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Alexander Krauß: "Die Pandemie ist ein Langstreckenlauf"

Aktuelle Stunde | Kurswechsel in der Corona-Politik

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können uns jetzt damit beschäftigen, rückwirkend eine Fehlersuche zu betreiben, oder wir können nach vorn schauen und Lösungen suchen. Ich bin dafür, dass wir Lösungen suchen; dafür ist das Parlament da. Da kann ich nur ganz deutlich in Richtung der AfD sagen: Sie haben keine einzige Antwort geliefert. Sie haben keinen einzigen konkreten Vorschlag für die Lösung dieser Situation gemacht. Das war der Beitrag, den Sie heute hier abgeliefert haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Dann haben Sie nicht zugehört! Dann müssen Sie mal die Ohren aufsperren! – Weiterer Zuruf von der AfD: In welchem Parlament sitzen Sie denn?)

Schauen wir uns die Situation im Vergleich zu vor einem Jahr an. Wir stochern nicht mehr im dichtesten Nebel. Wir haben viele Erkenntnisse dazugewonnen. Der Nebel hat sich weitgehend gelichtet; ein bisschen Nebel ist noch.

(Beatrix von Storch [AfD]: Sie wissen gar nichts!)

Wir haben sehr gute Prognosemodelle, die zeigen, was passiert, wenn wir etwas tun, und was passiert, wenn wir nichts tun. Wir haben Gesundheitsämter, die jetzt in der Lage sind, Kontaktketten deutlich besser und professioneller nachzuvollziehen. Wir haben Tests. In den letzten zwei Wochen sind 10 000 neue Teststellen wie Pilze aus dem Boden geschossen, und es werden täglich mehr. Wir haben mittlerweile 20 zugelassene Selbsttests, die helfen, unentdeckte Infektionsketten zu erkennen. Das wird dazu führen, dass auch die Fallzahlen sinken.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Mittlerweile ist bereits jeder zehnte Erwachsene geimpft. Allein im nächsten Monat wird es 12 Millionen weitere Erstimpfungen geben.

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben den Menschen in den vergangenen Wochen und Monaten wahnsinnig viel zugemutet:

(Karsten Hilse [AfD]: Ein ganzes Jahr!)

den Selbstständigen, die über Monate zur Arbeitslosigkeit verdammt sind – manche zumindest –, den Familien, gerade Alleinerziehenden, die neben der Arbeit quasi den Job des Lehrers oder der Kindergärtnerin übernommen haben. Es ist verständlich, dass die Menschen erschöpft sind und dass auch die Nerven blankliegen.

(Karsten Hilse [AfD]: Die haben einfach die Nase voll von Ihnen!)

Die Pandemie ist ein Langstreckenlauf. Wir sind ein Jahr unterwegs.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Sie sind in die falsche Richtung gerannt! Das ist das Problem!)

Meine Bitte an die Bürgerinnen und Bürger: Lasst uns jetzt nicht aufgeben! Das Ziel kann man schon sehen. Wir sind 39 Kilometer gelaufen. Die letzten 3 Kilometer schaffen wir auch noch gemeinsam.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Bis wann denn? – Karsten Hilse [AfD]: Das sind Durchhalteparolen wie in der DDR!)

Es wäre vollkommen verantwortungslos, jetzt aufzugeben und das Virus wüten zu lassen.

Wir sollten einfach mal zurückdenken, was im Dezember gewesen ist. In der Region, aus der ich komme, aber auch in vielen anderen Regionen war es doch im Dezember so, dass die Betten auf den Intensivstationen voll waren. Wir mussten Patienten verlegen. In Sachsen hat es noch nicht mal gereicht, die Patienten in Krankenhäuser in den umliegenden Bundesländern zu verlegen. Wir mussten sie wegfliegen, bis an die Ostsee. Das war die Situation im Dezember. Wir sind das Land mit den meisten Intensivplätzen auf der ganzen Welt, aber auch wir kommen an Grenzen. Deswegen ist es wichtig, dass wir vorbauen.

(Jörn König [AfD]: Sie haben doch sogar Krankenhäuser geschlossen!)

Wir haben gesehen, dass die Maßnahmen etwas gebracht haben. Nach dem Lockdown im Dezember ist die Zahl der Fälle auf ein Drittel gesunken. Die Maßnahmen haben also gewirkt.

(Karsten Hilse [AfD]: Die Maßnahmen haben gewirkt? So ein Unsinn!)

Wir ernten mittlerweile auch die ersten Früchte. Ich denke dabei an unsere Altenheime,

(Jörn König [AfD]: Die Altenheime, in denen Geimpfte in ihren Zimmern isoliert werden?)

wo die Heimbewohner mittlerweile durchgeimpft sind, wo Besuche wieder möglich sind, wo die Sterberate deutlich gesunken ist. Das sind doch Erfolge, über die wir uns freuen können.

Wir haben zum Beispiel in der vergangenen Woche Modellprojekte erlebt – ob beim Fußball, ob in der Oper –, und es werden weitere Modellprojekte dazukommen, so zum Beispiel in meiner Heimat im Erzgebirge. Ich bin ja der Vertreter von Deutschlands höchstgelegener Stadt, Oberwiesenthal. Da haben die Hoteliers das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen. Sie wollen Urlaub über Ostern ermöglichen und ein Modellprojekt auf den Weg bringen – „Covid.Ex“ heißt es –, wo also die Anreisenden im Vorfeld getestet werden und wo man dann auch während des Urlaubs testet, damit ein normales Leben wieder möglich wird. Wir sammeln hier jetzt Erfahrungen. Wir lernen daraus, wie der Weg aus der Pandemie aussehen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Mitbürger, lassen Sie uns die Zähne zusammenbeißen. Wir laufen einen Marathon gegen eine Pandemie. Wir haben zwölf Monate erfolgreich gekämpft. Wir sind dem Tod davongelaufen.

(Karsten Hilse [AfD]: Ich bin echt in der DDR! Was soll denn das?)

Wir haben die niedrigsten Sterberaten in den Ländern der zivilisierten Welt. Das ist ein großer Erfolg, den wir uns hart erarbeitet haben: dass wir weniger Sterbefälle haben im Vergleich zu anderen Ländern. Jetzt darf uns die Puste nicht ausgehen. Wir brauchen Durchhaltewillen. Wir brauchen mehr Testungen. Wir brauchen mehr Impfungen. Wir brauchen mehr kreative Ideen, um das normale Leben zu ermöglichen, ohne das Ansteckungsrisiko zu erhöhen. Lassen Sie uns durchhalten! Wir bekommen das gemeinsam hin!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Durchhalteparolen bis zum Umfallen!)