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Alexander Throm: "Die Schneckenpost zwischen den Behörden soll der Vergangenheit angehören"

Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters

Bei diesem Gesetz geht es um Modernisierung, um mehr Effizienz und Qualität. Das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, und wir setzen es jetzt um, und zwar unter voller Beachtung des Datenschutzes.

An unterschiedlichen Stellen in diesem Land erheben verschiedene Behörden von Bund, Ländern und Kommunen Daten zu ausländer- oder asylrechtlichen Vorschriften. Meistens geschieht das isoliert voneinander, und oft sind die Daten identisch; die Dateisysteme aber sind es nicht. Das führt zu enormen Reibungsverlusten. Betroffene müssen dieselben Daten mehrfach angeben. Dokumente müssen immer wieder mühsam neu angefordert und per Post versendet werden. Dieser Zustand soll beendet werden.

Erstens. Daten, die bisher in über 600 dezentralen Ausländerdateien vorgehalten werden, sollen an das zentrale Register übermittelt und nur noch dort gespeichert und automatisch synchronisiert werden. Das bedeutet ganz klar eine Entlastung für die Ausländerbehörden, das BAMF und das Bundesverwaltungsamt. Denn diese müssen dann nur noch den eigenen Datenbestand pflegen. Das bedeutet mehr Effizienz und eine höhere Datenqualität.

Zweitens. Alle beteiligten Behörden sollen für ihre Arbeit auf denselben einheitlichen und aktuellen Datenbestand zugreifen können.

Drittens. Es wird eine zentrale Dokumentenablage geben. Das ist gedacht für Dokumente, die von den Menschen sowieso bereits im Original vorgelegt wurden und regelmäßig auch von anderen Behörden kurzfristig benötigt werden. Es geht um einen sicheren Zugang für die Behörden, die jetzt schon berechtigt sind, das jeweilige Dokument zu sehen. Das können Ausweis- und andere Identifikationsdokumente sein, aber auch der Asylbescheid und gerichtliche Entscheidungen.

Da solche Dokumente besonders sensibel sein können, dürfen Asylentscheidungen aber nur dann gespeichert werden, wenn besondere schutzwürdige Interessen des Betreffenden nicht entgegenstehen. Und die Dokumente sind für eine Behörde auch nur abrufbar, wenn die Kenntnis des Dokuments in dem jeweiligen Einzelfall für die abrufende Behörde unerlässlich ist und weitere Informationen von der zuständigen Behörde nicht rechtzeitig zu erlangen sind.

Zum Beispiel legt jemand bei einer Behörde einen ausländischen Ausweis vor, und später legt er bei einer anderen Behörde einen ausländischen Ausweis vor. Zurzeit muss jede Behörde selbst prüfen und entscheiden, ob der Ausweis echt ist. Das heißt, wenn die erste Behörde den Ausweis bereits hat prüfen lassen und er echt ist, dann fängt die zweite Behörde trotzdem erst einmal wieder bei null an. Insgesamt ist das eine unnötige Belastung für die Behörden und auch für den Betroffenen.

Zukünftig können die Behörden vorgelegte Ausweisdokumente mit den gespeicherten Dokumenten und Prüfzertifikaten abgleichen und auf eigene Echtheitsüberprüfungen verzichten. Das ist für alle ein Gewinn. Gerade an dieser Stelle möchte ich an den Fall Amri erinnern, der mit 15 weiteren Identitäten durch das Land zog! Und – bei allem Verständnis für Datenschutzbelange –: Es geht nicht um zusätzliche oder neue Daten oder gar um den Aufbau einer neuen Datenkrake. Nein, es geht darum, Datenchaos zu vermeiden, bestehende Systeme besser zu pflegen und effizienter zu nutzen. Die Schneckenpost zwischen den Behörden soll der Vergangenheit angehören.

Alle fordern Digitalisierung, E-Government und digitale Verwaltung. Und dann, wenn es kommt, ist der Aufschrei groß, werden Bedenken formuliert. Da wird kritisiert, dass das Geburtsland, ein möglicher Doktorgrad und mögliche Visa oder absolvierte Integrationskurse zentral gespeichert werden sollen. Was ist an diesen Informationen schädlich? Weshalb sollte ein Visum für Ausländer- oder Sozialbehörden geheim sein? Und wenn nach einer Namensänderung Zweifel an der Identität bestehen und Polizeibehörden das dann mithilfe einer bereits bekannten ausländischen Personenidentitätsnummer klären können, dann finde ich das gut und richtig. Es handelt sich schließlich um verbesserte Suchmöglichkeiten, nicht um Neuerfindungen. Das alles geschieht doch auch nicht im luftleeren Raum. Zuständig für die datenschutzrechtliche Kontrolle ist der Bundesbeauftragte für Datenschutz. Zugriffe auf Daten und Unterlagen sind auch nicht „einfach so“ und für alle möglich. Meinen Sie ernsthaft, dass protokollierte Zugriffe von Behörden unsicherer sind als herumliegende Papierakten, bei denen sich niemals nachvollziehen lässt, wer etwas kopiert oder gelesen hat? Und alle im AZR gespeicherten Personen haben selbstverständlich die Rechte nach der Datenschutz-Grundverordnung. Das sind Auskunft und gegebenenfalls Berichtigung, Löschung oder Sperrung der Daten.

Das BMI hat auf die Praktiker gehört und Länder und Kommunen früh beteiligt. In einem Pilotprojekt, bei dem alle Länder vertreten waren, wurden durchdachte und praxistaugliche Lösungen entwickelt. Dies hat der Nationale Normenkontrollrat in seiner Stellungnahme besonders herausgestellt. Danke an das BMI für die präzise und fundierte Arbeit.