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Uwe Feiler: Wir müssen als Bund und insbesondere auch in den Ländern unsere Finanzverwaltung mit mehr Personal stärken

Rede in der aktuellen Stunde zu Steuerbetrug durch Cum Fake Geschäfte

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie Ihre Erfahrungen in den Wahlkreisen sind. Wenn ich in Bürgergesprächen auf die Finanzwirtschaft zu sprechen komme – das lässt sich als Finanzpolitiker nur selten vermeiden –, fällt das Urteil meiner Gesprächspartner häufig wenig schmeichelhaft aus. Dabei sind die meisten Kunden mit ihren Kreditinstituten vor Ort durchaus zufrieden.

Gewiss hat das Image der Banken sich gewandelt, und dem Trend, dass das Investmentgeschäft das klassische Einlagengeschäft längst überholt hat, konnten und wollten sich auch die deutschen Institute nicht entziehen. Aber während vor 30 Jahren der örtliche Bank- oder Sparkassendirektor noch zu den Honoratioren der Stadt oder Gemeinde gehörte, sieht sich diese Berufsgruppe nunmehr einer Vertrauenskrise gegenüber, obwohl sich an der Rechtschaffenheit der Akteure vor Ort in der Regel überhaupt nichts geändert hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Neben Cum/Cum- und Cum/Ex-Geschäften setzen Finanzinstitute mit einem starken Engagement in den USA auch auf Cum-Fake-Gestaltung. Aber was genau ist das, und wie ist es in Deutschland passiert? Hier laufen jetzt gerade die Ermittlungen. Meine Vorredner haben geschildert, wie diese Fälle praktiziert werden. Vielleicht hat das BMF bisher noch nichts gesagt, weil es dafür ermittlungstaktische Gründe gibt. Das mag ja durchaus sein.

Herr De Masi, Sie haben Cum/Ex angesprochen und von 30 Milliarden Euro Schaden gesprochen. Ich halte mich lieber an die Zahlen des Bundesfinanzministeriums, das von 5,3 Milliarden Euro ausgeht. Das ist immer noch eine stattliche Summe, ein hoher Betrag.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mehr, als Sie im Ausschuss zugegeben haben!)

2,4 Milliarden Euro sind bereits zurückgefordert, und 1,1 Milliarden Euro sind entsprechend zurückgezahlt worden.

Bei Cum-Fake wird von einem Schaden von rund 100 Millionen Euro – vielleicht auch ein wenig mehr – gesprochen, obwohl wir überhaupt keine Hinweise haben. Wir haben nicht einen einzigen Fall. Wir wissen gar nicht, was los ist. Hier laufen die Ermittlungen, und es werden Zahlen in den Raum gestellt.

Dem Bundesfinanzminister und seinem Vorgänger wird Untätigkeit vorgeworfen. Ich nenne nur ein paar Stichworte aus der letzten Legislaturperiode – da mag der eine oder andere von Ihnen mit dabei gewesen sein –: BEPS, automatischer Informationsaustausch, Aufhebung des Bankgeheimnisses, Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz mit Befugnissen für die Finanzbehörden und Anzeigepflichten der Banken. Das alles und vieles mehr haben wir in der letzten Legislatur auf den Weg gebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Jetzt hat der Bundesfinanzminister – das ist auch richtig so – das automatisierte Erstattungsverfahren für die Kapitalertragsteuer gestoppt und die Länderfinanzbehörden über den Sachverhalt informiert. Meine Damen und Herren, Untätigkeit sieht in meinen Augen anders aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Mit diesen Behauptungen und nicht belegten Zahlen schüren gewisse Leute hier in diesem Hause Ungewissheit und spalten unsere Gesellschaft, wie es eigentlich nur die Damen und Herren von der rechten Seite tun. Aber welche Lehren sollten wir eigentlich aus dieser Debatte ziehen?

Wir müssen erstens weiter wachsam sein im Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, und wenn es den Gesetzgeber fordert, dann müssen wir als Gesetzgeber natürlich auch entsprechend tätig werden.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ja! Schreiten Sie voran!)

Zweitens müssen wir unsere Finanzbehörden und die Finanzverwaltung technisch besser ausstatten.

Aber der erste und zweite Punkt alleine reichen nicht. Es kommt noch ein dritter wichtiger und wesentlicher Punkt hinzu, und das ist die Frage nach Personal.

(Beifall des Abg. Fabio De Masi [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, wenn wir die notwendigen Stellen beim Bundeszentralamt für Steuern sowie in den Finanzbehörden in den Ländern nicht mit Menschen besetzen, also nur diese Stellen haben, dann werden wir unsere Aufgaben nicht erfüllen können. Unsere Finanzbeamten sind hochqualifiziert und machen einen hervorragenden Job. Jedoch kann ich als Mitglied der Steuer-Gewerkschaft meinem Bundesvorsitzenden Thomas Eigenthaler nur beipflichten, wenn er sagt, dass man einen Ferrari nicht mit dem Fahrrad verfolgen kann. 80 Prozent Personalbesetzung in den Finanzämtern der Länder!

Übrigens, Herr De Masi: In Brandenburg ist ein Linker Finanzminister. Der ist nicht gerade Vorreiter und stellt sich nicht an die Spitze der Bewegung für mehr Personalausstattung.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sitzen aber keine Großbanken!)

Meine Damen und Herren, noch einmal: Wir müssen als Bund und insbesondere auch in den Ländern unsere Finanzverwaltung mit mehr Personal stärken, weil nur Kontrolle einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung von Steuerkriminalität und Steuerhinterziehung leisten kann.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)