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Dr. Ralf Brauksiepe: die Anerkennungsquoten Schutzsuchender aus den Maghreb-Staaten liegen im unteren einstelligen Bereich

Rede zur Änderung des Asylgesetzes

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal in einer kontroversen Debatte über dieses Thema und über die Frage, ob die Maghreb-Staaten zu Recht als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden können. Schaut man sich die tatsächliche Situation in diesen Ländern an, so sieht man, dass die dagegen vorgetragenen Bedenken letztlich unbegründet sind. Die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten ist verantwortbar; sie ist sogar geboten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aus diesem Grund hat ja auch das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Einstufung Georgiens, Algeriens, Marokkos und Tunesiens als sichere Herkunftsstaaten beschlossen, und wir werden diesen Gesetzentwurf in nächster Zeit auch hier in diesem Hohen Hause beraten.

Meines Erachtens hat Kollege Seif überzeugend deutlich gemacht, warum wir hier heute aus inhaltlichen Gründen dem Gesetzentwurf der FDP nicht zustimmen werden. Es wird in Kürze ein Gesetzentwurf der Bundesregierung hier zu debattieren sein, und dem, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, können Sie ja dann auch aus vollem Herzen zustimmen, sich also anders verhalten als beim inhaltsgleichen Gesetzentwurf der CDU in Rheinland-Pfalz, den Sie abgelehnt haben. Also erwecken Sie hier nicht den Eindruck, als wären Sie in dieser Frage besonders konsequent.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anerkennungsquoten Schutzsuchender aus den Maghreb-Staaten sprechen in der Tat eine klare Sprache. Sie liegen im unteren einstelligen Bereich, und mehrere unserer europäischen Nachbarn sind uns deswegen bei der Einstufung als sicheres Herkunftsland voraus; sie haben diese Einstufung bereits vorgenommen.

Es liegt ja im Übrigen auch nicht zuletzt im Interesse dieser Länder selbst, als sicherer Herkunftsstaat anerkannt zu werden; denn wir setzen damit das Signal, dass wir ihnen eine weiterhin positive Entwicklung zutrauen und sie auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht als Risikofaktoren, sondern eben als unsere Partner sehen.

Natürlich ist die wichtigste Konsequenz der Einstufung als sichere Herkunftsstaaten die damit einhergehende Entlastung von Ländern und Kommunen sowie eine spürbare Beschleunigung der Asylverfahren für Antragsteller aus den betreffenden Ländern. In diesem Jahr müssen das BAMF und die Verwaltungsgerichte fast 20 000 Asylanträge von Menschen aus den Maghreb-Ländern bearbeiten, obwohl absehbar ist, dass sie mangels Schutzbedürftigkeit fast alle abgelehnt werden. Die Folge ist, dass sich die Asylverfahren von Menschen mit positiver Bleibeperspektive hierdurch – leider – unnötig in die Länge ziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wirft man aus außenpolitischer Sicht einen Blick auf die Lage in den Maghreb-Staaten, so lassen sich eindeutig bei allen bestehenden Problemen positive Tendenzen verzeichnen. Im Übrigen führt der Status als sicheres Herkunftsland – darauf ist auch von unserem Koalitionspartner in der Debatte zu Recht hingewiesen worden – nicht dazu, dass Asylanträge von Angehörigen Algeriens, Marokkos oder Tunesiens nicht mehr individuell geprüft werden. Nein, auch weiterhin wird in jedem Asylverfahren eine persönliche Anhörung durchgeführt, in der der Antragsteller seine Situation im Herkunftsstaat vortragen und gegebenenfalls seinen Anspruch auf einen Schutzstatus in Deutschland belegen kann. Es wird lediglich kraft Gesetzes vermutet, dass ein Antragsteller aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird. Dies ist eine widerlegbare Vermutung, die in einem ordentlichen, rechtsstaatlichen Verfahren widerlegt werden kann. Deswegen ist es richtig und notwendig, diese Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten vorzunehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist richtig, notwendig, und das werden wir weiter politisch vorantreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Können Sie heute machen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einer persönlichen Bemerkung schließen. Für jeden, der von diesem Pult spricht, ist das irgendwann die letzte Rede. Man weiß das vorher nicht immer ganz genau. Glauben heißt ja nicht wissen. Ich glaube, dass für mich heute dieser Tag meiner letzten Rede gekommen ist. Deswegen ist es für mich Zeit, vor allem Danke zu sagen für politische Begleitung in Freundschaft und Gegnerschaft in 20 Jahren hier im Deutschen Bundestag. Ich bedanke mich bei denen, die mich heute begleiten, die es in der Vergangenheit getan haben. Ich bedanke mich vor allem bei meinem leider viel zu früh verstorbenen Freund Peter Hintze. Ich bedanke mich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in dieser Zeit, stellvertretend bei meinen Büroleitern, Dr. Stefan Raueiser, Bernd Meyer, Dr. Arnd Busche und Martin Hannig für die Begleitung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Schalke-Arena, die in meiner Heimat liegt, wird noch nach dem Vereinslied, als Letztes vor dem Anpfiff, immer das Steigerlied gesungen, mehrere Strophen. Die letzte Strophe, die da gesungen wird, die wird, glaube ich, nur auf Schalke gesungen. Jedenfalls im offiziellen Liederbuch der IG BCE steht sie nicht drin.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ich hoffe, du singst jetzt nicht!)

– Ich singe jetzt nicht. Ich habe ein warnendes Beispiel vor Augen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Strophe, die, wie ich glaube, nur auf Schalke gesungen wird, heißt: Die letzte Schicht.

(Beifall des Abg. Christian Petry [SPD] – Christian Petry [SPD]: Sehr gut!)

Darin heißt es: „... Sankt Barbara hält für uns die Wacht, passt schön auf uns auf.“

In diesem Sinne: Passt schön auf euch auf. Glück auf und Gottes Segen!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)