Skip to main content

Andreas G. Lämmel: Die CDU/CSU war die Partei der deutschen Einheit; die CDU/CSU ist die Partei der deutschen Einheit

Redebeitrag in der vereinbarten Debatte zu "30 Jahre Deutsche Einheit"

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geburtstagstermine meiner Familie, mein Hochzeitstag und der 3. Oktober, das sind die Termine in jedem Jahr, wo es sich lohnt, eine ordentliche Party zu organisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und das sollten eigentlich alle machen, anstatt im Prinzip jeden Tag nur Probleme zu wälzen.

Meine Damen und Herren, ich habe 30 Jahre, also genau die Hälfte meines Lebens, in der DDR verbracht und konnte dann zum Glück die andere Hälfte meines Lebens – und ich hoffe, es kommen noch ein paar Jahre dazu – im vereinten Deutschland verbringen.

Meine Damen und Herren, es klingt ja immer mal so an: Das war ja alles nicht so schlimm damals. – Ich habe das in verschiedenen Reden heute auch gehört. Das mag zwar sein – wenn ich zurückblicke und an die Zeit denke, die ich mit meiner Familie und mit meinen Freunden am Biertisch, beim Skatspielen oder sonst was verbracht habe, ist das auch richtig –, aber das ist eben nur die halbe Wahrheit oder weniger als die halbe Wahrheit.

Wenn ich an meine Schulzeit denke, wenn ich an meine Studienzeit denke oder an die Zeit, die ich auf der Arbeit verbracht habe: Da sah die Welt anders aus: ein permanenter politischer und gesellschaftlicher Druck, Diskriminierung, Benachteiligung und ständige Bespitzelung Andersdenkender, zu denen ich damals auch gehörte, eine permanente Mangelwirtschaft, eine unerträgliche Luftverschmutzung – gerade in der Heizperiode –, die Elbe in Dresden ein stinkender Strom durch die Landschaft, der Kampf um eine brauchbare Wohnung – wer sich daran vielleicht noch erinnert! –, keine Reisefreiheit. Aber es gab eine Straßenbahnfahrt für 20 Pfennige. Das wurde uns schon in der Schule gelehrt: Das ist der Unterschied zwischen der glorreichen Zukunft des Sozialismus und dem faulenden Kapitalismus: dass man in der DDR für 20 Pfennige Straßenbahn fahren durfte. Nur, das Problem war: Die Straßenbahn kam nicht immer,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

weil immer wieder mal ein Ersatzteil fehlte, das nicht beschafft werden konnte, oder der Straßenbahnfahrer vielleicht 14 Tage vorher gerade in den Westen ausgereist war.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So viel zur Realität, meine Damen und Herren, und das sollte man auch nie vergessen! Gerade deswegen, wenn man das alles zusammenrechnet, ist der 3. Oktober für mich ein Tag des Feierns.

(Zuruf des Abg. Matthias Höhn [DIE LINKE])

Das Problemewälzen können wir vorher machen und spätestens am 4. wieder beginnen.

Meine Damen und Herren, es gibt heutzutage zu solchen Festtagen eine Flut von Büchern und Filmen und Diskussionen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist voll davon. Alle wollen nun herausfinden: Was ist denn der Unterschied zwischen den Ostdeutschen und den Westdeutschen? Und natürlich: Der Ossi, das seltsame Wesen, was ist denn das für einer?

(Heiterkeit der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen eines: Das geht mir am meisten auf die Nerven bei der ganzen Diskussion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Weil: Warum kümmert sich denn niemand darum, was der Unterschied ist zwischen dem Bayern und dem Holsteiner oder dem Rheinländer und dem Pfälzer oder – um es noch ein bisschen kleiner zu schneiden – zwischen dem Kölner und dem Düsseldorfer?

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist ganz normal, meine Damen und Herren. Aber der Ossi, der muss herhalten – wobei es ja gar keinen Ossi gibt; es gibt nämlich in Ostdeutschland Sachsen und Brandenburger und Thüringer und Mecklenburger, und die sind alle ganz verschieden. Also: Das ist ein Schwachsinn hoch fünf. Das ist nur Geldbeschaffung für Psychologen und andere Menschen, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Franziska Gminder [AfD])

Es ist von diesem Pult aus heute aber auch schon oft gesagt worden – ich glaube, das ist das Wichtigste –: Die deutsche Einheit ist ein Projekt aller Menschen in Deutschland. Alle, die sich dazu bekennen, haben zu diesem Erfolg beigetragen. Die deutsche Einheit hat unser Land stärker gemacht, und sie hat es vielfältiger gemacht. Und das ist, glaube ich, der Erfolg, woraufhin wir von allen anderen im Ausland immer wieder gefragt werden: Wie macht ihr denn das? Es gibt Länder wie Taiwan oder Südkorea, die haben eigene Regierungskommissionen, die streuseln hier schon seit Jahren durch Deutschland, um zu gucken: Wie haben die denn das gemacht mit der Wiedervereinigung? Sind das Modelle, können wir uns damit auf eine mögliche Wiedervereinigung bei uns vorbereiten? Insofern ist die deutsche Wiedervereinigung ein Erfolgsmodell.

Meine Damen und Herren, aber zur historischen Wahrheit gehört auch, dass verschiedene Parteien das unterschiedlich gesehen haben. Da gab es mal einen Oskar Lafontaine. Der hat gesagt: Das Wenigste, was wir jetzt brauchen, ist die deutsche Einheit. – Und da gab es mal einen Steinewerfer Joschka Fischer. Der hat den Ostdeutschen die Banane hingehalten, um damit sozusagen klar zu dokumentieren, was er von den Ostdeutschen hält. Das haben wir auch alle nicht vergessen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Wieland Schinnenburg [FDP])

Morgen findet in Dresden der Festakt zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit statt. Und wenn demokratische Parteien, die heute alle erzählt haben, wie wichtig Toleranz und Meinungsfreiheit sind, diesen Festakt boykottieren, nämlich SPD, Grüne und Linke,

(Enrico Komning [AfD]: Pfui!)

und dort ein gewählter Volksvertreter spricht, meine Damen und Herren, dann frage ich mich wirklich schon, wie Reden und Handeln zusammenpassen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Insofern gibt es eine Menge Widersprüche, auch in der heutigen Debatte. Ich kann Ihnen nur sagen: Die CDU/CSU war die Partei der deutschen Einheit; die CDU/CSU ist die Partei der deutschen Einheit. Das können Sie sehen: Die Kollegen unserer Fraktion sitzen alle mit einem Lächeln auf den Lippen und einem fröhlichen Gefühl im Herzen auf ihren Plätzen und warten eigentlich nur darauf, dass sie nach Hause gehen können, damit sie sich auf die Feiern morgen vorbereiten können.

Also: Einen schönen Tag für alle!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Also, der Wahrheitsgehalt dieser Rede war auch überschaubar!)