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Sepp Müller: "Wir wollen den Sumpf weiter austrocknen"

Rede zu Geldwäsche im Immobiliensektor stoppen

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist eigentlich Geldwäsche? Bei Geldwäsche geht es um illegal erworbenes Geld: beispielsweise wenn ein SUV im Prenzlauer Berg geklaut und in den osteuropäischen Staaten verkauft wurde, und dieses illegal erworbene Geld in Berlin wieder eingesetzt wird, um Mehrfamilienhäuser zu kaufen, dann zurückfließt und sich durch die teuren Mieten in Berlin wieder reinwäscht.

Dass Geldwäsche kein Kavaliersdelikt ist, das haben wir als Große Koalition verstanden. Warum haben wir das verstanden? Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde unter Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aufgrund internationaler Hinweise beschlossen, die Finanzaufsicht, die Geldwäscheaufsicht, die FIU, dem Finanzministerium zu unterstellen, damit wir, um eine ordentliche Geldwäscheaufsicht zu gewährleisten, auf internationaler Ebene mit anderen Ländern zusammenarbeiten können. Denn andere Länder haben gesagt: Wenn ihr euch nicht so aufstellt wie wir, dann werden wir euch keine Informationen darüber liefern, woher das Geld aus Osteuropa kommt. Ich gehe davon aus, dass wir uns in diesem Hohen Hause darüber einig sind, dass es wichtig ist, zu wissen, wo illegales Geld fließt, und es fließt vor allem grenzüberschreitend.

(Beifall des Abg. Dr. Thomas de Maizière [CDU/CSU])

Was wird mit dem Geld gemacht? Es geht nicht nur darum, Geld für illegale Finanzierungen über die Grenze zu schleusen. Es geht auch um Terrorfinanzierung, und wenn Terrorgruppen finanziert werden, dann hört der Spaß auf.

Wir haben gesagt: Wir wollen den Sumpf weiter austrocknen. Von damals 26 Angestellten im BKA ist die Zahl der Mitarbeiter auf jetzt 475 Zöllnerinnen und Zöllner, die in der FIU tätig sind, angewachsen. Wir haben den Sumpf bereits ausgetrocknet, indem wir mit der 4. Geldwäscherichtlinie mehr Zugriffskompetenzen auf den Weg gebracht haben.

Zum Antrag der Grünen. Sie zeigen mit einem Finger auf die Bundesregierung und auf die Große Koalition. Sie müssen sich aber die Frage gefallen lassen: Mit wie vielen Fingern zeigen Sie auf sich?

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Mit neun! Ich habe es ausgerechnet!)

Werfen wir einen Blick in Ihren Antrag. Sie zeigen mit dem ersten Finger auf sich, indem Sie in der Begründung zu Punkt 16 in Ihrem Antrag schreiben: Es sind

dennoch bislang nicht alle Zweifel ausgeräumt, dass die FIU

– das ist die Aufsichtsbehörde –

über alle strukturellen, gesetzlichen und organisatorischen Kompetenzen verfügt, um die ihr übertragenen Aufgaben … in einer … international vergleichbaren Qualität ausführen zu können.

Ich stelle Ihnen die Frage: Ist das Ihr Ernst? Sie bringen eine ganze Behörde in Misskredit? Sie unterstellen 475 Zöllnerinnen und Zöllnern, die den Geldwäschesumpf austrocknen wollen, dass sie weder über strukturelle noch über gesetzliche oder organisatorische Kompetenzen verfügen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das macht der Antrag nicht! Das ist Käse!)

Das lassen wir als Große Koalition nicht zu. Im Gegensatz zu den Grünen stehen wir als Große Koalition hinter den Zöllnerinnen und Zöllnern, hinter unseren Sicherheitsbehörden im Finanzbereich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Paus?

Sepp Müller (CDU/CSU):

Sehr gerne.

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Müller, ich muss Sie ernsthaft fragen, ob Sie an Amnesie leiden. Sie sitzen mit mir und weiteren Kollegen hier im Finanzausschuss. Weil es mit der FIU eben nicht funktioniert, haben wir uns im vergangenen Jahr fast in jeder Sitzung mit dem Problem FIU beschäftigt. Wir sind gemeinsam nach Köln gefahren, um vor Ort zu prüfen, warum das nicht funktioniert. Wir haben Zwischenberichte angefordert, um zu prüfen, inwieweit es leichte Fortschritte gibt. Wir haben alle miteinander festgestellt, dass die FIU – das sagt sie selber – gewisse gesetzliche Aspekte eigentlich anders geregelt haben möchte. Wir haben festgestellt, dass jetzt erst einmal in Arbeitsgruppen der FIU und den LKAen in den Ländern angefangen wird, darüber zu reden, wie man die Zusammenarbeit verbessern bzw. überhaupt erst einmal herstellen kann. All das hat stattgefunden, und der Prozess ist noch nicht zu Ende. Und da kritisieren Sie mich, dass ich das anspreche? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sepp Müller (CDU/CSU):

Wir können uns gerne über die Vergangenheit unterhalten. Ich gebe Ihnen recht,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

dass die Unterstellung vom Bundesinnenministerium zum Bundesfinanzministerium mit Umzugsproblemen verbunden ist. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kommen Sie dann zu solchen Vorwürfen uns gegenüber? Das ist eine Unverschämtheit!)

Aber wir wollen nicht über die Vergangenheit reden. Vielmehr wollen wir die Gegenwart zur Kenntnis nehmen und sehen, was wir auf den Weg gebracht haben. Zur Gegenwart gehört dazu – das haben Sie bei unserem Besuch gesehen –, dass Zöllnerinnen und Zöllner tagtäglich alles dafür tun, damit der Geldwäschesumpf ausgetrocknet wird.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind politische Fragen! Wo sind wir denn hier?)

Die Kritik, 60 000 Meldungen seien nicht abgearbeitet, ist nicht haltbar.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Faktenverdreher!)

Mittlerweile sind alle Meldungen abgearbeitet. Dass Sie eine komplette Behörde in Misskredit bringen, zeigt, wes Geistes Kind Sie sind. Sie als Grüne stehen nicht zu den Sicherheitsbehörden, sondern Sie sind gegen sie und lehnen sie ab.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur weil Sie nicht in der Lage waren, gescheite Gesetze zu machen, verschanzen Sie sich hinter den Zöllnerinnen und Zöllnern!)

Wenn ich mir Ihren Antrag durchlese, stelle ich mir die Frage, ob das ein schlechter Witz ist, liebe Grüne, wenn Sie fordern, im Zuge eines erhöhten Meldeaufkommens die Behörde personell und technisch angemessen auszustatten. Das steht in der Begründung Ihres Antrags zu Punkt 16. Wir haben die Zahl der Beamten von 26 über 200 auf 475 Zöllnerinnen und Zöllner erhöht. Was hat Bündnis 90/Die Grünen gemacht, als wir die Zahl der Beamten von 26 auf 200 Beamte erhöhen wollten? Damals haben Sie gegen den Haushalt gestimmt.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil der Haushalt schlecht war! Deswegen!)

Was hat Bündnis 90/Die Grünen gemacht, als wir Zahl der Zöllnerinnen und Zöllner auf 475 aufgestockt haben?

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil der Haushalt schlecht war! Noch einmal!)

Sie haben dagegen gestimmt. Jetzt versuchen Sie, sich reinzuwaschen, indem Sie etwas kritisieren, was wir schon längst behoben haben.

Es geht weiter mit dem zweiten Finger. Unter Punkt 15 fordern Sie, das Fortbildungsangebot für Notare soll konkretisiert werden. Haben Sie sich das Fortbildungsangebot angeschaut? Es ist bereits eine umfangreiche Aus- und Fortbildung zum Thema Geldwäsche vorgesehen. Das wird bereits in Anspruch genommen. Die Notarinnen und Notare in diesem Land müssen zum Thema Geldwäsche geschult werden. Ihr Vorschlag ist also völlig überflüssig.

Der dritte Finger zeigt auf Ihre Forderung einer anlasslosen Prüfung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden. Das ist interessant: Wer sind denn die zuständigen Aufsichtsbehörden für Notare? Das sind die Landesjustizministerien. Sie haben zu Recht das Ku’damm-Karree in Berlin angeführt. Wer ist Senator für Justiz in Berlin? Das ist ein Grüner. Wenn der seine Hausaufgaben gemacht

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der macht die!)

und die Aufsicht richtig wahrgenommen hätte, dann gäbe es keine Geldwäsche in Berlin. Dass es Geldwäsche gibt, liegt an Bündnis 90/Die Grünen und nicht an der Großen Koalition.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da schämen sich Ihre eigenen Leute für die Rede!)

Zum vierten Finger. Das ist noch interessanter. Sie sprechen mit dem vorliegenden Antrag ein Problem an, das tatsächlich auf der Tagesordnung steht. Wir haben in Berlin ein riesengroßes Problem, Notarinnen und Notare auf ihre Pflicht aufmerksam zu machen, und dafür trägt der zuständige Justizsenator von Bündnis 90/Die Grünen Verantwortung. Jetzt hat er versucht, die Zahl der Stellen von speziell ausgebildeten Richtern von zwei auf fünf zu erhöhen. Just in dem Moment kommt Bündnis 90/Die Grünen und fordert den Bund auf, gemeinsam mit den Ländern einen Mindestpersonalschlüssel auf den Weg zu bringen. Das ist interessant. Ich kenne den Spruch: Wer die Musik bestellt, der soll sie auch bezahlen. Soll jetzt der Bund für die nachweislichen Fehler im Justizsenat des Landes Berlin aufkommen, weil Sie in den letzten Jahren zu wenig Personal eingestellt haben? Vielleicht sollten Sie lieber Ihre Hausaufgaben vor Ort machen und ausreichend Personal einstellen, damit die Notarinnen und Notare überwacht werden.

Es ist ganz wichtig: Wir wollen nicht nur die Gegenwart und den völlig fehlerhaften Antrag der Grünen zur Kenntnis nehmen, sondern wir wollen auch in die Zukunft schauen. In der Großen Koalition werden wir gemeinsam mit der SPD – Christine Lambrecht ist mittlerweile Justizministerin, wir waren gemeinsam bei der FIU – eine Änderung der 4. Geldwäscherichtlinie auf den Weg bringen. Wir werden vor allem das Thema „Treffer in der Verfassungsschutzdatei“ aufgreifen. Ich freue mich auf Zustimmung der Länder, insbesondere Berlins. Ich bin gespannt, ob Berlin grünes Licht für eine Änderung der Richtlinie gibt oder ob es heißt: Datenschutz geht vor Schutz vor Geldwäsche. Ich bin gespannt auf die Ausführungen Ihres Justizsenators in Berlin dazu, der die Verantwortung für Tausende Geldwäschefälle trägt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden ein Gespräch organisieren!)