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Sebastian Brehm: "Steuerwettbewerb ist immer auch Standortwettbewerb"

Rede zum Steuerentlastungsgesetz 2020

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich mich bei der FDP bedanken, dass sie heute den Gesetzentwurf auf die Tagesordnung gesetzt hat; denn das gibt uns wieder einmal die Möglichkeit, über die wichtige Modernisierung der Unternehmensbesteuerung und damit auch über die notwendige Anpassung der Einkommensteuer zu reden. Herzlichen Dank dafür! Es könnte auch nicht aktueller sein als genau in dieser Woche. Mein Kollege Fritz Güntzler und ich haben in dieser Woche das Papier, das wir in der CDU/CSU zur Modernisierung der Unternehmensbesteuerung beschlossen haben, um einkommensteuerrechtliche Vorschläge ergänzt. Ich kann Ihnen nur empfehlen, die in dieser Woche erschienene Ausgabe der „WirtschaftsWoche“, Seite 26, zu lesen. Dort stellen wir auf fünf Seiten unser Konzept detailliert vor. Ich empfehle Ihnen dringend, sich das anzuschauen.

(Christian Dürr [FDP]: Was sagt denn die Bundeskanzlerin zur „WirtschaftsWoche“?)

Ich weiß nicht, ob der Kollege Binding heute noch seinen Zollstock auspackt. Wahrscheinlich tut er es nicht. Sie hätten auf jeden Fall das Werkzeug, wir haben die Literatur. Also muss es doch funktionieren, dass wir gemeinsam einen Vorschlag zu einer großen Steuerreform machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum sind steuerliche Reformen notwendig? Wir sind im internationalen Steuerwettbewerb. In der Tat ist Deutschland im OECD-Vergleich zu einem Höchststeuerland geworden. Steuerwettbewerb ist immer auch Standortwettbewerb. Es ist falsch, zu sagen, dass wir Steuersenkungen zum Beispiel gegen Investitionen in Schulen ausspielen. Wenn wir die Steuern senken – das geht aus einer ifo-Studie hervor –, gehen über 40 Prozent mehr Investitionen in Deutschland voran. Damit würde sich eine solche Reform fast selbst finanzieren. Es ist notwendig, dass wir die Investitionen in unserem Land voranbringen. Deswegen brauchen wir eine Senkung der Unternehmensteuerbelastung.

Wir haben – das ist richtig dargestellt – bei den mittleren Einkommen eine hohe Einkommensteuerbelastung. Über 4 Millionen Arbeitnehmer unterliegen inzwischen dem Spitzensteuersatz, auch der deutsche Facharbeiter. Das war so gar nicht vorgesehen. Wir haben aber auch eine unverhältnismäßig hohe Belastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen im Einkommensteuertarif. Deswegen fordern wir eine Verknüpfung der Modernisierung der Unternehmensbesteuerung mit einer breiten Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen im Einkommensteuerrecht.

Über 20 Jahre ist die letzte große Steuerreform her. Wir haben viel in den Bereichen Bekämpfung der Steuerumgehung, Transparenz und Offenlegung gemacht. Das war richtig und notwendig, und das haben wir gemeinsam durchgesetzt. Deutschland war hier Vorreiter. Der Kollege Gutting hat schon gesagt, was wir alles in vielen kleineren Bereichen geschafft haben. Sicherlich bringen uns auch diese vielen kleinen Schritte voran. Aber wir müssen jetzt auch Vorreiter mit einem klug durchdachten und sinnvollen Ansatz für ein umfassendes, großes Steuerreformpaket werden. Darüber müssen wir gemeinsam sprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir diskutieren fast jede Woche über einen anderen Teilaspekt. Heute ist es ein Teilaspekt im Gesetzentwurf der FDP. Ich möchte Sie bitten, nicht mehr über veraltete Ideen zu reden wie die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Sie setzen sich eine politische Brille auf

(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Dafür werden wir gewählt! – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Macht es die CDU ganz unpolitisch?)

und wollen aus politischem Kalkül gewinnen. Wir müssen uns aber zurücknehmen und sollten uns zusammensetzen, um die Steuervorschläge, die wir jetzt vorgelegt haben, sachlich zu besprechen. Wir brauchen nicht das Klein-Klein, sondern angesichts des internationalen Steuerwettbewerbs einen großen Wurf. Ansonsten geraten wir mit unserem Land im internationalen Steuerwettbewerb ins Abseits. Das wollen wir nicht. Wir wollen gemeinsam kämpfen. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg gehen.

Ich lade Sie herzlich ein, miteinander zu sprechen. Sie haben recht: Im Jahr 2020 besteht eine große Chance. Jeder von Ihnen hat Steuerreformvorschläge gemacht. Wenn wir das alles zusammenfügen, wenn wir uns zusammensetzen und ohne Ideologie, auf rein steuerfachpolitischer Ebene miteinander sprechen, dann müssten wir doch etwas hinbekommen, was Deutschland voranbringt. Wir haben ein Modell vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang möchte ich drei Dinge skizzieren.

Wir brauchen bei den Unternehmensteuern eine Belastungsgrenze von 25 Prozent. Das schaffen wir durch die Abschaffung des Soli – natürlich auch bei Kapitalgesellschaften –, durch eine Anrechnung der Gewerbesteuer und durch ein Optionsmodell, übrigens immer nur für thesaurierte Gewinne, also für Unternehmensgewinne, die im Unternehmen verbleiben und dann reinvestiert werden. Wir müssen aber auch bei der Einkommensteuer etwas tun. Deswegen haben wir ein Modell vorgeschlagen, das eine Verschiebung der Steuerkurve und des Spitzensteuersatzes auf 80 000 Euro vorsieht. Damit geht einher, dass wir bei der Einkommensgrenze für den Reichensteuersatz von 270 000 Euro auf 250 000 Euro zurückgehen. Wir müssen selbstverständlich auch darüber sprechen, wie wir die Steuersätze im oberen Bereich ausgestalten wollen. Lassen Sie uns das machen. Aber das geht nur, wenn wir die Unternehmensteuerreform und die Einkommensteuerreform zu einem großen Paket verknüpfen. Ich lade Sie herzlich dazu ein. Lassen Sie uns gemeinsam diskutieren. Wenn wir es schaffen, dann haben wir 2020 für unser Land viel vorangebracht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)