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Albert Stegemann: Deutschland ist sehr gut vorbereitet

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zu den Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Gestatten Sie mir eine Bemerkung: Ich habe mich sehr darüber gefreut, wie die Debatte bisher lief. Sie lief erstaunlich sachlich. Sie hatte allerdings ein paar negative Punkte ganz am Anfang, und ganz zum Schluss wurde es dann auch noch mal etwas schwieriger. Aber in der Mitte habe ich mich sehr über das hohe Maß an Sachlichkeit gefreut. Ich sage das deshalb, weil die Lage tatsächlich ernst ist.

Ich fühle mich in diesen Tagen wirklich an das Buch Hiob aus der Bibel erinnert. Hiob war ein gerechter, ein angesehener Mann. Seine friedfertige Art bescherte ihm ein Leben in Wohlstand und Glück. Der Teufel war jedoch davon überzeugt, die Treue Hiobs zu Gott sei nur mit seinem persönlichen und ökonomischen Erfolg im Leben begründet – Grund genug für Satan, Gott zu einer Wette herauszufordern.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es sollte doch sachlich bleiben!)

Gott willigt ein, und „Top, die Wette gilt!“ Und fortan trudelten die schlechten Nachrichten, die Hiobsbotschaften, ein. – Wer die Geschichte kennt, weiß, dass der Teufel die Wette verloren hat; aber eine schöne Zeit war das für Hiob sicherlich nicht.

Liebe Kollegen, wenn es eine Berufsgruppe gibt, die sich derzeit wie Hiob fühlen muss, dann sind es die Beschäftigten der schweinehaltenden Betriebe in Deutschland. Ich denke dabei zum Beispiel an die Umsetzung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, an die Umsetzung der Düngeverordnung, an die Umsetzung des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration, an den Umgang mit dem dritten Dürrejahr in Folge, an den Umgang mit der Coronapandemie, an den Umgang mit der schwierigen Situation im Bereich der Schlachthöfe, die teilweise mit enormen Kostensteigerungen für die landwirtschaftlichen Betriebe einhergehen wird, und an den Umgang mit einem Verbraucher, der zwar alles oder vieles verlangt, aber an der Supermarktkasse wenig dafür zu geben bereit ist. Und als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, kommt die Afrikanische Schweinepest jetzt noch obendrauf.

Auf der einen Seite kann man sagen, dass Deutschland sehr gut vorbereitet ist. Genau dieser Ernstfall wurde mehrfach geprobt, und ich glaube, dass wir wirklich sehr, sehr gut vorbereitet sind. Wir haben als Regierungskoalition das nationale Recht optimiert und angepasst. So ist es zum Beispiel nun möglich, Betretungsverbote und Ernteverbote zu erlassen, und auch Jagdschneisen können angelegt werden. Alle Werkzeuge liegen derzeit auf dem Tisch, um die weitere Ausbreitung zu verhindern.

An dieser Stelle will ich es dem Minister gleichtun und mich noch einmal bei allen Helferinnen und Helfern bedanken, die – auch in den Behörden – daran mitgearbeitet haben, diese Krise schnell in den Griff zu bekommen. Ich finde aber, dass auch den Jägerinnen und Jägern ein Dank ausgesprochen werden sollte. Es ist gut, dass wir hier wirklich eine verlässliche Truppe an unserer Seite haben. Von hier aus dafür ein ganz herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Susanne Mittag [SPD] und Franziska Gminder [AfD])

Auf der anderen Seite stellt die Hiobsbotschaft „Afrikanische Schweinepest“ für den Fleischmarkt nichts anderes als eine Zäsur dar. Der Importstopp von deutschem Schweinefleisch in für uns wichtige Drittländer belastet den Markt massiv. Hatten wir vor einiger Zeit noch die Situation, dass man für 1 Kilogramm Fleisch 2 Euro bekommen hat, so haben wir coronabedingt, also noch nicht bedingt durch die ASP, ein Abrutschen auf 1,47 Euro gesehen. Jetzt, direkt nach der Meldung des Ausbruchs, sind wir bei 1,27 Euro. Das ist tatsächlich eine ganz schwierige Situation für die Mäster, die teilweise sehr hohe Einstallungskosten bei den Ferkeln hatten. Aber auch die Ferkelerzeuger sind betroffen. 27 Euro – auch das klang gerade schon an – beträgt der derzeitige Preis für ein Ferkelchen in Deutschland. Das kann zu diesem Preis nicht erzeugt werden. Deswegen ist die Situation sehr ernst, und deswegen fragen sich viele Betriebe nicht nur, wie es weitergehen kann, sondern auch, ob es überhaupt weitergehen kann.

Deshalb ist es mir wichtig, für die Unionsfraktion noch mal zu sagen: Wir sehen diese Nöte, und wir nehmen diese Sorgen sehr, sehr ernst. Wir sind dabei, kurz- und langfristige Hilfen zu erarbeiten. Kurzfristig können finanzielle Hilfen sicherlich immer ein Baustein im Mosaik der Hilfen sein. Aber ich glaube, dass es jetzt erst mal wichtig ist, das Regionalisierungsprinzip, das wir Gott sei Dank – das hat auch die Ministerin richtigerweise angesprochen – europaweit anwenden können, auch auf den internationalen Märkten durchzusetzen.

Aber auch die Differenzierung zwischen Haus- und Wildschwein ist wichtig. In Deutschland ist es ja nicht so wie in anderen Regionen der Welt, dass Haus- und Wildschwein permanent in Kontakt kommen, sondern das Wildschwein ist ein Wildtier, und unser Haustierbestand ist gut abgeschottet. Das findet, wenn wir uns mit den Botschaften auseinandersetzen, seuchentechnisch leider keine Berücksichtigung. Das muss aber unbedingt Berücksichtigung finden.

Was mir auch noch wichtig ist, ist, dass unsere Landwirte endlich eine Perspektive bekommen müssen. Deswegen appelliere ich wirklich an uns alle, auch an die anderen Fraktionen, endlich ein Zukunftspaket Landwirtschaft zu schnüren. Wir müssen die Vorschläge der Borchert-Kommission jetzt endlich konsequent in Gänze umsetzen. Das heißt, dass es eben auch einen finanziellen Anreiz für die Landwirte geben muss, Investitionen zu tätigen.

Außerdem müssen wir beim Bau- und Immissionsschutzrecht endlich durchgreifen und für Erleichterung sorgen. Da haben wir wirklich ganz große Baustellen. Die Landwirte wollen Tierwohl umsetzen, können es aber nicht.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege Stegemann, die Zeit ist um.

 

Albert Stegemann (CDU/CSU):

Gut. – Deswegen appelliere ich noch mal an alle Bremser und an alle Blockierer, vielleicht auch in Richtung des Bundesumweltministeriums, die Widerstände endlich aufzugeben. Lasst uns nach vorne blicken und den Landwirten wieder eine Perspektive geben!

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)