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Dr. Andreas Lenz: Wir dürfen beim Klimaschutz die europäische und die globale Dimension nicht vergessen

Rede zum Klimaschutz

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute zwei Anträge der Grünen. Es ist eigentlich fast wie in der letzten Legislatur. Ich bitte die Grünen schon, einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Bandbreite der Meinungen wesentlich verbreitert hat.

(Johann Saathoff [SPD]: Das kann man wohl sagen!)

Das sollte aus meiner Sicht natürlich dazu beitragen, dass man bei den Zwischenrufen ein bisschen vorsichtiger sein und die Sache in den Mittelpunkt stellen sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht zum einen um die Klimaschutzziele, und zum anderen geht es um den Ausbau der Onshorewindenergie, also um die Windkraft an Land. Eines muss ich schon einmal deutlich sagen: Entgegen sämtlichen Befürchtungen während der gesamten letzten Legislatur haben wir zwischen 2014 und 2017 den stärksten Ausbau der Windkraft seit jeher erlebt.

Thema Klimaschutz: Man könnte glauben, dass Sie die Sondierungsvereinbarung nicht gelesen haben.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Doch!)

Hier bekennt man sich ausdrücklich zum Klimaschutz. Dass bis zur Erreichung des Ziels 2020 noch eine Lücke besteht, ist bekannt. Diese wird schnellstmöglich geschlossen werden.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Badum?

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Natürlich, gerne.

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Dr. Lenz, ziehen Sie in Erwägung, dass der Ausbau-Boom in Bayern in den letzten Jahren vielleicht etwas damit zu tun hatte, dass zum einen viele Hersteller versucht haben, noch vor Inkrafttreten der 10‑H-Regelung ihre Windkraftwerke zu bauen, und dass zum anderen versucht wurde, die Vergütung noch vor Beginn der Ausschreibung zu bekommen? Könnte dieser Boom damit zusammenhängen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Werte Kollegin, wenn Sie sich die Zahlen anschauen, sehen Sie: Diese sprechen eine andere Sprache. Das EEG 2014 sieht einen jährlichen Zubau für Photovoltaik in Höhe von 2,5 Gigawatt vor. Wir haben im letzten Jahr unter dem Regime von Ausschreibungen circa 6 Gigawatt ausgeschrieben bzw. bewilligt. Das spricht eigentlich gegen Ihre Argumentation.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 6 Gigawatt ausgeschrieben? Nein!)

Der Anteil der bayerischen Windkraftwerke an der Gesamtzahl ist verschwindend gering, selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass es hier Vorzieheffekte gab.

(Beifall des Abg. Thomas Bareiß [CDU/CSU])

Beim Klimaschutz sind, wie gesagt, die langfristigen Ziele umso wichtiger. Diesbezüglich wird sich klar positioniert, sodass die 2030-Ziele, aber auch die 2050-Ziele gelten. Erstmalig werden auch die Mittel zur Erreichung der Ziele benannt. Das gab es im Jamaika-Papier übrigens nicht. Natürlich muss gerade die Kohleverstromung zur Minderung der Emissionen beitragen. Es muss uns jedoch klar sein, dass wir früher oder später aus der Kohleverstromung aussteigen werden. Mir ist natürlich lieber, wenn dies früher als später gelingt. Aber natürlich haben wir auch eine Verantwortung gegenüber den Regionen. Wir müssen Perspektiven aufzeigen und die betroffenen Regionen unterstützen. Auch darauf wird im Sondierungspapier Bezug genommen. Wir werden die Menschen in den betroffenen Regionen nicht im Stich lassen.

Darüber hinaus dürfen wir gerade beim Klimaschutz die europäische und die globale Dimension nicht vergessen. Ein einheitlicher CO 2 -Preis auf europäischer Ebene ist nach wie vor das geeignetste Mittel für wirksamen Klimaschutz.

Im zweiten Antrag thematisieren Sie den Ausbau der Windenergie. In Zahlen beläuft sich der Ausbau 2014 auf 4,8 Gigawatt, 2015 auf 3,7 Gigawatt, 2016 auf 4,6 Gigawatt und 2017 wahrscheinlich auf annähernd 6 Gigawatt. Ursprünglich waren 2,5 Gigawatt im Jahr geplant. Zum Vergleich: Die Nennleistung eines Kernkraftwerks beträgt circa 1,5 bis 2,5 Gigawatt. Daran sieht man, was hier letztlich umgesetzt wird.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Kollege Lenz, gestatten Sie eine Zwischenfrage eines Kollegen der AfD?

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Sehr gerne.

Steffen Kotré (AfD):

Sehr geehrter Herr Kollege, ich habe zwei Fragen. Meine erste Frage: Ist Ihnen bekannt, dass es allein aus 2017 400 Studien gibt, die keinen expliziten Zusammenhang zwischen der gestiegenen CO 2 -Konzentration in der Luft und der Erderwärmung herstellen?

(Marianne Schieder [SPD]: Wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute! – Weitere Zurufe von der SPD)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Lassen Sie den Kollegen bitte aussprechen.

Steffen Kotré (AfD):

Meine zweite Frage: Wie soll eine Energiewende stattfinden, wenn die Grundlagen fehlen, zum Beispiel eine ökonomisch sinnvolle Speichertechnologie?

(Beifall bei der AfD)

Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU):

Danke für die Zwischenfrage, die sich auch die Grünen – Thema „Bandbreite der Meinungen“, das ich angesprochen habe – gut anhören sollten.

Zu Ihrer ersten Frage. Wenn man sich die Studienlage zum Klimawandel anschaut, dann stellt man fest – das wissen Sie wahrscheinlich auch –, dass über 90 Prozent der Studien davon ausgehen, dass der Klimawandel wissenschaftlich fundiert begründet ist. Natürlich gibt es auch andere wissenschaftliche Meinungen. Wenn man sich die Studien, die Sie zitiert haben, genauer anschaut, dann sieht man, dass sie meistens von fachfremden Professoren oder Wissenschaftlern erstellt wurden. Das ist im Prinzip auch die Erklärung, warum es eine große Anzahl von gegenteiligen Studien gibt. Aber der Großteil der Wissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigen, geht von der wissenschaftlichen Validierung und Evidenz des Klimawandels aus.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zu Ihrer zweiten Frage. Natürlich haben wir bei den Speichertechnologien und der Sektorkopplung noch Aufgaben zu bewältigen. Die volatilen Erneuerbaren müssen zwischenzeitlich durch flexible fossile Energien, beispielsweise durch kaltstartfähige Gaskraftwerke, ausgeglichen werden. Daran arbeiten wir. In diesem Bereich sind wir gut vorangekommen; das zeigen die letzten vier Jahre. Insofern sind wir auf dem richtigen Weg. Wir haben vieles – auch in der letzten Legislatur – in die richtige Richtung bewegt.

Allerdings sind wir noch nicht am Ende; auch das muss uns allen klar sein. Gerade im Kontext der genannten Zahlen kann aber von einem Abwürgen der Energiewende keine Rede sein kann.

Wir bewegen uns gerade hinsichtlich des Zubaus der Erneuerbaren im Zieldreieck von Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Dazu haben sich im Jamaika-Papier übrigens auch die Grünen bekannt; da war keine eckige Klammer. Das noch einmal zur Erinnerung.

Was die Bezahlbarkeit angeht, tragen beispielsweise die Ausschreibungen, gegen die Sie immer waren, dazu bei, dass sich mittlerweile die Einspeisevergütungen durchschnittlich auf unter 5 Cent pro Kilowattstunde belaufen, 3,82 nämlich bei der letzten Ausschreibung. Das ist auch ein Erfolg von Union und SPD, den wir gemeinsam erreicht haben.

Ebenso ist der Netzausbau notwendig. Es bringt uns nichts, wenn der Strom aus Erneuerbaren dort produziert wird, wo man ihn nicht braucht, gleichzeitig aber annähernd voll vergütet wird. Hier sehen die Sondierungen von Union und SPD ein Netzausbaubeschleunigungsgesetz vor, außerdem Anstrengungen bei der Sektoren­kopplung und auch bei den Speichertechnologien.

Ihnen geht es in dem einen Antrag konkret um eine Regelung aus 2017, für die Sie eigentlich immer waren. Nach dieser Regelung sollten Bürgergesellschaften die Vorlage der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht erbringen müssen. Dies sollte der Förderung der Akteursvielfalt dienen. Da es offensichtlich Missbrauch gab – das zeigen die Zahlen –, haben wir noch im letzten Jahr eine Sonderregelung für die ersten beiden Ausschreibungen 2018 getroffen, die die BImSchG-Genehmigung auch für die Bürgergesellschaften vorsieht.

Nun kann es natürlich sein, dass auch darüber hinaus die Aussetzung der Sonderregelung Sinn macht, dass also auch langfristig die BImSchG-Genehmigungen einzuholen sind. Darüber werden wir im Ausschuss sprechen – die Ausschüsse werden sich in Kürze konstituieren –; das ist eigentlich der Ort, um fachlich konkret und präzise die Detailfragen, die noch zu klären sind, zu erörtern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)