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Thorsten Frei: "Etwas Gutes für unser Land erreicht"

Rede zum Asyl- und Aufenthaltsrecht

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute Morgen ein umfangreiches Gesetzespaket – sieben Gesetze, 500 Seiten Gesetzestext –, mit dem wir die Fachkräftezuwanderung nach Deutschland auf eine völlig neue Grundlage stellen und mit dem darüber hinaus geltendes Recht tatsächlich umgesetzt wird, und zwar für diejenigen, die in Deutschland ohne eine Bleibeperspektive sind. Deshalb ist dieses Gesetz und das gesamte Paket, das wir heute Vormittag beraten, ein großer Erfolg für die Koalition, und zwar für alle drei sie tragenden Parteien, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist in der Tat so, wie es der Bundesinnenminister gesagt hat: Dieses Paket muss zusammengelesen werden. Man muss beides zusammendenken. Die Regelungen, um Menschen, die mit Kompetenz und Leistungsbereitschaft dieses Land gemeinsam mit uns voranbringen möchten, Möglichkeiten zur Einwanderung in den Arbeitsmarkt zu eröffnen, und gleichzeitig die Regelungen, um die Menschen, die nicht schutzbedürftig sind und auch keine Bleibeperspektive haben, zeitnah wieder außer Landes zu bringen, gehören zusammen. Das ist eine schlüssige und in sich konsistente Einwanderungspolitik. Dafür steht diese Koalition, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen haben wir entschieden, uns zu überlegen, wie wir die richtigen Grundlagen dafür schaffen können, dass auch Menschen von außerhalb Europas in unseren Arbeitsmarkt einwandern.

Wir sind uns auch einig, dass wir dort mehr Härte brauchen, wo diejenigen, die nicht schutzbedürftig und nicht bleibeberechtigt sind, außer Landes müssen. Das beginnt schon bei der Einreise nach Deutschland. Darauf sind wir bisher kaum eingegangen. Da geht es beispielsweise darum, dass dem Asylrecht in Europa jedenfalls eine Erkenntnis zugrunde liegt: Es gibt kein Recht, in dem Land Asyl zu beantragen, wo man es gerade möchte; vielmehr macht man das dort, wo man das erste Mal europäischen Boden betreten hat.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

Trotzdem haben wir allein im vergangenen Jahr 55 000 Dublin-Ersuche gehabt. Das heißt, ein Drittel der eröffneten Asylverfahren betraf Personen, die bereits in einem anderen europäischen Staat einen Asylantrag gestellt haben oder sogar bereits einen Schutzstatus hatten.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele sind von den Verwaltungsgerichten bestätigt worden?)

Deshalb ist es nur konsequent, dass wir hier handeln, dass wir denen, die rechtswidrig bei uns um Asyl gebeten haben, abgesenkte Leistungen zumuten, und dass wir denen, die bereits einen Schutzstatus in einem anderen Land haben, im Prinzip nichts mehr geben, bis auf die Rückfahrkarte. Damit begrenzen wir Binnenmigration in Europa, und das ist auch absolut notwendig.

(Beifall bei der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: Sie streichen auch die Leistungen für Kinder! Das ist unglaublich!)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Frei, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Sehr gerne, Herr Präsident.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Bitte sehr, Frau Kollegin Bayram.

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege, Sie haben jetzt gesagt, dass Sie Menschen, von denen Sie annehmen, dass sie nicht schutzbedürftig sind, nichts mehr geben wollen, außer einer Rückfahrkarte. Das heißt, Sie sind sich sehr wohl dessen bewusst, dass Sie mit Verabschiedung des Gesetzentwurfs, den wir jetzt beraten, und des ganzen Pakets an Vorlagen Kinder, Familien aushungern, einknasten,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

nur damit Sie Ihr Ziel erreichen, dass die Menschen Deutschland verlassen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist eine Hetze sondergleichen! Unglaublich!)

Da stelle ich mir und auch Ihnen als Christdemokrat schon die Frage: Können Sie so was verantworten, und wie erklären Sie es eigentlich den Menschen?

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Grüne Hetze! – Jürgen Braun [AfD]: Es lebe der Linksextremismus bei den Grünen!)

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Um ganz ehrlich zu sein, Frau Kollegin: Ich weiß wirklich nicht, wie man so einen Schwachsinn, den Sie hier geäußert haben, begründen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Niema Movassat [DIE LINKE]: Dann lesen Sie einmal Ihr eigenes Gesetz! Unglaublich! Sie kennen nicht einmal das Gesetz, das Sie einbringen!)

Da fallen mir keine Worte ein. In anderen Debatten reden wir hier im Deutschen Bundestag darüber, dass wir mehr europäische Zusammenarbeit und mehr europäische Integration brauchen. In diesem Fall ist es so, dass es um Menschen geht, die in einem der anderen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union Asylrecht bekommen haben.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

Sie haben nicht das Recht, nach Deutschland oder in irgendein anderes europäisches Land weiterzureisen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Niema Movassat [DIE LINKE]: Sondern dann hungern Sie sie aus!)

Deshalb setzen wir geltendes Recht durch, und deshalb bringen wir diese Menschen dorthin zurück, wo sie sicher sind.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: In Italien und Ungarn sind sie sicher?)

Eines ist klar: Diese Menschen sind sicher vor Verfolgung, und sie haben kein Recht darauf, sich das Land auszusuchen, das sie gerne hätten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Insofern setzen wir geltendes Recht um, und wir verstoßen nicht etwa gegen Europarecht oder sonst etwas.

Als wichtige Voraussetzung, um dies zu erreichen, setzen wir auf eine klare Trennung von Asyl und Arbeitsmigration. Deswegen haben wir beispielsweise in das Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz und das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung klare Stichtagsregelungen aufgenommen, womit wir verhindern, dass es zu Pull-Faktoren und zu Anreizen für die Zukunft kommt. Das haben wir in diesem Gesetzespaket mitbedacht, und deshalb ist es ein gutes.

(Beifall der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])

Ich will außerdem darauf hinweisen, dass wir auch an das Ende der Asylverfahren herangehen. Da geht es darum, dass wir beispielsweise zwischen denen unterscheiden, die hier eine Duldung bekommen, weil sie unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert sind, und denen, die ihre Rückführung verhindern. Für Letztere schaffen wir ein neues Rechtsinstitut – „Duldung mit ungeklärter Identität“ –, womit wir diejenigen ansprechen, die tricksen, täuschen, die Identitätstäuscher, Mitwirkungsverweigerer sind, die glauben, dem deutschen Staat auf der Nase herumtanzen zu können.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Die sprechen Sie nur an! Das ist alles!)

Die nehmen wir uns vor, und die müssen dafür auch Konsequenzen tragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Tragen sie aber nicht! Das sind keine Lösungen! – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verzerren die Realität!)

Das ist eine deutliche Verbesserung, die wir insbesondere im parlamentarischen Verfahren erreicht haben.

Ein weiterer Punkt ist: Ausreisepflicht muss auch durchgesetzt werden. Das gewährleisten wir mit dem Ausreisegewahrsam. Daher ist es ein großer Vorteil, dass im Gesetz klar stehen wird, dass es dafür der Fluchtgefahr nicht bedarf. Es ist richtig, dass man die Prognoseentscheidung der Gerichte so eingeschränkt hat, dass klar ist: Wer den Ausreisetermin um 30 Tage verpasst, der hat die materiellen Voraussetzungen für den Ausreisegewahrsam erfüllt. Das ist ein effektiver Fortschritt.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Die kriegen Sie doch gar nicht!)

Damit verbunden haben wir weitere wichtige Dinge erreicht, etwa das Betretensrecht der Polizei bundeseinheitlich zu regeln. Dieses Recht gibt es in Bayern, in Baden-Württemberg, während Berliner Polizeibeamte riskieren, eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zu bekommen – weil sie geltendes Recht durchsetzen wollen. Das ist doch absurd, und damit räumen wir mit diesem Gesetzespaket auf.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn die Polizei einen Ausreisepflichtigen zum Richter bringen möchte, dann muss er auch mitgehen. Dafür haben wir als Ergebnis des parlamentarischen Verfahrens eine entsprechende Regelung ins Gesetz gebracht. Damit wird nichts anderes erreicht, als dass das Ganze rund wird, damit wird nichts anderes erreicht, als dass wir geltendes Recht auch durchsetzen – darum geht es –, und das erwarten die Menschen auch völlig zu Recht von uns.

Ich bin davon überzeugt: Es ist in der Tat nicht der kleinste gemeinsame Nenner, der uns hier verbindet, sondern es ist etwas, hinter dem man wirklich stehen kann. Ich schließe mich dem Dank an die beteiligten Ministerien an. Ich danke dem Bundesinnenminister, dem Bundesminister für Arbeit und Soziales und ausdrücklich auch Ihnen, liebe Frau Högl, und der SPD-Bundestagsfraktion, weil wir ein sehr, sehr konstruktives Verfahren hatten und am Ende, von den gemeinsamen Zielen geleitet, etwas Gutes für unser Land erreicht haben. Darauf dürfen wir stolz sein. Das ist ein echter Beweis der Handlungsfähigkeit dieser Koalition, und genau so sollten wir weitermachen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)