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Alexander Hoffmann

Alexander Hoffmann: Rechtspolitik ist mittlerweile auch Gesellschaftspolitik

Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 07 - Recht und Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, die zwei Besonderheiten des Einzelplans 07 sind angeklungen: Zum einen ist es der kleinste Etat mit gerade einmal mit 782 Millionen Euro, aber dieser Umfang darf keinen Rückschluss zulassen auf die Bedeutung dieses Themenfeldes. Ich glaube, dass die heutige Debatte sehr deutlich gemacht hat: Rechtspolitik ist mittlerweile auch Gesellschaftspolitik.

Ich will die zweite Besonderheit gleich anfügen: Es ist – auch das ist schon angeklungen – der Einzelplan mit dem höchsten Eigendeckungsgrad. Den Ausgaben von 782 Millionen Euro stehen Einnahmen durch Gebühren in Höhe von 568 Millionen Euro – geschätzt – für dieses Jahr gegenüber, und die Einnahmen steigen. In 2017 waren es 541 Millionen Euro.

Wenn wir uns fragen, welcher Bereich den größten Beitrag zu diesen Einnahmen leistet, sehen wir: Das ist das Deutsche Patent- und Markenamt. Die Gebühreneinnahmen aus Patentanmelde- und -schutzverfahren beliefen sich in 2017 schon auf 386,5 Millionen Euro, geschätzt für 2018 sind es 410 Millionen Euro.

Wir alle wissen, dass die Zahl der Patentanmelde- und -schutzverfahren steigt. Diejenigen, die in der letzten Ausschusssitzung dabei waren, wissen, worauf ich hinaus will. Wir sollten uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, in den weiteren Beratungen sehr gut überlegen – Frau Ministerin, ich bin froh, dass ich in dieser Frage im Ausschuss bei Ihnen an eine offene Tür geklopft habe –, ob wir gerade beim Deutschen Patent- und Markenamt in diesem Haushalt keinerlei Stellenaufwuchs vornehmen sollten. Wir alle wollen, dass Deutschland Wirtschafts- und Forschungsstandort ist. Dann ist es nicht zeitgemäß, ich will fast sagen: nicht angemessen, wenn Anmelde- oder Schutzverfahren teilweise bis zu sechs Jahre dauern.

Rechtspolitik ist Gesellschaftspolitik. Sie ist aber auch Sicherheitspolitik.

(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist sie nicht!)

Deswegen bin ich froh, dass wir im Koalitionsvertrag als einen Baustein vereinbart haben, dass wir Kinder und Jugendliche im Internet besser vor sexuellen Übergriffen schützen wollen.

(Unruhe)

Wir haben vereinbart, dass wir den untauglichen Versuch – das ist die juristische Formulierung – des Cybergroomings unter Strafe stellen wollen.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Entschuldigung, Herr Kollege. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, könnten Sie bitte etwas leiser sein und dem Kollegen zuhören, damit wir zügig zum Ende kommen?

Alexander Hoffmann (CDU/CSU):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich will für die Zuschauerinnen und Zuschauer kurz erläutern, was sich hinter dem Begriff „Cybergrooming“ verbirgt. Das ist das Anbandeln mit Minderjährigen im Internet zum Zwecke der sexuellen Kontaktaufnahme, sei es das Austauschen von Bildern oder das Verleiten zu irgendwelchen sexuellen Handlungen oder später zu Treffen. Das fand früher, vor der digitalen Zeit, nur in Einzelfällen statt. Der Täter musste sich vor Schulen, vor Kindergärten oder vor Spielplätzen platzieren. Dort war er immer dem Risiko der Entdeckung ausgesetzt. Im digitalen Zeitalter hat sich das geändert. Diese Vorfälle haben wir heute hundertfach in deutschen Kinder- und Jugendzimmern, abends im Internet. Sie alle kennen sicher die mediale Berichterstattung dazu. Da klickt zum Beispiel eine Lisa, zwölf Jahre, auf die Internetseite einer Schülerplattform, und binnen Minuten erhält sie mehrere Kontaktanfragen von Männern, die sie verleiten wollen, Bilder zu schicken oder sich mit ihnen zu treffen.

Die Ermittler haben uns immer gesagt: Wir brauchen einen Ermittlungsansatz. Ein Beamter muss sich am Computer als Lisa, zwölf Jahre, ausgeben können, um die Chance zu haben, im Internet mit den Tätern Kontakt aufzunehmen und diese dingfest zu machen. Bisher ist das Problem, dass, wenn es zu entsprechenden Handlungen kommt, der Beamte kein taugliches Tatobjekt ist. Deshalb kann das nicht weiterverfolgt werden.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode sehr intensiv darüber diskutiert; Sie werden sich daran erinnern. Wir haben ein Fachgespräch dazu geführt. Lange war für uns nicht nachvollziehbar, dass, obwohl aus der Praxis so eindeutige Rückmeldungen kamen, der damalige Justizminister Heiko Maas sich beharrlich geweigert hat, die Strafbarkeit solcher Handlungen in das Gesetz aufzunehmen. Deswegen sind wir jetzt umso dankbarer, dass man sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf einigen konnte. Frau Ministerin, wir hoffen inständig, dass dieses Projekt auf Ihrer Prioritätenliste weit oben steht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über Handlungsfelder im digitalen Zeitalter reden, dann sollten wir auch darauf zu sprechen kommen, wie wir – das haben wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen – Schutzlücken im Darknet konkret schließen wollen. Der Kollege Harbarth hat heute dankenswerterweise das Problem der Kinderpornografie angesprochen. Man muss wissen, dass kinderpornografisches Material mittlerweile fast ausschließlich im Darknet gehandelt wird. Das Problem der Ermittler ist, dass sie in solche Tauschbörsen nicht hineinkommen, weil man in solche Tauschbörsen im Darknet nur mit einer sogenannten Keuschheitsprobe hineinkommt. Das heißt, man muss selbst kinderpornografisches Material hochladen. Damit macht sich der Beamte, der Ermittler, aber selbst strafbar. Deshalb bin ich dem bayrischen Justizminister, Winfried Bausback, sehr dankbar, der öffentlich die Überlegung angestellt hat, ob wir hier nicht Regelungen schaffen sollten, damit Ermittler dieses Material, vielleicht auch gefälschte Kinderpornos, straffrei hochladen können, weil wir Kinderpornografie im Netz nur so effektiv bekämpfen können. Ich hoffe auf eine fruchtbare Diskussion im Bundesrat und später auch hier im Bundestag.

(Unruhe)

Am Ende eine persönliche Bemerkung an Sie, Herr Brandner. Ich will konstatieren, dass Sie den Rechtsausschuss mittlerweile ganz vernünftig leiten.

(Stephan Thomae [FDP]: Nicht zu viel loben!)

Aber ich will Ihnen schon auch sagen: Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Ausschussvorsitzender in einer Haushaltsdebatte an dieses Podium tritt und drei Minuten lang derart inhaltsleer vorträgt. Sie haben die drei Minuten vollgemüllt mit persönlichen Ressentiments gegen bestimmte Personen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, da können Sie noch besser werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)