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Alexander Radwan: Wir sollten einen Weg finden, wie die Völker Europas mitgenommen werden können

Rede in der aktuellen Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich das aufnehme, was der Kollege Toncar gesagt hat, lassen Sie mich festhalten: Der Angeklagte hat immer das letzte Wort. Zumindest sind unsere Bänke besser gefüllt als die Ihren;

(Christoph Meyer [FDP]: Unsere Position ist ja klar! Klarer als Ihre!)

ich hoffe, dass Sie beim nächsten Mal, wenn Sie eine Aktuelle Stunde beantragen, Ihr Interesse zeigen und in entsprechender Zahl anwesend sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Macron in Berlin, der anstehende Rat im Juni – wenn man hier zuhört, könnte man bei der einen oder anderen Wortmeldung denken, dass alle der Meinung sind, im Juni sei alles beschlossen und durch. Wir wissen genau, dass es in Europa vielfältige Meinungen gibt und dass die deutsche Meinung, die insbesondere in der Unionsfraktion formuliert wurde, keine singuläre ist, sondern dass es auch andere Staaten gibt, die diese unterstützen.

Herrn Hakverdi und auch anderen Rednern der SPD sei gesagt: Wir haben nicht erst seit dieser Legislaturperiode eine gemeinsame Koalition, sondern schon länger. Bisher haben Sie – zu Recht, muss ich betonen – die Politik des früheren Bundesfinanzministers und jetzigen Präsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Schäuble, immer mitgetragen. Das finde ich gut, und dafür bin ich auch dankbar; denn das ist genau der Weg, den wir gemeinsam weitergehen werden. So interpretiere ich auch den Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Diskussion in der letzten Fraktionssitzung – Herr Toncar, Sie haben freundlicherweise darauf Bezug genommen – habe ich einschließlich der Einlassungen der Kanzlerin zu diesem Thema in Bezug auf das Papier, das unter Federführung von Ralph Brinkhaus formuliert wurde, keinen Dissens vernommen. Ich habe mich diesbezüglich auch gerade noch einmal umgehört. Das heißt, das, was Sie in dem Papier gelesen haben, hat letztendlich auch die Kanzlerin in der Fraktion bestätigt. Dafür sind Sie, Herr Toncar, doch sicher dankbar, dass das bestätigt wurde.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Das ist ein Fortschritt!)

– Das ist kein Fortschritt, das ist die konsequente Weiterführung unserer Linie.

Ich sehe im Koalitionsvertrag, auf den ja schon von verschiedenen Seiten Bezug genommen wurde, auch keinen Widerspruch zu dem, was Professor Hirte gesagt hat und was in dem Papier steht. Wenn im Gemeinschaftsrecht die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen wurden, werden wir uns dieses Themas annehmen. Dazu müssen aber die Verträge geändert werden.

(Christian Petry [SPD]: Es ist genau andersrum!)

– Nein, die Verträge müssen genau deswegen geändert werden.

Ich danke Ihnen, dass der Bundesfinanzminister – wir haben in den Koalitionsverhandlungen entsprechend zusammengesessen – die Linie von Wolfgang Schäuble genau fortführen wird. Eine der Voraussetzungen dafür ist, dass, bevor wir in konkrete Verhandlungen, zum Beispiel zur Ausgestaltung von EDIS, eintreten, bestimmte Parameter erfüllt sein müssen, beispielsweise eine signifikante Reduzierung der Risiken und eine Anpassung der Staatsschuldengewichtung. Das alles sind Vorgaben von unserer Seite.

Meine Damen und Herren, wir hatten jetzt auch die Diskussion über großes Europa, kleines Europa, richtiges Europa. Ich schaue mal in diese Runde hier: Zumindest ab hier, also jenseits der AfD, diskutieren wir, wie es in Europa richtig weitergeht. Wir haben eine Gruppierung hier,

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Partei!)

die klipp und klar sagt: Außerhalb Europas wäre es für Deutschland besser.

(Widerspruch bei der AfD)

– Entschuldigen Sie: Reden Sie mit dem – jetzt ist er nicht mehr da –, der bei uns im Finanzausschuss sitzt. Auf meine Nachfrage, ob es denn besser sei für Deutschland, außerhalb Europas zu sein, hat er dezidiert Ja gesagt. Er hat sich zu Wort gemeldet und Ja gesagt. Reden Sie mit Ihrem Kollegen. Das ist derjenige, den Sie immer wieder für Positionen vorschlagen. Das ist die Position, die die AfD im Finanzausschuss vorträgt, meine Damen und Herren. Es ist nicht unsere Position, dass es Deutschland außerhalb Europas bessergeht.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Großteil hier diskutieren wir über den Weg, wie wir Europa besser machen. Da sage ich: Wir sollten einen Weg finden, wie die Völker Europas mitgenommen werden können und nicht gegeneinander aufgebracht werden, einen Weg, der zeigt, dass wir aus den Fehlern gelernt haben. Ein Fehler war, dass bestimmte Regeln nicht eingehalten wurden. Darum halte ich den Vorschlag von Wolfgang Schäuble, den ESM zu einer eigenständigen Institution zu machen, für richtig. Haftung und Risiko müssen in einer Hand bleiben. Solidarität und Eigenverantwortung gehen Hand in Hand und dürfen kein Widerspruch sein.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns weiter über dieses Thema diskutieren, damit dieses Europa eine Zukunft hat. Oft sind, Herr Kindler, kleine Schritte, die die Völker mitgehen, besser als große, mit denen wir die Völker in Europa gegeneinander aufbringen.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)