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Sebastian Brehm: Wir haben Wettbewerbsnachteile gegenüber unseren Partnern in Europa

Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Prospektverordnung werden mehrere Finanzmarktgesetze geändert und europarechtliche Vorgaben umgesetzt; der Kollege Hauer hat das schon ausführlich dargestellt. Normalerweise, wenn solche Umsetzungen erfolgen, neigt die deutsche Gründlichkeit dazu, EU-Vorgaben noch deutlich zu übertreffen. Mit großer Freude können wir zur Kenntnis nehmen, dass der jetzige Gesetzentwurf ein gutes Beispiel ist für die Art und Weise, wie wir europäische Verordnungen richtig und sinnvoll umsetzen. Das Wichtigste ist dabei, eben nicht die Vorgaben der Verordnung zu übertreffen, sondern insbesondere die Freiheiten zu nutzen. Es geht vielmehr darum, die europäischen Vorgaben im Rahmen der nationalen Umsetzung zielgenau zu gestalten, Schwellenwerte zu vereinheitlichen und wichtige Erleichterungen sowie eine Entbürokratisierung zu erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Auf das Prinzip der Eins-zu-eins-Umsetzung von EU-Vorgaben haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt, weil es auch in diesem Fall, bei der EU-Prospektverordnung, für die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land eine Grundvoraussetzung ist für den Erfolg ihres Geschäfts. Diese Eins-zu-eins-Umsetzung sollte uns übrigens leiten bei allen anderen Vorlagen und Vorgaben, die wir bekommen. Da kommen ja in den nächsten Monaten einige auf uns zu. Wir müssen die Chancen und Optionen nutzen, die aus Brüssel kommen, und dürfen nicht die Nachteile mit eigenen Vorschriften noch verschärfen. Bei der Umsetzung der Prospektverordnung machen wir genau das. Wir nutzen die Optionen aus, um einerseits den einfachen Zugang zu kapitalmarktbasierter Finanzierung für mehr Unternehmer zu ermöglichen und andererseits eine Entbürokratisierung zu erreichen.

Es ist deshalb wichtig und richtig, dass wir den Schwellenwert erhöhen. Wir nutzen hier richtigerweise den Spielraum der EU-Verordnung in voller Höhe aus. Das heißt, in Zukunft wird für alle Emissionen ab einem Wert von 8 Millionen Euro ein umfassender Emissionsprospekt erstellt. Für Emissionen im Wert von 100 000 bis 8 Millionen Euro ist zukünftig ein kompaktes dreiseitiges Wertpapier-Informationsblatt ausreichend. Dieses Wertpapier-Informationsblatt muss die notwendigen und wichtigsten Informationen und Anlegerrisiken nach einem standardisierten Verfahren zusammenfassen. Es dient dem Schutz der Anleger. Es ist transparent, und es erleichtert aber auch kleineren Emittenten die Möglichkeit der Finanzierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Um die nichtqualifizierten Anleger, also letztlich Privatpersonen, zu schützen, wurde vereinbart, bei prospektfreien Anlagen zwischen 1 Million und 8 Millionen Euro Einzelanlagenschwellen einzuhalten. Diese liegen zwischen 1 000 und 10 000 Euro. Ich sehe das durchaus kritisch; denn so bleiben private Anleger zwar vor großen finanziellen Risiken bewahrt, allerdings auch vor entsprechenden Chancen, und sie sind letztlich von der Gewinnverwendung ausgeschlossen. Ob diese Einzel­anlageschwellen sinnvoll sind – ich glaube es nicht –, müssen wir noch besprechen und in der weiteren Debatte diskutieren. Dies ist ein Kompromiss, den wir mit den Partnern geschlossen haben.

Wenn man die Regulierung unserer europäischen Nachbarn anschaut, so sieht man: In vielen Ländern gilt jetzt schon eine Grenze von 5 Millionen Euro. Also, wir haben in der jetzigen Zeit letztlich einen Wettbewerbsnachteil. Durch die Einzelanlagenschwellen gibt es sowieso fast in keinem europäischen Land, also auch hier nicht, einen Wettbewerbsnachteil. Unsere europäischen Nachbarn werden diese 8-Millionen-Euro-Grenze ebenfalls wahrnehmen, sodass wir an diesem Punkt auf Augenhöhe sind.

Aber an einem anderen Punkt sind wir leider nicht auf Augenhöhe. Deswegen ist es richtig und notwendig, dass wir diskutieren, ob wir einer Erweiterung der Möglichkeit der erleichterten Kapitalmarktfinanzierung von GmbHs zustimmen. Dies betrifft insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, übrigens auch alle Existenzgründer im sogenannten Crowdfunding. Wir haben hier bisher Wettbewerbsnachteile gegenüber unseren Partnern in Europa und auch gegenüber unseren Partnern in der Welt. Deswegen ist es richtig, wenn man den deutschen Mittelstand unterstützen will, dass wir auch dann prüfen, den Zugang der GmbHs zu erleichtern. Das wollen wir auch in den nächsten Diskussionen tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn die Start-ups und die Gründer sind Innovationsmotoren, sind Zukunftsgestalter. Wenn wir hier keine Möglichkeit der Kapitalmarktfinanzierung geben, dann wird sich die Szene eben in andere Länder Europas oder der Welt – man denke nur an die Start-up-Szene in Israel – verlagern. Deswegen müssen wir diese Zukunftsgestalter unterstützen, und deswegen wollen wir auch in den nächsten parlamentarischen Diskussionen hier ein deutliches Signal setzen.

Der Deutsche Bundestag hat in der vergangenen Legislaturperiode das Bundesfinanzministerium diesbezüglich um eine Evaluierung bis Anfang 2019 gebeten. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wollen wir intensiv diskutieren, wie wir GmbHs einbeziehen und so unseren Mittelstand stärken können. Dies werden wir ab 2019 oder auch noch in der jetzt anstehenden Anhörung intensiv diskutieren. Ich denke, es ist der richtige Weg. Es ist entbürokratisierend und erleichternd für die kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat unserer Gesellschaft und das Rückgrat unserer Wirtschaft sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)