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Christian Haase: Es geht darum, Beziehungen zwischen Stadt und Land zu stärken und ganzheitliche Konzepte zu entwickeln

Rede in der Debatte zu gleichwertigen Lebensverhältnissen

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland ist ein großes und wirtschaftlich erfolgreiches Land. Wir gehören zu den Top 5 der Volkswirtschaften dieser Welt. Wir haben starke städtische Räume wie das Rhein-Main-Gebiet, und wir haben starke ländliche Räume wie das Sauerland oder Ostwestfalen-Lippe.

(Dirk Wiese [SPD]: Absolut richtig!)

Bund, Länder und Kommunen erzielen seit geraumer Zeit regelmäßig jährliche Überschüsse,

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja!)

und dennoch gibt es Regionen in Deutschland, die nicht mithalten können und in denen sich die Menschen abgehängt fühlen.

Strukturschwäche, Abwanderung und demografischer Wandel haben eine Spirale in Gang gesetzt, die die Kommunen alleine nicht durchbrechen können. Auch wenn sich viele Länder bemühen, klappt es auch mit deren Hilfe hier und da nicht. Es ist daher gut, dass wir seit geraumer Zeit mit GRW und GAK Gemeinschaftsaufgaben haben und mit den Ländern zusammen diese Strukturprobleme aufgreifen und zu lösen versuchen. Aber dennoch schaffen wir es nicht überall. Deshalb ist es gut und richtig – und ich begrüße das –, dass diese Kommission zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land eingesetzt worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber machen wir uns ehrlich: Viele Fakten liegen schon vor. Deshalb ist es für mich wenig verständlich, dass wir bis Ende 2020 warten wollen, bis ein Endbericht vorliegt. Ich freue mich, dass der Innenmister bereits darauf eingegangen ist, dass Mitte 2019, also im nächsten Sommer, ein Zwischenbericht vorliegt. Ich fordere uns auf, das zu nutzen und die Umsetzungsschritte einzuleiten. Ich glaube, die Regionen haben lange genug gewartet.

Meine Damen und Herren, „gleichwertig“ bedeutet nicht „gleich“, und ich freue mich, dass das alle Fraktionen hier im Hause offensichtlich genauso sehen. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse ist gerade nicht, überall gleiche Angebote vorzuhalten. Es geht darum, Beziehungen zwischen Stadt und Land zu stärken und ganzheitliche Konzepte zu entwickeln. Es geht um Förderung nach Bedarf und nicht mehr nach Himmelsrichtung. Es geht um eine Neuausrichtung der Gemeinschaftsaufgaben. Es geht um die Revitalisierung leerstehender Objekte in den ländlichen Räumen und um eine echte Dezentralisierungsstrategie für Behörden. Und wir brauchen – auch darauf hat der Innenminister hingewiesen – eine „Gesetzesfolgenabschätzung“, um besser beurteilen zu können, wie sich bestimmte Gesetzesvorhaben, die wir hier beschließen, auf die jeweiligen Räume auswirken.

Meine Damen und Herren, ich freue mich aber auch, dass wir viele der Themen, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, bereits aufgegriffen haben. Ich denke da zum Beispiel an den Wohnungsbau: Wir haben eine Milliardenförderung für den sozialen Wohnungsbau beschlossen. Wir steigen jetzt in die steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus ein. Mit dem Baukindergeld helfen wir jungen Familien, ihren Traum vom eigenen Heim zu verwirklichen.

Wir wollen die Förderung ländlicher Räume im Rahmen der GAK stärken. Wir schaffen einen Sonderrahmenplan, der im nächsten Jahr mit 140 Millionen Euro ausgestattet sein wird; die Länder legen dann noch einmal das Gleiche dazu. Wir steigern die Mittel für das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung auf 70 Millionen Euro.

Auch wenn es einige hier nicht wahrhaben wollen: In den letzten Jahren ist der Breitbandausbau in ganz Deutschland vorangetrieben worden. Wir haben da jetzt die Glasfaser in den Mittelpunkt gestellt. Das ist technisch gut und richtig. Erwecken Sie bitte nicht den Eindruck, dass hier nichts getan worden wäre.

Ein Feld – auch das ist von mehreren Rednern heute schon angesprochen worden – ist hier sicherlich der Ausbau von 4G- und 5G-Netzen. Ich glaube, für unsere Kommunen ist das ein Teil der modernen Daseinsvorsorge geworden. Im Fokus steht dabei der Aufbau von smarten Städten und Regionen. 5G ist nun einmal die Voraussetzung für die Entwicklung von digitalen Gesundheitsangeboten, die Digitalisierung der Landwirtschaft oder das autonome Fahren. In einer immer komplexer werdenden Energiewelt kommt der durch 5G ermöglichten Echtzeitübertragung im Zusammenspiel mit künstlicher Intelligenz eine wichtige Steuerungsfunktion im Hinblick auf die Anlagen vor Ort zu. Diese Anlagen – Solaranlagen, Windkraftanlagen – stehen nun nicht in den Innenstädten, sie stehen in den ländlichen Räumen.

Wenn wir über Industrie sprechen, dann sprechen wir über Industrie 4.0, über die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation. Ja, es gibt viele Unternehmen in den städtischen Bereichen. Aber wir wissen: Die Hidden Champions sind in den ländlichen Räumen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir den Netzausbau, sowohl den 4G-Ausbau als auch den 5G-Ausbau, jetzt vorantreiben und da keinen Unterschied zwischen dem städtischen und dem ländlichen Bereich machen. Deshalb erwarte ich auch von der Bundesnetzagentur Auflagen, die sich nicht nur auf Bundesautobahnen und Bundessstraßen beziehen, vielmehr gehören die Landstraßen, die Kreisstraßen und die Gemeindestraßen genauso dazu.

(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

Nicht 98 Prozent der Haushalte in Deutschland müssen erschlossen werden – dies kann ich nicht hinnehmen –, sondern 100 Prozent der Fläche. Das muss hier unser Anspruch sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Sie müssen zum Schluss kommen.

Christian Haase (CDU/CSU):

Meine Damen und Herren, auch wenn das auf der linken und rechten Seite heute nicht so gesehen wurde: Ich bin stolz darauf, im ländlichen Raum zu leben. Ich empfinde das als Privileg. Ich möchte, dass wir alle gleiche Chancen haben, egal wo wir geboren wurden, wo wir unser Lebensglück verwirklichen wollen. Lassen Sie uns Stadt und Land zusammen denken.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)