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Sepp Müller: Die Bonpflicht wurde Ende 2016 beschlossen und tritt 2020 in Kraft

Rede zur Änderung der Abgabenordnung

Sepp Müller (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Bonpflicht wurde Ende 2016 beschlossen und tritt 2020 in Kraft. Die FDP wacht jetzt auf. Da kann man nur sagen: Guten Morgen! Und danke schön für diese Debatte!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Lösung, die Sie hier vorschlagen, liebe Kollegen der FDP, ist keine Lösung. Sie ist ein Freifahrtschein für Betrügereien und Steuerhinterziehung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Jeder, der Ihrem Gesetzentwurf folgt, ohrfeigt den ehrlichen Unternehmer und streichelt den Ganoven. Sie wollen mit diesem Antrag der Robin Hood der Handwerker sein. Sie demaskieren sich aber als Schutzpatron der Steuerbetrüger.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Dass Sie in Ihrem Gesetzentwurf explizit die Bäcker erwähnen, dafür sage ich Danke schön und auch ein Lob. Warum? Weil Uwe Feiler, der jetzt auf die andere Seite gewechselt ist, das bereits 2016 in seiner Rede erwähnt hat und die Bäcker mit der Ausnahmeregelung vor überbordender Bürokratie schützen wollte, was wir als CDU/CSU auch explizit gefordert haben; dazu komme ich später.

Aber kommen wir zum Ursprung des Gesetzes. Warum hat eigentlich der Deutsche Bundestag 2016 eine Bonpflicht erlassen? Es lässt sich am besten an einem Junggesellenabschied, der tatsächlich stattgefunden hat, erklären. Stellen Sie sich eine Männerrunde vor, welche für einen Wochenendtrip nach Berlin gefahren ist. Die Jungs haben dem Junggesellen eine Aufgabe gestellt: Am Nachmittag soll er einen Döner kaufen, sich beim Barbier den Bart schneiden lassen und vom Späti einen Sixpack Bier mitbringen. Wenn er die Kassenbons mitbringt, bekommt er alles bezahlt und ein Wochenende mit dem Ferrari geschenkt. Und, hat er es geschafft? Nein. Am Abend war der Junggeselle zwar satt, frisch rasiert und nicht mehr durstig – aber anstatt mit dem Ferrari fuhr er am Ende mit dem Trabbi. Warum? Weil die Kassenbons nicht vorhanden waren.

Zufälle soll es geben. Dass aber an diesem Tag bei allen Kassensystemen gleichzeitig der Drucker ausgefallen ist, ist sehr unwahrscheinlich. Das sind Trickser und Betrüger, die am Steuersystem vorbei arbeiten. Das können wir nicht zulassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Durch diese Mogelkassen gehen dem deutschen Staat Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren – Geld, das für Kindergärten, Straßen und schnelles Internet fehlt, Geld, auf das Fraktionen in diesem Hohen Hause anscheinend verzichten wollen.

Weil wir als Große Koalition vehement gegen aggressive Steuerhinterzieher vorgehen, haben wir uns nicht nur mit diesem Gesetz 2016 dafür ausgesprochen, mehr Geld einzutreiben. Im Übrigen hat auch der Finanzausschuss des Bundesrates die Bundesregierung damals einstimmig – einstimmig! – aufgefordert, den Problemen bei den Registrierkassen zu begegnen. Wer war dabei? Grüne Finanzminister, die sich jetzt gerade künstlich darüber echauffieren!

Im Übrigen: Bei der Abstimmung im Bundesrat im Dezember 2016 saß Ihr Parteifreund von der FDP, Volker Wissing, in den Reihen des Bundesrates und hat die Hand für die Bonpflicht gehoben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: So, so! – Christian Dürr [FDP]: Spannend, dass ihr euch immer hinter Koalitionspartnern versteckt! Abstimmung im Bundesrat! Was ist denn mit dem Soli, Herr Müller?)

Liebe FDP, es reicht nicht, „Mut“ zu plakatieren und sich als Angsthase vom Feld zu machen. Stellen Sie sich der Regierung und Ihrer Verantwortung, auch im Bundesrat!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christian Dürr [FDP]: Ist ja lächerlich, lächerlich die Debatte! Vollkommen lächerlich machen Sie sich gerade vor dem Hintergrund der eigenen Entscheidungen der letzten Jahre! Wie peinlich sind Sie denn! Unfassbar! Unfassbar, Herr Müller!)

Es waren natürlich auch Finanzminister aus den Reihen der Union und der SPD dabei.

(Andreas Schwarz [SPD]: Wir stehen dazu! – Christian Dürr [FDP]: Hier zwei Jahre lang rumheulen und dann so was! Ist ja peinlich! – Frank Sitta [FDP]: Oh Mann!)

Einer davon – interessant – war Norbert Walter-Borjans, der damalige Finanzminister von Nordrhein-Westfalen und heutige SPD-Parteivorsitzende. Dass er und die Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion unbedingt die Bonpflicht haben wollten, lässt sich an einigen Zitaten – auch aus der heutigen Rede – gut ableiten.

Die „Börsen-Zeitung“ – mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich – schrieb 2016 dazu:

So pocht die SPD darauf, dass Geschäfte künftig dazu verpflichtet werden, an ihre Kunden Kassenbelege auszugeben. Die CDU/CSU und das Finanzministerium

– unter Wolfgang Schäuble –

warnen davor, übers Ziel hinauszuschießen. ...

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: So ist es!)

Der Gesetzentwurf simuliere nur eine Problemlösung, sagte der SPD-Finanzexperte Andreas Schwarz.

Schwarz weiter: „Der Gesetzentwurf muss deutlich verschärft werden“.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Der war das!)

Mit einem Schreiben vom 12. Januar 2017 an den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages von NRW begrüßt Walter-Borjans die Maßnahmen, schreibt aber gleichzeitig: Allerdings ist die Angelegenheit damit noch nicht abgeschlossen. Es besteht noch weiterer Handlungsbedarf.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Genau!)

Ja, liebe Kollegen der SPD, es besteht tatsächlich noch weiterer Handlungsbedarf. Wenn Sie der geschätzten Kollegin Esken bei einer Terminfindung mit unserer Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder helfen würden, dann könnten wir die Ausnahmeregelung, nicht nur für die Bäcker, sondern auch für die Fleischer in unserem Land durchsetzen, die wir wollten. Dafür stehen wir gerne bereit – auch noch vor Weihnachten.

Alles Gute!

(Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Schwarz [SPD]: Macht der Norbert Walter-Borjans auch mit! – Ihr wollt doch große Brötchen backen und nicht kleine!)