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Dr. Patrick Sensburg: Es ist gut, dass wir die deutsche Umsetzung der rechtlichen Anpassungen in nationales Recht vornehmen

Rede zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2017 ist die EU-Verordnung zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft in Kraft getreten, und es ist gut, dass wir heute auch die deutsche Umsetzung der rechtlichen Anpassungen in nationales Recht vornehmen, damit es ein rundes, geschlossenes Paket wird.

Dem Beschluss der europäischen Verordnung sind damals intensive Verhandlungen vorangegangen. Wir haben lange miteinander gerungen, diskutiert. Anders als es mein Vorredner gerade dargestellt hat, ist intensiv sowohl mit OLAF, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, als auch mit Eurojust debattiert worden. Wir haben im Deutschen Bundestag um die Europäische Staatsanwaltschaft intensiv gerungen. Wir haben mit dem deutschen Vertreter bei Eurojust, Herrn Meyer-Cabri, gesprochen. Es ist übrigens ganz interessant, dass der deutsche Vertreter inzwischen Vizepräsident von Eurojust ist. Er war maßgeblich an der Entstehung der Eurojust-Verordnung beteiligt. Die ersten Befürchtungen, die auch wir gehabt haben, dass möglicherweise das Zusammenspiel der Europäischen Staatsanwaltschaft mit Eurojust und OLAF nicht klappt, Eurojust möglicherweise an Arbeitsfähigkeit, an Funktionalität verliert, die Zusammenarbeit mit OLAF nicht klappt – das waren auch unsere Sorgen –, sind ausgeräumt worden. Es hat einen intensiven Dialog zwischen Eurojust, der Kommission, dem Europäischen Parlament gegeben.

Wir bewegen uns hier übrigens im Jahre 2014. Da müssten eigentlich auch irgendwann AfD-Abgeordnete im Europäischen Parlament gewesen sein. Ich vermisse da den kritischen Dialog. Ich habe mich damals in viele Debatten eingeschaltet – übrigens der Kollege Fechner auch –, war Berichterstatter für die Europäische Staatsanwaltschaft. Bei den Linken war es Frau Wawzyniak, bei den Grünen der Kollege Ströbele, die sich intensiv eingebracht haben. Damals, in dem ganzen Prozess, habe ich keine einzige Stimme der AfD gehört.

(Stephan Brandner [AfD]: Wollten Sie nicht hören!)

Es ist ein kompliziertes Thema – das gebe ich zu; aber ein Dialog hat stattgefunden.

(Fabian Jacobi [AfD]: Sie müssen zuhören!)

– Ja, ich höre ja zu.

Ich habe sie mal mitgebracht, Sie hätten sie im Intranet des Bundestages – auch im Internet kann man es finden, weil wir transparent sind – finden und dann auch lesen können: die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses aus dem Jahre 2014, vom 4. Juni 2014. Der Bundestag hat, wie man lesen kann, zur Verordnung über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft eine ganz intensive Stellungnahme abgegeben. Auf vielen Seiten wurde dargestellt, was unsere Sorgen waren. Wir wollten keinen Durchgriff ins nationale Strafrecht, eine Beschränkung auf die Kompetenz der Bekämpfung des Betrugs zulasten des europäischen Haushalts, eine ganz klare Abgrenzung der nationalen Staatsanwaltschaften von der Europäischen Staatsanwaltschaft. Auf vielen Seiten wurden unterschiedliche Fragestellungen aufgeworfen. Und es hat sich im Verhältnis zu den ersten Entwürfen auch viel bewegt.

Von daher kann ich heute nur sagen: Es ist gut, dass wir jetzt den letzten Akt der Umsetzung in nationales Recht vornehmen und damit endlich Großkriminalität zulasten des EU-Haushalts sowohl zentral, durch eine Europäische Staatsanwaltschaft, also auch national bekämpfen können. Es ist eine gute Verordnung, und es wird jetzt auch ein gutes Gesetz. 22 Länder beteiligen sich an der Europäischen Staatsanwaltschaft. Ich kann mir vorstellen, dass auf Dauer weitere Länder hinzukommen werden.

Man muss sich die Dimension vor Augen führen – Kollege Fechner hat es eben angesprochen –: Allein im Jahre 2018 entstand bei den Betrugsfällen, die durch die nationalen Behörden gemeldet wurden, ein Schaden in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Wenn wir jetzt noch den Mehrwertsteuerbetrug mit einer Schadenssumme von 50 Milliarden Euro dazunehmen, dann kommen wir auf Summen, bei denen klar ist, dass wir etwas tun müssen. Deswegen finde ich es schade, dass manche Fraktion hier im Deutschen Bundestag daran kein Interesse hat. Aber daran wird man sich eben auch festmachen lassen müssen.

Ich glaube, es ist gut, wenn wir diese Betrugsfälle mit einer unabhängigen Staatsanwaltschaft aufarbeiten. Ich glaube, dass das nicht allein bei uns in Deutschland ein Problem ist. Wir sind da schon relativ gut unterwegs. Wenn wir das jetzt in 22 Mitgliedstaaten ordentlich machen, dann ist das etwas sehr Positives. Aber wenn man seine Rede beginnt wie Herr Kollege Peterka von der AfD und einen Rundumschlag gegen andere Länder in der EU macht – gegen Portugal, gegen Italien, gegen Spanien und gegen Rumänien –, dann finde ich das sehr deplatziert. Eigentlich sollte man sich immer zuerst an die eigene Nase packen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und dann nehmen Sie auch nur am Rande zur Kenntnis, was die neue Generalstaatsanwältin der Europäischen Staatsanwaltschaft für eine exzellente Arbeit in Rumänien geleistet hat. Ich kenne Frau Kövesi jetzt seit fast zehn Jahren. Wenn ich mir vor Augen führe, was sie zwischen 2013 und 2018 in Rumänien gegen Anfeindungen von vielen Seiten, gerade auch von der damaligen Regierung, unter der sie hart zu leiden hatte, die sie auch am Schluss entlassen hatte, für eine exzellente Arbeit gemacht hat, dann würde ich eher Lob anbringen als eine Kritik am Rande. Sie hat sich, bevor sie zur Europäischen Generalstaatsanwältin ernannt wurde, auch hier im Bundestag vorgestellt. Das fand ich exzellent. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich glaube, dass diese Frau eine super Arbeit machen wird. Das hat sie Rumänien bewiesen. Ich gönne ihr auch ein Potenzial an Mitarbeitern, an Ausstattung und Struktur. Ich bin mir sehr sicher, dass dort viele Verfahren auf uns zukommen werden und dass sich Frau Kövesi nicht beeinflussen lassen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir nehmen mit dem vorliegenden Gesetz die notwendigen Änderungen – das hat Kollege Fechner bereits angesprochen – am GVG und an der StPO vor. Wir passen also die Verhältnisse im nationalen Recht an die Regelungen der europäischen Verordnung an. Wir ändern, so wie es der Kollege Fechner gerade angesprochen hat, entsprechend die Regelungen im Bereich von ECRIS, dem Europäischen Strafregisterinformationssystem, damit es auch die Drittstaatenangehörigen enthält. Ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Punkt, dass die entsprechenden Regelungen nicht nur für EU-Bürger, sondern auch für Drittstaatenangehörige gelten und wir das Führungszeugnisregister dementsprechend anpassen. Das ist aus Sicherheitsgründen ein ganz wesentlicher Punkt; aber es ist auch für die betroffenen Drittstaatler ganz wesentlich, dass sie nun ein europäisches Führungszeugnis vorzeigen können.

Deswegen ist es alles in allem ein gutes Gesetz, dem hoffentlich alle Fraktionen zustimmen werden. Über die weiteren Anträge, die von den Fraktionen gestellt worden sind, müssen wir noch einmal nachdenken. Ich glaube eher, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der Koalition, so gut ist.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)