Dr. Silke Launert: Wir wollen die Rahmenbedingungen schaffen, damit ein Kind gesund aufwachsen kann
Redebeitrag zu Kinderrechten in und nach der Corona-Krise
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwei Dinge hatten wir, die unsere Kindheit zu dem machten, was sie war: Geborgenheit und Freiheit. – In diesem eindrücklichen Satz benennt die berühmte Kinderbuchautorin Astrid Lindgren die zwei wohl wichtigsten Säulen für ein glückliches Aufwachsen. Die eine Säule ist Geborgenheit, ein sicheres Netz, das Wärme und Schutz vermittelt, und die andere Säule ist Freiheit, Freiheit, sich auszuprobieren und die eigene Persönlichkeit zu entwickeln als Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben.
Das Thema Freiheit bzw. vielmehr deren Beschränkung nimmt aufgrund der Coronakrise auch in der heutigen Debatte einen zentralen Raum ein; denn Kinder wie auch Erwachsene waren massiven Beschränkungen ausgesetzt. Sie durften nicht mit ihren Freunden, nicht mal in der Nachbarschaft, spielen. Sie durften nicht in die Schule oder Kita, nicht zu ihrem Fußballverein, nicht zu Oma und Opa, bzw. diese durften nicht einmal kommen. Was für Erwachsene schon schwer verständlich war, war umso schwerer den Kindern zu vermitteln. Ja, wir haben den Kindern viel abverlangt, und es war nicht immer leicht. Die meisten von uns, insbesondere die, die im Familienbereich tätig sind, haben ja selbst Kinder und haben live miterlebt, wie das war; es war nicht leicht für die Eltern.
Aber man muss auch sehen: Wir haben das doch nicht gemacht, um den Kindern zu schaden; ganz im Gegenteil. Der Gesundheitsschutz diente auch den Familien. Das konsequente Handeln, das am Anfang vor Ort da war, hat uns geholfen, dass wir besser als andere aus der Krise gekommen sind; ich glaube, das zeigt der Vergleich zu Schweden.
Es ist auch nicht wahr, dass – ich habe es schon öfters in den Medien gehört, auch hier in der Debatte – der Kinderschutz und das Recht der Kinder auf Bildung keine Rolle gespielt haben. Es gab keine Telefonkonferenz mit der Ministerin, in der wir nicht darüber geredet haben: Wie können wir die Kinder wieder in die Kitas bringen, damit sie Bildung haben? Ist es vertretbar oder nicht? Es gab keine CSU-Parteivorstandssitzung, in der nicht intensiv darüber diskutiert wurde, und auch keine Sitzung der Familien-AG der Union, in der übrigens fast alle im Homeoffice gearbeitet und ihre kleinen Kinder selbst betreut haben, sie also die Situation genau wie all die anderen Eltern erlebt haben.
Es ist nicht wahr, dass wir uns keine Gedanken gemacht haben; das haben wir. Es war eine sehr, sehr schwierige Abwägung, und es ist uns allen schwergefallen. Es ist schade, dass man jetzt eher aus parteipolitischen Gründen so tut, als hätten wir uns keine Gedanken gemacht. Warum kann ich das sagen? Weil man den Familien nicht das Richtige sagt, weil man ihnen Sand in die Augen streut. Das führt dazu, dass sich Familien von der Politik verraten fühlen und dann letztlich zu Extremen tendieren, was nicht richtig ist; denn sie waren immer Teil unserer Diskussion und Abwägung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und auch als wir bei den einzelnen Maßnahmen entschieden haben, dass die Einrichtungen zubleiben, am Anfang noch die Spielplätze, haben wir gefragt: Wie können wir unterstützen? Es gab ganz viele Vorschläge, und davon ist auch schon viel umgesetzt worden. Zum Beispiel ist im Infektionsschutzgesetz eine Entschädigungsleistung vorgesehen für Eltern, die sich ihren Kindern widmen und deshalb nicht arbeiten können. Wir haben das Elterngeld reformiert, einen erleichterten Zugang zum Kinderzuschlag. Wir haben im Konjunkturpaket jetzt noch mal die Gelder für die Kinderbetreuung aufgestockt. Bei der Ganztagsbetreuung – wir werden ja bald sehen, wie es läuft; der erste Teil ist ja schon erfolgt – machen wir uns Gedanken. Wir haben im Konjunkturpaket den Kinderbonus.
Also: Es gibt ohne Ende Maßnahmen. Selbst beim ganz normalen Kurzarbeitergeld ist der Satz für Familien erhöht worden; ich will gar nicht verfassungsrechtlich darüber diskutieren. Ich freue mich natürlich, weil ich sehe, dass die Familien das Geld wirklich brauchen. Dass wir da nichts gemacht haben, ist also nicht richtig. Ja, auch die Defizite im Zusammenhang mit der Schule und der Digitalisierung sind uns bewusst geworden, und wir versuchen, zu handeln und Pakete zu schnüren.
Ich habe mich besonders über die Verdopplung des Freibetrags für Alleinerziehende gefreut und darüber, dass die CSU nicht nachgegeben hat. Denn es ist essenziell, dass genau die, die voll arbeiten, etwas vom Freibetrag haben; das sind nämlich die, die Steuern zahlen, die sich aufgeopfert haben, die Kinder komplett allein betreuen und von morgens bis abends arbeiten mussten. Das ist genau das richtige Signal; auch da haben wir was gemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich kann nicht verstehen, wie man im Ernst sagen kann: Ihr habt die Kinder in dieser Diskussion vergessen. – Haben wir nicht; wir hatten sie jeden Tag auf dem Schirm. Ich kann Ihnen sagen: Bei all den guten Vorschlägen, die immer wieder kommen – ob man jetzt einen Kindergipfel macht oder nicht; das ist für mich mehr Show als Realpolitik; aber man kann immer solche Gipfel machen; es schadet ja nicht –, werden wir mit diesen Schritten weitermachen.
Sie haben schon gehört – es ist von meinen Vorrednern aus der Koalition angesprochen worden –, was weiter geregelt wird. Ich freue mich jetzt wirklich auf die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, die dringend – dringend! – erforderlich ist und die auch schon vor Corona erforderlich war. Das hat nichts mit der Coronakrise zu tun; das hatten wir bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Denn es ist einfach wichtig, dass die Familien wissen: Es ist nicht so, dass die Politik nicht zuhört und sich nicht für sie interessiert. Übrigens: Die Politik – das sind auch alles Familien.
Wir wollen die Rahmenbedingungen schaffen, damit ein Kind gesund aufwachsen kann und dass es die beiden Sachen hat, die es wirklich braucht: Geborgenheit und Freiheit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)