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Enak Ferlemann: Wir haben eine sehr starke Fokussierung auf den Schienenbereich

Rede zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich

Sehr geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen hiermit einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Planungsverfahren im Verkehrsbereich vor. Warum haben wir das gemacht? Deutschland ist Exportweltmeister. Mit einem Anteil an der Weltbevölkerung von knapp über 1 Prozent haben wir in diesem Land eine Wirtschaft aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Wir sind das große Exportland in der Welt. Im Verhältnis zu unserer Bevölkerung produzieren wir eine Riesenwarenmenge und bringen sie über den Export in alle Welt, importieren dafür Rohstoffe oder Teilfertigprodukte.

Zugleich sind wir auch Logistikweltmeister. Darauf sind wir besonders stolz. Das heißt, die logistischen Prozesse in Deutschland sind besonders gut organisiert, besonders effizient und besonders wirtschaftsnah. Aber dafür braucht man eine sehr gute und leistungsfähige Infrastruktur.

Wir haben das sehr genau analysiert. Ich bin sehr dankbar, dass der Deutsche Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode mit einer übergroßen Mehrheit festgestellt hat, dass die Analysen richtig sind, die wir dazu gemacht haben, wie sich die globalen Warenströme entwickeln werden, wie sich die Handelsströme entwickeln werden und daraus folgend: Was brauchen wir an Verkehrsinfrastruktur, um dieses Volumen abwickeln zu können?

Wir haben dann einen darauf fußenden Bundesverkehrswegeplan vorgelegt, der die Antworten auf genau die Fragen gibt: Was müssen wir investieren in die Wasserstraßen, in die Schienenwege, in die Straßen? Wie schaut es mit dem Luftverkehr aus? Welche anderen Infrastrukturen brauchen wir in diesem Land? – Nachdem Sie diesen Plan sozusagen bewilligt haben, indem Sie Ausbaugesetze dazu beschlossen haben, haben wir gesagt: Jetzt brauchen wir ausreichend Geld, um diese Maßnahmen auch umsetzen zu können. – Dazu hat der Deutsche Bundestag in einer, wie ich finde, einmaligen Aktion, festgelegt: 270 Milliarden Euro darf das Bundesverkehrsministerium bis zum Jahr 2030 ausgeben, um all die Maßnahmen, die dort enumerativ aufgelistet sind, umsetzen zu können. Man kann also sagen: Wir haben einen sehr guten Plan, und wir haben ausreichend Geld.

Dann sind wir auf das nächste Problem gestoßen, nämlich dass wir gar nicht genug Planer haben, die das umsetzen können, und dass die Planverfahren in Deutschland viel zu kompliziert sind, viel zu komplex geworden sind, um diese Maßnahmen zeitnah umsetzen zu können. Deswegen haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir im bestehenden System die Planungen beschleunigen können. Das Ergebnis sehen Sie heute an dem, was wir Ihnen vorgelegt haben. Nun muss man zugeben: Das beinhaltet das, was wir im bestehenden Rechtssystem machen konnten. Wir haben eine sehr starke Fokussierung auf den Schienenbereich. Wir haben zum Beispiel die Konzentration auf das Eisenbahn-Bundesamt als Anhörbehörde – statt 37 Behörden, die derzeit in Deutschland dafür zuständig sind.

Mit Blick auf die Planungsbeschleunigung insbesondere bei Schienenstrecken haben wir gesagt: Wir wollen nur noch eine Gerichtsinstanz, nur noch die Direktvorlage zum Bundesverwaltungsgericht. Auch das beschleunigt enorm.

Enthalten ist auch, dass wir gern mehr Plangenehmigungen machen wollen. Wie Sie wissen: „Planfeststellungsverfahren“ ist in Deutschland zum Teil schon zum Unwort geworden: viel zu lang, viel zu kompliziert. Wir können mit der Plangenehmigung wesentlich schneller sein, vor allem wenn es um Ersatzneubauten geht. Auch das finden Sie in dem Gesetzentwurf wieder.

Wir haben für mehr Transparenz gesorgt. Heute können und müssen alle Planungen ins Internet gestellt werden, sodass sich die Bürgerinnen und Bürger, die bei manchen Projekten durchaus kritisch sind, genau informieren können: In welchem Planungsstand befindet man sich? Wie weit sind die Planungsbehörden? Was kommt auf uns zu? Wo kann ich mich gegebenenfalls mit guten Vorschlägen zur Verbesserung beteiligen?

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ha, ha, ha!)

Es ist eine Fülle weiterer Punkte enthalten. All das wird dazu führen, dass wir wesentlich effizienter und effektiver planen können, um mit weniger Planern mehr auf die Straße, auf die Schiene oder auf die Wasserstraße bringen zu können. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das wird nicht reichen. Da freue ich mich auf eine sehr intensive Beratung zu diesem Gesetz. Ich habe gesehen, dass der Verkehrsausschuss in dieser Woche bereits eine Anhörung beschlossen hat. Da werden wir sicher viele Vorschläge bekommen. Ob die rechtlich funktionieren oder nicht, wird dann eine Frage der Beurteilung nach den Anhörungen und der Beratung in den Ausschüssen sein.

Ich glaube, dass wir mit diesem Gesetzentwurf eine gute Grundlage gelegt haben, mit der wir auch durch den Bundesrat kommen – dieses Gesetz ist im Bundesrat ja zustimmungsbedürftig –, sodass wir ab dem 1. Januar nächsten Jahres bei vielen Verfahren wirklich deutlich schneller sein können.

Ich sage allerdings ganz ehrlich: Es ist nicht das Ende der Kette, und es ist auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben zur Machbarkeit eines Maßnahmegesetzes. Es geht darum, dass wir eine Maßnahme direkt mit einem Gesetzgebungsverfahren machen können – sehr ähnlich wie unsere Kollegen in Dänemark das machen, die hier durchaus ein Vorbild sind, die relativ schnell, relativ transparent, aber auch relativ gut Planverfahren durchziehen können, und zwar in einer viel kürzeren Zeit, als wir das in Deutschland gewohnt sind, ohne Abbau von irgendwelchen Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechten.

Wir werden uns genau ansehen müssen, ob wir nicht auch im Umweltbereich – der ist in diesem Gesetz nicht angesprochen – einige Verbesserungsmaßnahmen durchführen können. Was wir bei vielen Maßnahmen feststellen, ist ja, dass es Umweltschützer gibt, die sich wirklich engagiert für die Natur und die Landschaft einsetzen. Und jede Infrastrukturmaßnahme greift ja in Natur und Landschaft ein. Das ist gut und das ist richtig so. Es muss eine Lobby für die Umwelt in Deutschland geben.

(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind wir!)

Das begrüßen wir außerordentlich.

Wenn aber von Gegnern des Projektes der Umweltschutz nicht in erster Linie zum Schutz der Umwelt genutzt wird, sondern um das Projekt zu verhindern, dann stimmt etwas im System nicht. Dann müssen wir die Umweltbelange wieder auf das notwendige Maß zurückführen, aber das Verfahren so gestalten, dass man die Umweltpolitik nicht dazu nutzen kann, das Verfahren auszuhebeln.

Wir werden uns die Dinge genau angucken: mit Blick auf die Wasserrahmenrichtlinie, die Beteiligungen im Umweltbereich, die Durchgriffsmöglichkeit des Umweltrechtes, den Artenschutz und all die Fragen, mit denen wir uns tagtäglich beschäftigen. Es kann nicht richtig sein, dass Verkehrsplaner zu Hobbyornithologen werden und dass eine Strecke nicht mehr gebaut werden kann, nur weil ein bestimmter Vogel gefunden wird. Dann muss man Lösungen finden, wie man der Natur zu ihrem Recht verhilft, aber gleichzeitig Infrastruktur schaffen kann.

Die Antworten auf diese Fragen gibt dieser Gesetzentwurf logischerweise noch nicht. Es wird eine weitere intensive Beratung geben. Ich glaube, dass das bei den Anhörungen deutlich rauskommen wird. Wir werden Vorschläge machen, wie wir mit Maßnahmegesetzen bestimmte Projekte direkt im Deutschen Bundestag behandeln und beraten können, um noch schneller große Projekte in der Infrastruktur durchzubekommen.

Aber für den heutigen Tag ist dies erst mal ein erster guter Aufschlag, ein guter Anfang, um die guten Planungen, die guten Ideen, die wir haben, das viele Geld, das wir von Ihnen bekommen haben, möglichst effizient und schnell umsetzen zu können. Deswegen bitte ich um intensive Beratung und Unterstützung zu diesem Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)