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Dr. Volker Ullrich: Durch diesen Pakt wird die nationale Souveränität nicht angetastet

Rede zum globalen Migrationspakt

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor 70 Jahren hat sich die Weltgemeinschaft nach bitteren historischen Erfahrungen auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verständigt. Freiheit, Selbstbestimmung, Schutz vor Diskriminierung und Würde sind bestechende Ideen, die damals und die heute eine unabdingbare Gültigkeit besitzen. Das gilt auch für Migranten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt kein Recht, sich sein Zielland auszusuchen, und kein Recht auf Migration; aber es gelten die Menschenrechte und es gibt die Pflicht, dass Migranten überall auf der Welt ihre Menschenrechte einfordern können und dass Menschen menschenwürdig behandelt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Davon spricht dieser Pakt. Er spricht vom Kampf gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel. Er spricht über den Schutz vor Diskriminierungen. Er spricht vom Recht auf Gesundheitsleistungen. Er spricht davon, dass weltweite Missstände in einer globalen Perspektive beseitigt werden müssen. Die Perspektive hört nicht an unseren Grenzen auf; sondern sie umfasst alle Menschen auf der Welt: Wanderarbeiter in Katar, in Saudi-Arabien genauso wie Menschen aus den Philippinen, in südostafrikanischen oder südostasiatischen Städten oder Flüchtlingsbewegungen in Südamerika. Es geht um alle Menschen. Ich bitte Sie, dass Sie diese globale Perspektive zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Viel von diesem Pakt ist übrigens gerade, was die unabdingbaren Rechte der Menschen betrifft, schon längst in deutsches und europäisches Recht umgesetzt worden. Wir stehen zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zur EU-Grundrechtecharta, weil wir wissen, dass es ohne diese Menschenrechte nicht geht. Und wir haben die Verpflichtung, diese Menschenrechte auch aus unserem Menschenbild heraus weltweit einzufordern.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Dr. Ullrich, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?

Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU):

Nein. – Es liegt auch in unserem Interesse, meine Damen und Herren, dass Menschen besser versorgt werden, dass sie Perspektiven in ihrem Heimatland haben, dass in den Transitstaaten eine bessere Gesundheitsversorgung herrscht, weil Menschen dann weniger Anreize haben, sich auf den Weg zu machen. Das mindert den Migrationsdruck, das ordnet und steuert die Migration, und das begrenzt Migration. Vor diesem Hintergrund ist das eine sehr sinnvolle Maßnahme, dass in diesem Pakt auch auf Transit- und Herkunftsstaaten deutlich Bezug genommen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegt auch in unserem Interesse, dass Menschen eine Identität bekommen und Papiere besitzen, dass es ein reguläres Grenzmanagement gibt, dass zwischen irregulärer und regulärer Migration unterschieden wird und dass die Staaten auch die Pflicht haben, ihre Staatsbürger zurückzunehmen. Auch das wird angesprochen, und das bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen.

Und ja, durch diesen Pakt wird die nationale Souveränität nicht angetastet. Aber es handelt sich eben doch um eine politische Absichtserklärung, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen wollen, die Probleme der Migration weltweit zu lösen,

(Martin Hebner [AfD]: Das ist doch Schmarrn!)

weil wir eben doch dafür eintreten, dass vor dem Hintergrund der Geltung von Menschenrechten jeder Mensch auf der Welt, egal wo er sich befindet, ein Mindestmaß an Sicherung und menschenwürdigem Umgang haben sollte. Da lassen wir nicht mit uns reden. Die Menschenrechte gelten, und wir werden sie überall einfordern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist bitter, dass Europa nicht mit einer Stimme sprechen kann. Und ja, für diesen Pakt gilt im Grunde genommen, dass er auch ein Lackmustest ist, wie freie und offene Gesellschaften mit schwierigen Fragen umgehen. Ich sage Ihnen ehrlich: Wer Verantwortung gegen kurzfristigen taktischen Applaus, Demagogie gegen Vernunft und Aufrichtigkeit gegen die Lüge eintauscht, der wird seiner Aufgabe nicht gerecht, und der ist kein Patriot, und der handelt nicht im Interesse unseres Landes.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)

Es geht hier um mehr. Es geht darum, dass wir in dem Bewusstsein handeln, dass Probleme sich nur international lösen lassen. Wenn alle sagen: „Wir alleine“ oder „Wir zuerst“, dann besteht die Gefahr, dass aus Zusammenarbeit und Kooperation ein Nebeneinander und ein Gegeneinander wird. Das wollen wir vor dem Hintergrund der Erfahrungen unserer Geschichte vermeiden. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)