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Sebastian Brehm: Zu entscheiden, was gemeinnützig ist, obliegt nicht der Politik, sondern es obliegt den Finanzämtern

Rede zur Förderung des Ehrenamts

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass wir einmal mehr hier im Plenum über die Abgabenordnung reden. Wir hatten das Thema im letzten Juni durch den Antrag der FDP in nahezu ähnlicher Diskussionsrunde.

Das gibt einmal mehr Gelegenheit, auch mal Danke zu sagen – und zwar Danke an die über 22 000 freiwilligen Feuerwehren mit über 1 Million Mitglieder, Danke an die 90 000 Sportvereine, an die 14 000 Schützenvereine, an die unzähligen Kultur- und Heimatvereine, Karnevalsvereine, Naturschutzvereine, Nachbarschaftsvereine, Wohlfahrtsverbände, Tierschutzvereine und an ganz viele andere ehrenamtliche Vereine.

(Kay Gottschalk [AfD]: Jetzt mal zum Thema!)

Sie sind die Stütze der Gesellschaft, und sie sind das Fundament für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Deswegen ein großes Dankeschön an alle Vereine in Deutschland für das große Engagement.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD)

Wir hatten auch die Diskussion über Gemeinnützigkeit von Freifunk, der wir positiv gegenüberstehen. Wir sagen, dass wir Änderungen der Abgabenordnung gerne vornehmen, um das zu ergänzen und Erleichterungen für Vereine zu schaffen; Christian von Stetten hat dazu bereits gesprochen.

Doch wie ist die Definition von Gemeinnützigkeit im Gesetz? Die Definition findet sich im Gesetz in § 52 Abgabenordnung. Da steht: Die Tätigkeit der Körperschaft muss darauf gerichtet sein, „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern“.

In dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung ist außerdem klar geregelt, wann diese Gemeinnützigkeit entzogen werden kann und unter welchen Voraussetzungen. Da steht drin: Der Vorstand verstößt gegen die Vereinssatzung, unerlaubte Zuwendung an Mitglieder, überhöhte Vergütungen, keine Unmittelbarkeit, Dauerverluste im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, zu hohe Gewinne im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und natürlich auch Gesetzesverstöße. – Genau dazu gehört die Diskussion um PETA; denn Einbruch und Sachbeschädigung haben nichts mit Gemeinnützigkeit und Selbstlosigkeit zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt kommt in dieser Diskussion ein zweiter wichtiger Aspekt hinzu. Die Frage ist ja, wer die Straftat begangen hat. Ist es ein Mitglied des Vereins, oder wird sie im Namen des Vereins oder mit Duldung bzw. Billigung des Vorstands des Vereins begangen? Das ist letztlich die Frage, um die es bei PETA geht. Es ist eine rein sachlich orientierte Frage. Deswegen verstehe ich Ihre Aufregung und die Einordnung „Die einen sind gut, die anderen sind schlecht“ auch nicht. Wir haben eine gesetzliche Vorgabe, und die gilt es zu prüfen.

(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht die FDP einfach nichts an, sondern das Finanzamt!)

Der dritte Punkt betrifft – sowohl bei PETA als auch bei der Deutschen Umwelthilfe; darauf komme ich gleich – die Mitgliederzahl. PETA hat eine ganz geringe Zahl von Mitgliedern, die überhaupt stimmberechtigt sind. Alle anderen sind Fördermitglieder. Der Zugang als Mitglied in diese Organisation ist stark und restriktiv begrenzt. Vielleicht sollten wir probieren, dort mal Mitglied zu werden und dann mit Meinungsbildung zu unterstützen; das wird uns wahrscheinlich nicht gelingen.

Im Fall der Deutschen Umwelthilfe geht es um eine Frage, die auf einen ganz anderen Sachverhalt, also nicht auf eventuell begangene Straftaten oder Einbrüche, zielt. Hier geht es vielmehr um die Prüfung, ob es der Allgemeinheit dienlich ist, also ob eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt und ob durch die Steuerbefreiung oder die Steuerbegünstigung im Verein ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil erzielt wird. Es geht um die Abmahnungen. Mittlerweile sind sie bei der Deutschen Umwelthilfe, nach den Veröffentlichungen, eine erhebliche Einnahmequelle. In einem „Spiegel Online“-Artikel vom November 2018 wird erwähnt, dass allein die Einnahmen aus den Abmahnungen über 2,5 Millionen Euro betragen;

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

das sind über 30 Prozent der Gesamteinnahmen des Vereins. So wird es in dem Artikel wiedergegeben.

Auch dort gibt es die Diskussion um die niedrige Mitgliederzahl. Hier sind es nach Aussagen rund 370 Mitglieder, die stimmberechtigt sind und die Meinungsbildung im Verein organisieren können. Das ist ein wichtiger Diskussionspunkt.

Das ist die Diskussion bei beiden Vereinen, sowohl bei PETA als auch bei der Deutschen Umwelthilfe. Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Deswegen kann man doch in der politischen Diskussion sagen: „Wir meinen, das ist nicht der Allgemeinheit dienlich“, und jemand anders sagt: Das ist der Allgemeinheit dienlich.

(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU hat doch etwas anderes beschlossen auf ihrem Parteitag!)

Darüber kann man eine politische Diskussion führen.

Zu entscheiden, was gemeinnützig ist, obliegt ja nicht der Politik, sondern es obliegt den Finanzämtern, und zwar dem Wohnsitzfinanzamt oder dem Finanzamt, das für den Sitz der Gesellschaft oder des Vereins zuständig ist. Das ist eine Behörde des Landes, also der Exekutive. Insofern kann man auch nicht sagen: Die Länder sollen sich nicht einmischen. – Sie sind letztlich nämlich die Träger der Finanzämter. Als Gerichtsbarkeit stehen das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof zur Verfügung.

Was mich an dem Antrag der Grünen ärgert, ist, dass suggeriert wird, dass diese Rechtsstaatlichkeit und diese objektive Einordnung von Gemeinnützigkeit in Deutschland nicht existiert. Ich kann Ihnen bloß sagen: Die Finanzämter und die Finanzgerichte leisten eine gute Arbeit und haben in den Fällen sachgerechte Entscheidungen getroffen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: Hören Sie bitte auf, diese Menschen so zu diffamieren! Ich glaube, das ist falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sollten hier vielmehr den Finanzämtern und den Finanzgerichten Rückendeckung geben. Richtig ist, dass es in anderen Ländern Europas – wie Sie es erwähnen – nicht so gründlich gemacht wird wie in Deutschland. Das kann man zu Recht kritisieren; das ist völlig klar. Aber in Deutschland ist die Sachentscheidung über die Gemeinnützigkeit bisher in den Verfahren sachgerecht getroffen worden. Und wenn die Diskussion über PETA oder die Deutsche Umwelthilfe aufkommt, wird man es in den Finanzämtern und Finanzgerichten genauso sachgerecht handhaben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum muss sich dann Frau Kramp-­Karrenbauer einmischen?)