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Dr. Volker Ullrich: "Gegenüber Marktversagen muss die Ordnungspolitik tätig werden"

Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute werden zwei Gesetze zu mehr Verbraucherschutz in den Deutschen Bundestag eingebracht. Es geht um die Frage der Umstände eines Vertragsschlusses.

Nach unserer Rechtsordnung sollen diejenigen, die einen Vertrag schließen, alle wesentlichen Elemente über den Vertrag kennen. Das ist eine Frage von Objektivität und Fairness. Überall dort, wo diese Informationen nicht vorliegen, sprechen Ökonomen von sogenannten Informationsasymmetrien. Liegen Informationsasymmetrien vor, liegt auch nach der reinen Lehre Marktversagen vor. Gegenüber Marktversagen muss die Ordnungspolitik tätig werden, und das werden wir.

Es geht zum einen um die Frage: Welche Produkte werden auf Onlinemarktplätzen dargestellt? Meist ist es so, dass man, schon aus Bequemlichkeit, gar nicht durch die zig Seiten blättert, sondern zu den ersten Angeboten greift. Aber die Frage ist erlaubt: Wie kommen denn die Produkte auf die ersten Seiten? Was liegt dem zugrunde, dass manche Produkte vorne und manche hinten gerankt sind? Da müssen die Verbraucher klar und deutlich wissen: Stecken da weitere, auch finanzielle Kriterien dahinter? Nach welchen Maßstäben werden Produkte gerankt? Das ist eine Sache von Klarheit und Wahrheit, und die werden wir jetzt deutlich regeln.

Es geht zum anderen um die Frage: Wie werden denn Bewertungen zukünftig betrachtet? Wir alle kennen es aus dem alltäglichen Leben: Meistens stellt man sich doch bei der längeren Schlange an; denn da, wo bereits viele Menschen stehen, kann es ja nicht so schlecht sein, und dort, wo niemand kauft, ist es vielleicht schwierig. Ähnlich verhält es sich mit den Sternen im Internet. Bei einer Bewertung mit viereinhalb oder fünf Sternen wird eher gekauft als bei einer mit drei oder zwei Sternen. Aber die Frage muss doch erlaubt sein: Wie kommt es zu den vier oder fünf Sternen? Welche finanziellen Interessen stecken dahinter? Wie werden diese Ratings ermittelt? Verbraucher haben einen Anspruch darauf, das zu wissen. Das werden wir jetzt regeln, und das ist ein wesentlicher Fortschritt beim Verbraucherschutz.

Entscheidend ist auch, dass wir die Frage der Kaffeefahrten angehen. Ich finde, es ist nach wie vor ein Skandal, wenn hier vor allen Dingen ältere Menschen im wahrsten Sinne des Wortes abgezockt werden. Ich meine, man sollte die Freuden an einer Kaffeefahrt niemandem nehmen, aber es muss deutlich gemacht werden, dass keine wirtschaftliche Übervorteilung auf solchen Fahrten mehr zugelassen wird. Deswegen bin ich dafür, dass wir die Palette der Produkte, die auf Kaffeefahrten nicht mehr angeboten werden können, weil sie nicht preistransparent genug sind, ausdehnen. Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte sind ein wichtiger Anfang, aber lasst uns das doch noch ausweiten auf Finanzprodukte und Ähnliches. All das, wobei Intransparenz möglich ist, sollte nicht auf Kaffeefahrten angeboten werden dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir sofort dabei!)

Ein letzter Satz zum Thema Influencer-Marketing. Ich glaube, hier müssen wir auf der einen Seite Rechtssicherheit schaffen, gerade auch für solche Menschen, die ohne wirtschaftliches Interesse aus einer reinen Äußerung von Meinung heraus über ein Produkt reden. Für sie darf das Wettbewerbsrecht, wenn sie kein finanzielles Interesse haben, nicht in gleichem Maße gelten. Da dürfen wir gerade auch junge Influencer nicht unter einen Generalverdacht stellen. Auf der anderen Seite aber müssen all diejenigen, die in einem starken Maße davon wirtschaftlich profitieren und auf Hunderttausende junge Menschen Einfluss haben, stärker vom Wettbewerbsrecht kontrolliert werden. Das werden wir mit diesem Gesetzentwurf regeln.

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.

(Beifall bei der CDU/CSU)