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Dr. Volker Ullrich: Die Qualität des Rechts entscheidet über die Qualität des Zusammenlebens

Fortsetzung der Aussprache zur Regierungserklärung Recht und Verbraucherschutz

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rechtsstaat ist eine tragende Säule der liberalen Demokratie. Wer in andere Staaten, auch in der Europäischen Union, schaut, der sieht, dass die Erosion des Rechtsstaats eine mögliche Gefährdung der Demokratie darstellt. Wir sind in Deutschland zum Glück davor gefeit; denn es gibt – ganz im Gegenteil – ein Vertrauen der großen Mehrheit der Bevölkerung in den Rechtsstaat. Es ist wichtig, heute zum Ausdruck zu bringen, dass wir hinter diesem Rechtsstaat stehen, hinter den Richtern, den Staatsanwälten und den Polizisten, die Tag für Tag Ordnung und Recht in diesem Land durchsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alice Weidel [AfD]: Die fühlen sich aber von Ihnen verlassen!)

Meine Damen und Herren, der Schutz vor Kriminalität und der Schutz der Opfer gehören zu den wichtigsten Anliegen unserer Rechtspolitik. Dazu gehört nach wie vor, dass die Justiz ordentlich ausgestattet ist. Wir brauchen mehr Stellen im Bereich von Polizei, Staatsanwaltschaften und Richtern, um die Verfahren im Interesse aller Verfahrensbeteiligten zu beschleunigen. Wir müssen uns überlegen, inwieweit die großen Chancen der Digitalisierung dem Recht dienstbar zur Seite stehen können. Es wird eine der großen Herausforderungen sein, das zukünftig zu regeln.

Wir müssen uns auch überlegen, wie wir den Vollzug des Rechts noch besser gestalten können. Wir haben in der letzten Wahlperiode in vielen Bereichen des Strafrechts den Opferschutz gestärkt. Jetzt kommt es darauf an, dass das Strafrecht, das wir durchgesetzt haben – beispielsweise in den Bereichen der Raserei, des Schutzes von Polizeibeamten und des verschärften Sexualstrafrechts –, auch angewandt wird, dass die Menschen wissen, sie sind vor diesen Kriminalitätsformen geschützt.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch überlegen, wie wir im Bereich des Verbraucherschutzes noch besser werden können. Der traurige Anlass, warum wir über dieses Thema diskutieren, ist das große Datenleck bei Facebook, das in dieser Woche publik wurde.

Ich möchte darauf zurückkommen, was Datenschutz eigentlich bedeutet. Wir schützen nicht irgendwelche Datensätze, sondern wir schützen die Menschen, die hinter diesen Daten stehen. Geschützt ist die Unversehrtheit, aber auch die Würde des Menschen; die Würde deswegen, weil es nicht sein darf, dass man über seine Daten ausgeforscht und durchgeleuchtet wird. Der Kernbereich der Lebensgestaltung muss geschützt bleiben. Deswegen müssen wir uns überlegen, ob wir zukünftig auf europäischer Ebene durch die E-Privacy-Verordnung deutlich machen, dass die Verfehlungen von sozialen Netzwerken auch tatsächlich Konsequenzen haben. Wir schützen die Menschen, die in diesen Netzwerken unterwegs sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen auch eine bessere Rechtsdurchsetzung für Verbraucher, gerade bei Kleinschäden. Sie können heute über Apps vielfältige Angebote buchen, Fahrkarten kaufen und vieles mehr. Aber wenn die Leistung nicht erfüllt wird, dann müssen sie oftmals zu einem Formular greifen und auf schriftliche Art und Weise ihren Widerspruch einlegen oder ihre Regressforderung geltend machen. Auch das wollen wir ändern. Wir wollen, dass die Erstattung ähnlich unkompliziert funktioniert wie der Abschluss von Verträgen.

Ich komme auf ein sensibles Thema zu sprechen, das den persönlichen Bereich betrifft. Wenn ein Ehepartner ins Krankenhaus kommt oder handlungsunfähig wird und keine Vorsorgevollmacht vorliegt, dann hat der andere Ehepartner derzeit kaum Handhabe, einzugreifen oder rechtlich an der Seite des anderen zu stehen; aber die Laiensphäre geht davon aus, dass dem so ist. Das wollen wir ändern, und zwar zugunsten der Familie, zugunsten derjenigen, die sich in Notsituationen gegenseitig helfen wollen.

Das sind nur einige Aspekte der Rechtspolitik, die wir in den nächsten Jahren umsetzen werden. Eines ist ganz gewiss: Wir werden große Sorgfalt walten lassen; denn die Qualität des Rechts entscheidet über die Qualität des Zusammenlebens und des Zusammenhalts. Dafür stehen wir ein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)