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Sebastian Brehm: Es geht wirklich um die Erhaltung der Leistungsfähigkeit unserer Unternehmen

Redebeitrag zur steuerlichen Entlastung für Unternehmen

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, ich bringe kein Marx- oder Engels-Zitat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Aber ich bin der FDP dankbar für diesen Antrag; denn das Thema des notwendigen erweiterten Verlustrücktrags hat gerade im Hinblick auf die aktuell für November getroffenen Maßnahmen und die zweite Coronawelle noch mal erheblich an Bedeutung gewonnen. Deshalb haben wir im Rahmen der Verhandlungen zum Jahressteuergesetz 2020 dieses Thema selbstverständlich noch mal eingebracht.

Es gab ja im Rahmen der Beratungen zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz ergänzend zu unseren Bemühungen einen weiteren guten Antrag der FDP, übrigens auch einen guten Antrag der Grünen. Wenn man sich den heutigen Antrag von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, ansieht, dann stellt man fest, dass aus der Auflistung die Befürworter für einen erweiterten Verlustrücktrag deutlich hervorgehen. Das sind eigentlich alle wirtschaftlich relevanten Akteure, das sind alle politisch relevanten Akteure. Es fehlen lediglich die SPD und die Linken, die sich diesem Thema leider weiterhin verweigern.

Beim Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz konnten wir zwar gemeinsam über kleine Verbesserungen reden und diese auch umsetzen – der Verlustrücktrag von 1 Million Euro wurde auf 5 Millionen Euro erhöht, bei Zusammenveranlagung wurde er von 2 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro erhöht –; aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das reicht nicht aus.

Vielleicht muss man noch mal erklären – es ist vorhin ein bisschen missverständlich dargestellt worden –, wie der steuerliche Verlustrücktrag eigentlich funktioniert. Nach dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sollen Gewinne und Verluste miteinander verrechnet werden können. Da wir eine Abschnittsbesteuerung haben, also eine jährliche Besteuerung, muss man ein gesetzliches Instrument finden, mit dem man Verluste in einem Veranlagungszeitraum mit Verlusten und Gewinnen anderer Zeiträume verrechnen kann. Diese Möglichkeit bietet der § 10d im Einkommensteuergesetz. Hier ist geregelt, dass man Verluste bis zu 5 Millionen Euro ein Jahr zurücktragen kann. Die überschießenden Verluste können bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro für weitere zehn Jahre vorgetragen werden. Der Rest wird nur noch zu 60 Prozent angesetzt.

Also, wir haben schon jetzt eine Durchbrechung bei der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Das wollen wir ändern. Wir brauchen diesbezüglich keine Mindestbesteuerung, sondern wir brauchen eine Änderung des Verlustvortrages. Deswegen können wir Ihrem Antrag heute auch nicht zustimmen. Wir werden es ja noch mal diskutieren; denn der wesentliche Teil des Verlustvortrages fehlt, den wir aber gerne haben würden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist der Kern? Der Kern ist, dass wir den Unternehmerinnen und Unternehmern – der Kollege Bayaz hat es richtig gesagt – helfen, notwendige Liquidität aus eigener Kraft zu bekommen. Aus eigener Kraft! Was würde das bedeuten? Wir müssten weniger Hilfen zahlen. Wir müssten auch weniger Geld in die Hand nehmen und in die Welt geben. Vielmehr könnten wir die eigene Kraft der Unternehmen stärken. Das ist doch der richtige Ansatz.

Die Ausdehnung des Verlustrücktrages, die Sie ablehnen, gilt ja nur für diejenigen, die auch in Deutschland Steuern zahlen. Alle anderen, die in Deutschland keine Steuern zahlen, würden ja auch keinen Verlustrücktrag machen können.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wer hat Verlustrücktrag gemacht?)

Insofern besteht vielleicht ja auch eine Möglichkeit, dass Sie zustimmen können. Ich sage Ihnen: Das ist eine reine Verschiebung – der Kollege Fritz Güntzler hat es ja auch in seiner Rede erwähnt –: Wir geben den Unternehmen jetzt die Steuer zurück, indem sie einen größeren Verlustrücktrag bekommen; aber sie zahlen dann wesentlich schneller wieder Steuern, wenn Gewinne entstehen, und wir hoffen, dass die Gewinne schon im nächsten Jahr wieder entstehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe Ihre Blockade dort wirklich nicht. Es geht doch nicht um eine Privilegierung von Unternehmen oder vom Mittelstand, sondern es geht wirklich um die Erhaltung der Leistungsfähigkeit unserer Unternehmen. Wenn wir das nicht machen, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, dann wir es zu mehr Hilfen kommen müssen, und es wird auch zu mehr Arbeitsplatzabbau in Deutschland führen. Deswegen ist es jetzt dringend geboten, dass wir dieses Thema anpacken. Wann sollten wir es denn anpacken, wenn nicht jetzt? Wir müssen es doch in das Jahressteuergesetz 2020 hineinpacken. Jetzt ist die Krise da. Wenn wir das in ein oder zwei Jahren machen, ist das Ganze verpufft. Deswegen wollen wir es jetzt tun, und deswegen werben wir darum, dass wir gemeinsam eine Lösung finden.

Natürlich können wir darüber reden: Welchen Zeitraum nehmen wir? Nehmen wir zwei Jahre, drei Jahre, fünf Jahre Verlustrücktrag? Welchen Zeitraum nehmen wir für den Verlustvortrag? Welche Höhe nehmen wir? – Das alles sind Themen, die wir diskutieren können. Aber wir müssen es anpacken, und wir müssen hier endlich ein Umdenken hineinkriegen, dass wir den Unternehmen zu ihrer eigenen Kraft verhelfen. Wir sind stolz auf diejenigen Unternehmen – das muss man auch noch einmal sagen –, die in der Vergangenheit viele Steuern in Deutschland bezahlt haben. Das sind nämlich unsere Industrie und unser Mittelstand, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um in der Bildsprache von Olaf Scholz zu bleiben, will ich Ihnen als Kollegen der SPD ausdrücklich sagen, und zwar nur für den Bereich der Unternehmensbesteuerung: Wir müssen wirklich aufpassen, dass aus dem Wumms keim Wümmschen wird und dass aus der Bazooka in der Unternehmensbesteuerung keine einfach harmlose Wasserpistole wird. Also: Anpacken jetzt und den Verlustrücktrag mit uns gemeinsam durchsetzen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)