nehmen. Ich bin mir bei „Störung“ nicht so ganz sicher, ob es am Ende ausreichend bestimmt ist. Aber das werden wir sicherlich noch miteinander besprechen können.

Liebe Kollegen von der SPD, in der Tat ist Strafrecht AT nach 23 Uhr etwas für Liebhaber. Insofern schenke ich uns allen drei Minuten und wünsche uns frohe Beratungen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marianne Schieder [SPD]: Das ist so nett! – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kennen wir Sie, Herr Jung!)