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Alexander Hoffmann: Wir stellen Opferschutz vor Täterschutz

Redebeitrag zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute vorliegen haben, gehen wir – Frau Ministerin, ich glaube, man kann es so sagen – einen gewaltigen Schritt nach vorne. Und ich will ausdrücklich Danke sagen, dass wir jetzt auch das Verbot von Kindersexpuppen in diesen Entwurf aufgenommen haben. Danke, dass Sie sich haben überzeugen lassen – vor einigen Wochen waren wir an dieser Stelle ja noch unterschiedlicher Auffassung – und dass auch Ihre Fraktion sich hat überzeugen lassen.

Kollege Martens, ich war über Ihre Ausführungen zu diesem Thema vorhin durchaus irritiert. Sie sagen: Es gibt keine Studie, die das belegt. – Ich empfehle Ihnen ganz, ganz dringend, sich mit Ermittlern und denjenigen, die in diesem Bereich tätig sind, mal zu unterhalten. Bei den Tätern von Münster, bei den Tätern von Bergisch Gladbach, Kollege Martens, sind mehrere dieser Puppen gefunden worden. Und ganz ehrlich, das hat nichts mehr mit einem freiheitlichen Politikansatz zu tun. Wir tun an dieser Stelle das, was nötig ist, und verbieten diese Kindersexpuppen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben aber – nach Auffassung der Union – bislang maximal die Hälfte des Weges zurückgelegt. Und da bin ich bei dem ersten der drei Punkte, die ich ansprechen möchte:

Erster Punkt. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist heute ein Massenphänomen, das vor allem durch die Möglichkeiten der digitalen Welt erleichtert wird und explosionsartig ansteigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Wahrheit gehört eben auch, dass wir Ermittlungsbehörden brauchen, denen auch in der digitalen Welt wirksame Instrumente zur Verfügung stehen, die eben nicht blind sind. Deswegen ist es richtig – es wurde vorhin schon angesprochen –, dass in diesem Gesetzentwurf die Ermittlungsbefugnisse im Bereich der Telekommunikationsüberwachung, der Onlineüberwachung erweitert werden.

Aber, meine Damen, meine Herren, wir müssen uns ehrlich machen; das gilt auch für die Opposition. Wir sollten auch über den weißen Elefanten im Raum reden, nämlich die Vorratsdatenspeicherung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn zur Wahrheit gehört eben auch, dass uns Ermittler sagen, dass sie diesbezüglich dringend ein Instrument brauchen. Frau Ministerin, auch dafür müssen wir das anstehende parlamentarische Verfahren nutzen. Ich nenne die Zahl noch einmal: Im Jahr 2016 sind über 8 000 Hinweise auf Fälle von Kinderpornografie nicht weiter verfolgt worden, weil Verbindungsdaten gefehlt haben.

(Zuruf der Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir als Union stehen dafür, dass sich kein Täter sicher fühlen darf; wir wollen in diesem Bereich alle Register ziehen, und wir stellen Opferschutz vor Täterschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Baerbock, ich will Sie an dieser Stelle einmal persönlich ansprechen, nicht nur, weil ich Ihre parteipolitischen Ausführungen vorhin als völlig deplatziert empfunden habe, sondern auch, weil Sie bei der Rede des Kollegen Frei tatsächlich die Zwischenbemerkung gemacht haben: Wir tun in diesem Bereich das, was wir tun müssen. – Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Bereich der Bekämpfung von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch tun wir nicht das, was wir tun müssen; vielmehr müssen wir alles tun, was wir tun können, Frau Kollegin!

(Beifall bei der CDU/CSU – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie eigentlich richtig zitieren? Das ist das zweite Mal, dass Sie mich hier falsch zitieren! Das sind Unterstellungen! – Gegenruf des Abg. Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Sie haben sich entlarvt!)

Ich komme zu einem zweiten Punkt. Wir als CSU fordern für Täter im Bereich Kindesmissbrauch, Kinderpornografie den lebenslangen Eintrag ins Bundeszentralregister. Und ich will Ihnen ganz deutlich sagen, dass das für uns keine Stammtischparole ist; denn dafür gibt es Argumente. Wenn Sie sich in diesem Täterspektrum die Rückfallquote anschauen, dann sehen Sie: Die Zahlen sind erschreckend. Ein Sexualstraftäter hat eine einschlägige Rückfallquote von 20 Prozent, und das ist schon hoch. Ein pädophiler Sexualstraftäter hat eine Rückfallquote von 50 Prozent, meine Damen, meine Herren. 50 Prozent! Und deswegen reden wir hier nicht über eine Stigmatisierung, sondern über eine Maßnahme, die notwendig ist;

(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Prävention!)

denn jeder von uns – Großeltern, Eltern – will sicherstellen, dass ein solcher Täter sein ganzes Leben lang nicht mehr mit Kindern zu tun hat, egal ob als Übungsleiter oder als Trainer.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Britta Katharina Dassler [FDP])

Am Ende noch der dritte Punkt. Meine Damen, meine Herren, die Straftaten von Bergisch Gladbach und Münster haben es deutlich gemacht: Wir müssen auch über die Möglichkeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe in extremen Fällen reden. Sie haben es selbst in Ihrer Rede vorhin und im Ausschuss gesagt: Die Strafe muss das Unrecht einer Tat abbilden. – Die Strafrahmen, die das StGB im Moment im vorsieht, bilden den Unrechtsgehalt von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch in der analogen Welt ab. In der digitalen Welt haben wir es mit einer ganz anderen Größenordnung zu tun: massenhafte Verbreitung ohne Rückholbarkeit. Deswegen brauchen wir auch dort entsprechende Möglichkeiten; auch darüber wollen wir als Union im parlamentarischen Verfahren reden. Darauf freuen wir uns.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)