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Dr. Volker Ullrich: Ein wehrhafter Rechtsstaat muss jede Form des Extremismus bekämpfen, nachdrücklich und mit Energie

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zur Extremismusbekämpfung

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende der Aktuellen Stunde sind zwei Einsichten entscheidend: zum einen, dass in unserem Staat das Gewaltmonopol beim Staat liegt und dass Gewaltfreiheit die Grundlage jedes politischen Diskurses ist. Wer Gewaltfreiheit leugnet und wer versucht, mit Gewalt seine Meinung durchzusetzen, der stellt sich außerhalb der möglichen Diskursformen in unserer Demokratie, und das muss klar so benannt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und zum Zweiten: Wir müssen jeden Extremismus bekämpfen, gleich welcher Art und gleich welcher Herkunft. Extremismus gibt es in unterschiedlicher Form – Rechtsextremismus, Linksextremismus, Antisemitismus und Islamismus –, aber alle eint, dass sie Pluralismus verleugnen, die Freiheit negieren, die Demokratie abschaffen wollen und die Würde des Einzelnen angehen. Auch wenn im Augenblick der Rechtsextremismus die stärkste Bedrohung darstellt, so darf ein wehrhafter Rechtsstaat auch alle anderen Formen des Extremismus nicht vergessen, sondern er muss jede Form des Extremismus adressieren und bekämpfen, nachdrücklich und mit Energie.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich will davor warnen, dass man sich im Diskurs immer nur auf eine Art von Extremismus konzentriert. Wenn wir über Linksextremismus sprechen, müssen wir über Linksextremismus sprechen und dürfen nicht mit dem Rechtsextremismus ablenken, und auch nicht umgekehrt. Wir dürfen auf keinem Auge blind sein für die Feinde unseres Landes.

Deswegen noch ein Satz zu Leipzig. Was in Leipzig passiert ist, war keine Form der akzeptablen Auseinandersetzung in unserem Staat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wer aus einer Menge heraus mit Steinen auf Polizisten wirft, ist kein Aktivist und kein Demonstrant, sondern ein Gewalttäter, der vor Gericht gestellt werden muss. Keine andere Deutung ist möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es gerade auch die Pflicht der Linken, sich eindeutig von diesen Gewaltexzessen zu distanzieren und dafür zu sorgen, dass im vorpolitischen Raum in Leipzig keine Melange entsteht, in der diese Art von Gewalt gedeihen kann.

(Sören Pellmann [DIE LINKE]: Kommen Sie einfach mal zu uns!)

Wichtig ist ebenso – das sage ich den Kollegen der AfD –, dass das, was Sie hier vorgebracht haben, erschreckend und entlarvend zugleich war. Sie haben versucht, die Vorkommnisse auf der Treppe des Reichstagsgebäudes – der Kollege Curio hat von „Fake News“ gesprochen – zu einem Fototermin umzustilisieren. Frau Kollegin von Storch hat die Presse und die Kollegen hier im Deutschen Bundestag beschimpft. Dieser ganze Zusammenhang macht klar und deutlich, wo Sie stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Sie verteidigen Demonstranten mit einer Reichsflagge. Die Reichsflagge war schon in der Weimarer Zeit das Signal der antidemokratischen Rechten. Das Deutsche Reich, das Dritte Reich, der Beginn der Nazidiktatur, hat von 1933 bis 1945 die Reichsflagge zur Nationalflagge gemacht.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das Reich hat dieses Haus gebaut!)

Wenn Sie die Menschen verteidigen, die eine Reichsflagge vor dem Bundestag wehen lassen, wenn Sie die Presse beschimpfen und wenn Sie sich antiparlamentarisch verhalten, dann stellen Sie sich in die Tradition der Menschen, die bereits 1932 und 1933 die Demokratie bekämpft haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wir haben die Demonstrationsfreiheit verteidigt! Das wissen Sie ganz genau! Heuchelei!)

Wir brauchen Wachsamkeit gegen Extremismus jeglicher Art. Das beginnt bei jedem Einzelnen. Das beginnt mit Respekt vor unserer Polizei. Das beginnt mit Respekt im demokratischen Diskurs. Das beginnt mit Prävention und Aufklärung in der Schule und letztlich mit der gemeinsamen Haltung, dass unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Würde des Einzelnen, der Pluralismus, die Freiheit des anderen, unsere Demokratie ein hohes Gut sind, das wir verteidigen müssen gegen jede Form von Extremismus. Diese Geisteshaltung müssen wir jeden Tag erneut verteidigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)