Skip to main content

Ursula Groden-Kranich: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist definitiv kein Luxus

Redebeitrag in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 05 des Auswärtigen Amtes

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mein Schwerpunkt heute ist die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Die viel beschworene dritte Säule der Außenpolitik steht dennoch leider oft unter einem gewissen Rechtsfertigungszwang. Aber für mich ist ganz klar: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist definitiv kein Luxus oder kein Nice-to-have, sondern eine nachhaltige, unverzichtbare Investition in die Zukunft. Dies gilt gerade auch in Pandemiezeiten, wenn Abschottung und aggressive Tendenzen zunehmen.

Wir behalten die Kulturmilliarde bei, auch im neuen Haushalt – und darauf können wir stolz sein. Viele andere Länder, auch durchaus wohlhabende Länder in unserer Nachbarschaft, sparen in der Krise als Erstes bei Kultur und Bildung, aber wir nicht: weder bei der auswärtigen Kultur und Bildung noch bei Kultur und Bildung hier in Deutschland, wo BKM und das BMBF hervorragende Arbeit leisten, obwohl hier eigentlich die Bundesländer zuständig sind.

Wir in Deutschland können und wollen uns die Kulturmilliarde weiterhin leisten. Warum? Weil alle unsere Mittlerorganisationen Botschafter unseres Landes im Ausland sind, gerade in schwierigen Zeiten mit vielen internationalen Konflikten, die uns große Sorgen machen. Denn die Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind, salopp gesagt, eine Art niederschwelliger diplomatischer Dienst mit besten Vernetzungen vor Ort, mit sehr engagiertem, hochqualifiziertem Fachpersonal, mit viel Expertise über die einzelnen Länder, zu denen durchaus auch Krisenherde und Konfliktregionen gehören.

Dieses Potenzial nutzen wir schon heute und sollten es, wo immer es möglich ist, noch mehr nutzen. Ich denke da zum Beispiel an eine noch bessere Vernetzung und den Austausch von Best Practice mit anderen Ressorts und Akteuren, vor allem im Bereich der Entwicklungshilfe und Verteidigung. Das ist inhaltlich sinnvoll und hilft nebenbei, alle vorhandenen Ressourcen buchstäblich gewinnbringender zu nutzen, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen: ein positives Bild von Deutschland, seiner Kultur und seinen Werten in der Welt vermitteln und den Aufbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fördern, ganz besonders auch mit Blick auf die Chancengleichheit von Frauen und Mädchen, für die Bildung und Kultur immer noch der Schlüssel zu einem besseren Leben ist.

Ganz grundsätzlich zwingt und lehrt uns die Pandemie sicherlich zu noch besserer Haushaltsdisziplin, wenn sich beispielsweise der Um- oder Neubau einer deutschen Immobilie im Ausland über Jahre hinzieht und darum weitere Immobilien zusätzlich angemietet werden müssen. Das kostet uns doppelt Geld und verschlingt doppelt Ressourcen, die wir an anderer Stelle dringend bräuchten. Die deutsch-französischen Kulturinstitute mit dem hoffentlich noch in diesem Jahr vollendeten Haus in Palermo sind ein gutes Beispiel dafür, dass wir es auch in der Krise schaffen, Projekte fertigzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich wünsche mir hier vor allem zwei Dinge: mehr Flexibilität und mehr Pragmatismus im Umgang mit den vorhandenen Mitteln. Dass man auf diese Weise sehr gut wirtschaften kann, wissen wir alle, die wir in Zeiten des Lockdowns auch im eigenen Haushalt zusehen mussten, wie wir mit dem Vorhandenen zurechtkamen – und das hat oft erstaunlich gut funktioniert.

Gut wirtschaften in schwierigen Zeiten können auch die Goethe-Institute. Hier wäre aber ein wichtiger Schritt die Entfristung etlicher Stellen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

also gar kein Mittelaufwuchs, sondern die Umwandlung von Sachkosten aus Projekten in echte Personalkosten oder, noch besser, die schrittweise Überführung der jetzigen eher starren Personalausgaben in ein flexibel zu handhabendes Personalbudget. Speziell für die Betreuung unserer Lehrkräfte an den PASCH-Schulen wäre eine solche Entfristung dringend geboten und für alle Beteiligten gewinnbringend.

(Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

Reibungsverluste und Wissensverluste durch permanenten Personalwechsel könnten wir so vermeiden und Planungssicherheit gewinnen, und dadurch würden Goethe-Institute als Arbeitgeber noch attraktiver für hochqualifizierte Bewerber mit mehr Lebens- und Berufserfahrung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Heike Hänsel [DIE LINKE], an die CDU/CSU gewandt: Das mit dem Beifall hat aber lange gedauert!)

Flexibilität zahlt sich auch dort aus, wo wir den Mittlerorganisationen oder auch den politischen Stiftungen erlauben, Mittel zu transferieren, die aufgrund der Pandemie gar nicht abfließen konnten, weil beispielsweise Stipendien nicht angetreten oder beendet werden konnten. Gerade die politischen Stiftungen leisten derzeit enorm viel. Schauen wir nur auf die Situation in Belarus, aber auch in anderen Ländern, in denen unsere Stiftungen aktiv mithelfen, demokratische Strukturen zu schützen oder überhaupt erst zu schaffen.

Die Aufgaben der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik bleiben extrem vielfältig. Sie bleiben anspruchsvoll und unverzichtbar für das Bild Deutschlands in der Welt. Darum ist es absolut richtig, diese Arbeit mit der „Kulturmilliarde“ zu stützen. Jeder Euro wird sich ganz bestimmt lohnen.

Ich danke allen, die im In- und Ausland trotz der Pandemie in unseren Einrichtungen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik für die Bundesrepublik Deutschland tätig sind: den Lehrkräften und allen Mitarbeitenden der Mittlerorganisationen. Danke für Ihren Dienst für unser Land! Bleiben Sie gesund!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])