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Paul Ziemiak: Afghanistan braucht eine Perspektive

Rede zur Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Afghanistan-Engagement

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst einmal daran erinnern: Was war eigentlich der Grund, dass wir deutsche Streitkräfte nach Afghanistan geschickt haben? Das war der Verteidigungsfall der NATO nach 9/11. Das ist hier bisher überhaupt noch nicht erwähnt worden. Diejenigen von Ihnen, die damals dabei waren, wissen, wie schwierig diese Debatte auch hier im Deutschen Bundestag war.

Herr Springer, Sie haben in Ihrer Aufzählung zur Situation in Afghanistan alle Probleme angesprochen. Ich habe sogar genickt, als Sie über die Korruption gesprochen haben, über die Sicherheit, über die Frage, welche Perspektiven junge Menschen in so einem Land haben. Das ist alles richtig. Aber wir dürfen hier im Deutschen Bundestag kein Zerrbild zeichnen und sagen, dass die Lage heute schlechter ist als 2001, als wir das erste Mal nach Afghanistan gegangen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist doch der entscheidende Punkt: Wir müssen Probleme benennen und gleichzeitig sagen, was in dieser Zeit alles passiert ist. Thorsten Frei hat das eindrucksvoll gemacht, etwa in der Frage, dass Mädchen zur Schule gehen dürfen, dass die Lebenserwartung um fast zehn Jahre gestiegen ist. Das muss man sich einmal vorstellen – in dieser kurzen Zeit.

Natürlich braucht Afghanistan eine Perspektive. Wir dürfen dieses Land nicht aufgeben, auch weil es in unserem Interesse liegt, uns in Afghanistan zu engagieren. Trotzdem kann kein Abgeordneter, kann kein Deutscher sagen: Das war ein toller Einsatz, das war ein guter Einsatz. – In diesem Einsatz sind Soldaten, Entwicklungshelfer und viele andere gefallen. Deshalb ist es wichtig, darüber zu sprechen: Was ist in diesem Einsatz eigentlich schiefgelaufen? Was hätte man besser machen müssen, damit es sich in diesem Einsatz oder in anderen Einsätzen nicht wiederholt? Aber Sie erwecken den Eindruck, als ob das nicht geschehen würde. Ich meine nicht nur den Fortschrittsbericht oder die Staatssekretärsrunde zu Afghanistan. Sie erwecken den Eindruck, als ob es irgendein Geheimnis im Zusammenhang mit diesem Einsatz gäbe und wir hier gar nicht darüber sprechen wollten. Ich sage Ihnen: Das Gegenteil ist richtig.

Ihr Antrag ist falsch. Eine Enquete-Kommission ist der völlig falsche Weg, um diesen Einsatz zu evaluieren. Was wir machen müssen, ist, Evaluation im Verteidigungsausschuss und auch im Auswärtigen Ausschuss zu betreiben. Aber über das, was in Afghanistan kommen wird, und über das, was in Afghanistan war, müssen wir im Plenum des Deutschen Bundestags sprechen, in aller Öffentlichkeit, vor den Medien und vor den Angehörigen unserer Soldatinnen und Soldaten. Das sind wir ihnen schuldig. Ich will, dass diese Debatte hier stattfindet, mit allen Problemen, die es gab, mit allen Punkten, die Sie benannt haben. Aber die Anträge der Opposition sind falsch. Deswegen lehnen wir sie ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)