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Alexander Throm: "Nicht vor der schieren Masse an Hasskommentaren kapitulieren"

Rede zu Bestandsdatenauskunft

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen erging das Urteil im Mordfall Walter Lübcke, zu einer Tat, die gezeigt hat, was Hass und Hetze für schreckliche Folgen haben können, einer Tat, die gezeigt hat, dass aus Worten Taten werden können. Diese Postings und die widerlichen Kommentare findet man tagtäglich im Netz und auch anderswo. Dem wollen wir Einhalt gebieten.

Deswegen hat der Bundestag bereits letztes Jahr ein Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität beschlossen. Das muss jetzt endlich in Kraft treten. Klar ist: Ohne die Bestandsdatenauskunft – darum geht es heute – kann dieses Gesetz nicht wirksam greifen, nicht umgesetzt werden.

(Beifall des Abg. Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])

Wir haben erst am Montag in der Anhörung erneut gehört, dass wir von 250 000 Weiterleitungen an das BKA ausgehen müssen. Es gibt immer Bedenken, ob das dann leistbar ist. Aber wir sollten vor der schieren Masse an derartigen Hasskommentaren nicht kapitulieren; denn über die reine Zahl von Ermittlungen und von Urteilen hinaus hat dieses Gesetz einen präventiven Mehrwert, wenn nämlich an den Computern, an den Bildschirmen, an den Handys zweimal darüber nachgedacht wird, welchen Kommentar man absetzt und was man likt, und dadurch auch der eine oder andere Kommentar oder das eine oder andere Hassposting erst gar nicht in die Welt geht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Bundesverfassungsgericht hat uns Hausaufgaben für konkrete Regelungen gegeben, was Eingriffsschwellen anbelangt. Dieser Aufgabe kommen wir heute mit einem – etwas despektierlich wird es so genannt – Reparaturgesetz nach, indem wir genau die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes erfüllen – nicht mehr und nicht weniger.

Es wurde und es wird immer wieder einmal nach einer umfassenden Gesamtreform gefragt. Aber das ist jetzt, glaube ich, nicht angezeigt. Wir wollen das Gesetz schnell in Kraft setzen. Angesichts von Bundestagswahl und Regierungsbildung bis zum Ende der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist Ende 2021 scheint eine solche Gesamtreform nicht möglich.

Egal ob große Reform oder Reparaturgesetz: Das Spannungsfeld zwischen effektiven Strafermittlungen und effektiver Gefahrenabwehr auf der einen Seite und dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung auf der anderen Seite bleibt immer gleich. Da kann man bemängeln, dass es da kein „One-size-fits-all“-Gesetz gibt. Aber wir wollen die Anforderungen des Verfassungsgerichts erfüllen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Möglichkeiten unserer Sicherheitsbehörden weiter uneingeschränkt gegeben sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Anhörung am vergangenen Montag hat BKA-Präsident Münch uns über dieses Gesetz hinaus eine weitere Aufgabe mit auf den Weg gegeben – erneut und zum wiederholen Male, es ist kein neues Thema – : Allein bei 2 594 Fällen, die im letzten Jahr von den USA an das BKA im Bereich von Kindesmissbrauch weitergeleitet wurden, war die IP-Adresse der einzige Ermittlungsansatz – der allerdings nicht genutzt werden konnte, weil dafür eine Vorratsdatenspeicherung und die Nutzung derselben notwendig gewesen wäre und das momentan aus bekannten Gründen in Deutschland nicht möglich ist. Jetzt will ich nicht, dass wir uns wiederum gegenseitig die Schuld zuweisen oder mit Besserwisserei anfangen. Herr Münch hat gesagt: Das Leid, das hinter den Meldungen steckt, konnte nicht beendet werden. – 2 594 Fälle nur aus den USA! Deswegen bitte ich alle offiziellen und selbsternannten Datenschützer in Deutschland und der Europäischen Union: Datenschutz ist gut und wichtig. Er darf in der Abwägung aber nie zum Täterschutz werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)