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Dr. Volker Ullrich: Wir wollen und werden das P-Konto fortentwickeln

Rede zum Pfändungsschutzkonto

Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jacobi, es verwundert mich sehr, dass Sie in Bezug auf Überschuldung ausgerechnet das Thema „Moral Hazard“ ansprechen und damit dem Hohen Hause zumindest mittelbar kundtun, dass Menschen, die überschuldet sind, selbst schuld seien. Das ist nicht unser Menschenbild. Ich will Ihnen ausdrücklich widersprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Gründe für Schicksalsschläge sind vielfältig: Krankheit, Verlust des Arbeitsplatzes, Tod des Ehepartners, vielleicht auch eine persönliche Überforderung.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Scheidung!)

Jedenfalls gibt es vielerlei Gründe. Insofern stimmt die Erzählung nicht, dass die Menschen selber schuld seien. Der Sozialstaat, so wie wir ihn verstehen, reicht den Menschen die Hand, als Hilfe zur Selbsthilfe. Aber die Handreichungen, die die Menschen bekommen, müssen es ihnen ermöglichen, aus eigener Kraft aus der Überschuldung herauszukommen.

Es hat sich vor 2010, vor der Einführung des P-Kontos, gezeigt, dass die Menschen, die überschuldet waren, Schwierigkeiten hatten, überhaupt ein Konto zu bekommen. Ohne Konto waren dann alltägliche Besorgungen des Lebens, von der Mietzahlung bis zur Zahlung der Rechnungen für Gas, Elektrizität oder Wasser, gar nicht möglich. Das P-Konto hat dazu geführt, dass Menschen den Weg aus der Überschuldung heraus finden konnten, dass sie sich quasi selber befreien konnten. Ich glaube, das zeigt, dass dieses P-Konto ein ganz wichtiges auch sozialpolitisches Instrument war und ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

Wir wollen und werden das P-Konto fortentwickeln. Es hat sich gezeigt, dass noch Raum für Verbesserungen ist. Wichtig ist mir vor allen Dingen, dass durch die neuen Regelungen zum einen das steuerfreie Existenzminimum eins zu eins und zeitnah an die Realität angepasst wird, damit hier keine langen Verzögerungen entstehen. Wichtig ist mir auch, dass Menschen, die ein P-Konto haben, zum anderen auch ein Stück weit mehr ansparen können, auch wenn es sich dabei nur um kleine Summen handelt. Es ist wichtig, dass die Menschen durch das Sparen auf kleine Projekte ein Stück weit Würde zurückbekommen und durch die Verlängerung der Frist für die Übertragung des nicht verbrauchten pfändungsfreien Guthabens auf drei Monate die Möglichkeit haben, für sich selber etwas zu schaffen. Wir werden der Bedeutung des P-Kontos auch Rechnung tragen, indem in die Zivilprozessordnung ein eigener Abschnitt zum P-Konto eingeführt wird. Das ist wichtig, damit das P-Konto im Zusammenhang mit dem Thema der Vollstreckung einen ganz wichtigen Platz im Rahmen der Zivilprozessordnung bekommt.

Wir haben – ja! – nicht nur über rechtspolitische Fragen zu sprechen. Vielmehr dürfen wir uns nicht damit zufriedengeben, dass in unserem Land 2 Millionen P-Konten existieren. Das sind 2 Millionen Schicksale. Wir wollen alles dafür tun, dass durch eine gute Arbeits- und Sozialpolitik die Anzahl reduziert wird. Wir werden das nicht von heute auf morgen schaffen. Wichtig ist aber, dass wir mit dem P-Konto auf der einen Seite den Menschen ein Stück weit Handlungsfähigkeit zurückgeben und auf der anderen Seite auch all diejenigen unterstützen, die diesen Menschen helfen: Das sind die Schuldnerberatungen von staatlichen, aber auch von karitativen und kirchlichen Organisationen. Das darf man bei dieser Gelegenheit erwähnen.

Es ist aus dem Sozialstaatsprinzip heraus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen. Mit den neuen Regelungen zum P-Konto werden wir hier gemeinsam für ein kleines Stückchen Verbesserung sorgen. Lassen Sie uns das im Bundestag ordnungsgemäß diskutieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)