
„Außenpolitisches Porzellan zerschlagen“
- Tim Peters von der KAS in Kiew und Jürgen Hardt über die Ukraine-Krise
- Ukrainer enttäuscht über mangelnde Unterstützung aus Deutschland
- Leben mit der Bedrohung aus Russland seit acht Jahren
Die Ukraine wird vom Nachbarn Russland massiv bedroht. Die Bedrohung besteht nicht erst seit Kurzem, seit Russland in großem Umfang Truppen an seine Westgrenze entsandt hat, sondern schon seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014. Über die Gefahr an der russisch-ukrainischen Grenze, über den Umgang der Menschen mit dem Konflikt sowie über das Verhältnis des Landes zu den westlichen Partnern sprach der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, mit dem Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kiew, Tim Peters, auf Instagram.
„Besorgte Gelassenheit“
Peters bezeichnete die Stimmung in der ukrainischen Hauptstadt Kiew als „besorgte Gelassenheit“. Natürlich gehe die Kriegsdrohung aus Moskau nicht spurlos an den Menschen vorbei, doch mache sich bemerkbar, dass im Osten der Ukraine bereits seit acht Jahren ein unerklärter Krieg herrsche. Die Regierung versuche ihrerseits, Alarmismus zu vermeiden, wenn sie über die Bedrohung spreche. Denn sie wolle keine Panik schüren, vor allem die Wirtschaft nicht unnötig gefährden. Gleichwohl bemühe sie sich um die Unterstützung der westlichen Partner, um für den Ernstfall gerüstet zu sein.
Dieser Bitte um Unterstützung kommt die NATO nach, allen Mitgliedstaaten voran die USA und Großbritannien. Was die Zurückhaltung Deutschlands bei der Bitte um militärische Hilfe angeht, so sei „eine sehr große Enttäuschung spürbar“, sagte Peters. Die Unterstützung der vergangenen Jahre im zivilen und im wirtschaftlichen Bereich, auf die Jürgen Hardt aufmerksam machte, werde überlagert von der Debatte um Defensivwaffen. Da sei „einiges an außenpolitischem Porzellan zerschlagen worden“, bedauerte der Leiter des KAS-Büros.
Signal der Solidarität erwartet
Die Ukraine warte auf ein „deutliches Signal der Solidarität“ aus Deutschland. Hardt sprach sich dafür aus, dass die Bitte um Lieferung von Defensivwaffen vor dem Hintergrund der einseitigen Eskalation zumindest wohlwollend geprüft werde. Er wünsche sich hier eine klare Haltung der Regierung, betonte er. Peters bemängelte die kommunikative Ungeschicklichkeit der Bundesregierung bei der Ankündigung einer Lieferung von 5.000 Militärhelmen. Diese Vermarktung als Akt der Unterstützung sei als zynisch wahrgenommen worden. Es gebe durchaus Möglichkeiten für Deutschland, seine Unterstützungsbereitschaft zu zeigen, indem man beispielsweise Kommunikationsgeräte für die Streitkräfte liefere.