Jürgen Hardt: "Wir fordern ein Ende der Gewalt gegen friedliche Demonstranten"
Weitere Eskalation der Gewalt in Myanmar stoppen und demokratische Rechte
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mir zwei Vorbemerkungen nicht verkneifen. Es ist gute Tradition dieses Hauses, dass wir wichtige außenpolitische Entwicklungen, insbesondere dann, wenn Menschenrechte in Gefahr sind, wenn gewaltsame Umstürze erfolgen, auch immer zum Gegenstand der Debatten im Deutschen Bundestag machen.
Es ist auch gut, dass der Bundesaußenminister die Gelegenheit hat, hier die Position der Bundesregierung zu diesem Thema darzulegen. Ich habe den Eindruck, dass die versammelten interessierten Kolleginnen und Kollegen es als genauso richtig ansehen, dass wir als Koalition die Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt haben und dass wir sie heute durchführen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
An die Adresse meines Vorredners möchte ich sagen: Ich finde es, offen gesagt, ziemlich absurd, hier über gute und schlechte Diktaturen zu dozieren
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
und dann noch in dieser absolut herrschaftlichen, chauvinistischen Attitüde zu sagen: Demokratie ist ja gar nicht was für alle; die in Asien wissen sowieso nicht, wie man das macht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Lothar Maier [AfD]: Das habe ich mit keinem Wort gesagt!)
Diese Art und Weise des Umgangs mit anderen Völkern und den Rechten – auch den Menschenrechten – anderer Menschen auf der Erde spricht, finde ich, Bände und wirft ein bezeichnendes Licht auf Ihre Partei und Ihre Gesinnung.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marianne Schieder [SPD]: Da weiß man, was man zu erwarten hat! – Dr. Lothar Maier [AfD]: Hören Sie mal richtig zu!)
Ich könnte noch hinzufügen: Ich habe das Gefühl, die AfD betrachtet auch in Deutschland nicht jeden als demokratiefähig: Wenn man nicht glaubt, was Sie erzählen, dann ist man auch kein Demokrat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Vor ziemlich genau zehn Jahren hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel der damaligen Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi die volle Unterstützung Deutschlands bei der Demokratisierung des Landes zugesagt. Das war ein damals vielbeachteter internationaler Akt der Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag hat dann in einer Debatte, die auf Grundlage eines von der damaligen Koalition aus Union und FDP eingebrachten Antrags geführt wurde, festgestellt, dass wir in Myanmar den äußerst seltenen Fall beobachten, dass sich eine Diktatur offenbar aus sich heraus wandelt. Das haben wir damals, 2012, so erhofft und erwartet, und wir hatten in den letzten neun Jahren auch den Eindruck – trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge, die es gegeben hat –, dass dieses Land auf einem guten Weg war.
Das, was Anfang Februar in Myanmar geschehen ist, ist ein derber Rückschlag. Es ist ein kompletter Kurswechsel dieses Landes, auch der Militärführung dieses Landes, die selbst vor zehn Jahren dem Demokratisierungsprozess nicht im Wege gestanden hat.
Wir fordern erstens, dass man das Wahlergebnis anerkennt, das die letzten Parlamentswahlen ergeben haben. Es gibt keine vernünftigen Zweifel daran, dass dieses Ergebnis gerecht ist. Im Übrigen ist auch die Stimmung im Land so, dass die Niederlage der Militärpartei und der große Erfolg der Partei Aung San Suu Kyis und ihrer Unterstützer entsprechend richtig gewesen ist.
Wir fordern ein Ende der Gewalt gegen friedliche Demonstranten. Wir haben große Befürchtungen angesichts der Eskalation der Gewalt, die mittlerweile zu mehreren Dutzend Todesopfern geführt hat und zu der wir leider schreckliche Bilder in den sozialen Netzwerken quasi stündlich beobachten müssen. Ihr muss Einhalt geboten werden, weil sonst die Gefahr besteht, dass das Land insgesamt noch stärker in Gewalt versinkt, als es bereits jetzt der Fall ist, weil Gewalt im Zweifel Gegengewalt provoziert. Das muss unbedingt vermieden werden.
Das Land war 50 Jahre von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der Erde abgeschottet. Es ist seit etwa zehn Jahren auf dem Weg der Öffnung gewesen. Das hat dem Land gutgetan. Das Land hat im Übrigen durch seine geografische Lage und seine Bodenschätze auch ziemlich gute Voraussetzungen, zu einem prosperierenden Partner der Weltökonomie und Weltvölkergemeinschaft zu werden. Die geografische Lage mit der langen Küste zum Indischen Ozean, im Nordosten angrenzend an China, ist nicht nur für China und seine Exportbemühungen, sondern auch für alle anderen, die Richtung China exportieren wollen, durchaus eine gute Perspektive, um einen weiten Seeweg durch die Straße von Malakka zu vermeiden.
Deswegen wird das, was das Militär jetzt gemacht hat, das Land nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich deutlich zurückwerfen. Ich setze darauf, dass die ASEAN vorankommt. Ich glaube aber, dass auch der G-7-Gipfel im Sommer ein klares Zeichen setzen muss und dass Sanktionen der Europäischen Union und Deutschlands gegen einzelne Personen insbesondere dann eine Wirkung entfalten, wenn sie im Schulterschluss der G-7-Nationen durchgeführt werden. Deswegen plädiere ich dafür, dass wir diesen Schulterschluss mit den Demokratien dieser Welt suchen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)