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Tankred Schipanski: Wir wollen anschieben, wir wollen die Länder anspornen und sie motivieren, ihrer Verantwortung bei der digit

Rede zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104c, 104d, 125c, 143e)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine amüsante Debatte heute Morgen, gerade mit Blick auf den Bildungsbereich. Ich möchte zur Ausgangslage zurückkommen. Es geht um den Koalitionsvertrag Zeilen 1 139 bis 1 145, in dem wir versprechen:

Zur Verbesserung der Bildung werden wir eine Investitionsoffensive für Schulen auf den Weg bringen. Diese umfasst zusätzlich zum laufenden Schulsanierungsprogramm die Unterstützung der Länder …

– Hört! Hört! Wir kooperieren schon, Bund und Länder arbeiten schon zusammen. – Wir wollen insbesondere Investitionen in die Bildungsinfrastruktur leisten.

Dazu werden wir die erforderliche Rechtsgrundlage in Art. 104c Grundgesetz (GG) durch die Streichung des Begriffs „finanzschwache“ in Bezug auf die Kommunen anpassen. Die Kultushoheit bleibt Kompetenz der Länder.

Alois Rainer hat es gesagt: Es geht darum, dass mit Blick auf die Bildungsinfrastruktur nicht nur finanzschwache Kommunen zukünftig unsere Hilfe bekommen, sondern Länder und Kommunen generell.

Die AfD will alles so belassen, wie es ist. Das ist ihr gutes Recht. Dieser Ansicht kann man sein. Grüne und FDP sagen: Lasst die Hände von Artikel 104c, ändert lieber Artikel 91b und Artikel 104b Grundgesetz. – Sie verknüpfen damit eine Sachfrage, bei der es um eine Rechtsgrundlage für eine notwendige Maßnahme geht, nämlich den DigitalPakt, mit einer generellen Föderalismusdebatte.

Die Regierungskoalition will mit dieser Grundgesetzänderung den DigitalPakt ermöglichen, den wir schon so oft hier in diesem Hause diskutiert haben. Es geht um 5 Milliarden Euro, die wir für die wichtige Aufgabe „digitales Lernen“ temporär zur Verfügung stellen wollen. Wir wollen finanzielle Impulse setzen, wir wollen anschieben, wir wollen die Länder anspornen und sie motivieren, ihrer Verantwortung bei der digitalen Bildung nachzukommen. Ich bin sehr überrascht, dass die FDP plötzlich gegen Ansporn und gegen Leistung ist. Das ist schon sehr vielsagend.

Wir brauchen den DigitalPakt. Er ist Startschuss, Weckruf und Ansporn. Wer sich gegen die geplante Grundgesetzänderung stellt, stellt sich gegen den DigitalPakt. Er stellt sich auch gegen das Geld, das der Finanzminister bereits zur Verfügung gestellt hat. Er verhindert gute Bildung und fördert sie nicht.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Tankred Schipanski (CDU/CSU):

Nein, ich würde gerne ausführen und später auf eine Kurzintervention reagieren.

Wenn FDP und Grüne in dieser Debatte von Ermöglichen sprechen, dann müssen wir in einer sachlichen Debatte auch schauen, was überhaupt möglich ist. Wir debattieren die Grundgesetzänderung eben nicht im luftleeren Raum. Wir benötigen auch eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat. Ich kenne keinen einzigen Ministerpräsidenten, der auf seine Kultushoheit verzichten will, aber genau das schlagen FDP und Grüne in ihrem Antrag vor.

(Christian Lindner [FDP]: Quatsch!)

Für die Grünen scheint es ganz normal zu sein, dass die Bundestagsfraktion eine andere Meinung vertritt als ihre Länderkollegen, insbesondere der Ministerpräsident. Außerdem verwenden Sie wiederholt den Begriff „Kooperationsverbot“ bewusst falsch.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Überlegen Sie sich mal was Neues!)

Sie wissen, dass wir in einem Bundesstaat leben und dass unsere Verfassung ein Kooperations ge bot enthält. Sie wissen, dass wir klare Zuständigkeitsregeln haben und dass wir bereits umfangreich kooperieren. Ich denke an den Hochschulpakt, an den Qualitätspakt Lehre und an den Pakt für Forschung und Innovation. Erst gestern wurden den Hochschulen 2,7 Milliarden Euro im Rahmen der Exzellenzinitiative zur Verfügung gestellt. Das ist Kooperation. Da muss der Kollege Lindner nicht erst in die Schweiz schauen; er kann auf Deutschland schauen, wie hier kooperiert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In Ihrem Antrag und in Ihrem Brief an die Bundeskanzlerin fordern Sie nationale Bildungsstandards und deren verbindliche Umsetzung. Ich freue mich sehr, dass Sie hiermit eine Forderung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus dem Jahr 2010 aufgreifen und unterstützen. Jedoch ist Ihr vorgeschlagener Weg, diese Forderung umzusetzen, ein Irrweg; denn der Fehler mit Blick auf Bildungsstandards und Verbindlichkeit liegt nicht in der Verfassung. Der Mangel liegt in einem fehlerhaften Verfahren der Kultusministerkonferenz; deren Beschlüsse sind nämlich nicht verbindlich, und man hat es – da haben Sie recht – in 70 Jahren nicht geschafft, diesen Mangel abzustellen. Daher haben wir uns im Koalitionsvertrag für die Einrichtung eines Nationalen Bildungsrates entschieden, der sich der Lösung dieser Problematik annehmen soll.

Der einzig verfassungsrechtlich zulässige Weg ist im Übrigen ein Bildungsstaatsvertrag, den die Ministerpräsidenten gemeinsam abschließen, analog zum Rundfunkstaatsvertrag. Aber auch das ist eine Forderung der CDU/CSU, aus Bund und Ländern gemeinsam. Das heißt, eine Verfassungsänderung, wie sie Grüne und FDP hier vorschlagen, verfehlt leider ihr Ziel.

Auch mit Blick auf dauerhafte Finanzhilfen kommen Sie zu spät. Dies haben wir abschließend am 13. Juli 2017 geklärt. Wir haben eine große Bund-Länder-Finanzreform auf den Weg gebracht: 9,6 Milliarden Euro jährlich für die Bundesländer zusätzlich vom Bund. Mehr geht nicht. Richtig ist: Sie waren nicht im Parlament. Die Grünen waren dagegen. Aber so ist es nun einmal. Sie haben die Chance verpasst, dieser dauerhaften Finanzierung zuzustimmen.

Eine Bund-Länder-Zusammenarbeit ist im Bundesstaat möglich. Wir wollen die Verfassung ändern, um etwas zu ermöglichen. Wir wollen anschieben, wir wollen Schwung geben. Fahren müssen die Bundesländer aber selbst; sie tragen dafür die Verantwortung. Oder um es mit Frau Suding zu sagen: Wir bezahlen den Bauern die Badehose, aber schwimmen müssen sie schon selber.

Der FDP rufe ich zu: Sie haben die Möglichkeit, Ihr Wahlprogramm, in dem Sie auf Seite 25 von „Digitalisierung der Bildung“ usw. sprechen, umzusetzen. Das können Sie hier mit Zustimmung zu unserer Verfassungsänderung erreichen. Seien Sie in dieser Sache doch mal mutig!

Den Grünen kann man nur sagen: Seien Sie nicht ständig gegen etwas! Sie haben es am 13. November 2014 schon versäumt, der Änderung von Artikel 91b zuzustimmen. Ermöglichen Sie jetzt den DigitalPakt durch Änderung von Artikel 104c! Seien Sie nicht immer dagegen! Unsere Hand ist ausgestreckt zum Wohle der Bildungsrepublik Deutschland.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)