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Sebastian Brehm

Sebastian Brehm: "Die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich wiederherstellen"

Rede zur europäischen Digitalkonzernsteuer

„Wir unterstützen eine gemeinsame, konsolidierte Bemessungsgrundlage und Mindestsätze bei den Unternehmenssteuern. Wir wollen mit Frankreich zusammen hierfür eine Initiative ergreifen, auch um eine europäische Antwort auf internationale Veränderungen und Herausforderungen in diesem Bereich, nicht zuletzt in den USA, zu geben.“ So steht es in unserem Koalitionsvertrag, und dazu stehen wir.

Deutschland und Frankreich haben in der Zwischenzeit eine gemeinsame Initiative ergriffen, die eine weltweite effektive Mindestbesteuerung zum Gegenstand hat. Die Ausgestaltung einer solchen effektiven Mindestbesteuerung ist derzeit Gegenstand der fachlichen Beratungen auf OECD-Ebene. Deutschland ist daran aktiv beteiligt. Selbstverständlich muss es unser Ziel sein, dass alle Unternehmen, auch die immer wieder zitierten Unternehmen der digitalen Wirtschaft, ihre steuerlichen Verpflichtungen in voller Höhe in Deutschland erfüllen.

Nebenbei bemerkt: Beim Antrag der Grünen wird gleich zu Beginn viel vermischt. Apples Umsätze aus dem Verkauf von Hardware mit den Umsätzen aus dem Versandhandel von Amazon und Onlinewerbung von Google gleichzusetzen, zeugt von großer Ungenauigkeit beim Schreiben des Antrages.

In der Vergangenheit konnten zahlreiche gesetzliche Maßnahmen schon zu einer Verbesserung der Situation führen, ob es die Lizenzschranke in 2017 war oder auch kürzlich im vergangenen Jahr das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften. Dies reicht aber auch aus unserer Sicht nicht aus.

Doch ganz so einfach, wie es die Grünen in ihrem Antrag schreiben, ist es dann leider nicht. Würde man den steuerlichen Betriebsstättenbegriff hin zu einer digitalen Betriebsstätte ändern oder gar die Versteuerung nach dem jeweiligen Umsatz im Land vornehmen – nur um die Digitalkonzerne in Deutschland voll besteuern zu können –, so könnte das ebenso zum Gegenteil führen.

Deutsche Unternehmen, die stark exportbezogen sind, würden dann auch vermehrt Steuern im Ausland und nicht in Deutschland zahlen müssen, da ihre Betriebsstätten plötzlich im Ausland liegen würden oder aufgrund von Umsatzzuteilung mehr Umsatz im Ausland versteuern müssten. Das würde zu einer erheblichen Minderung der Steuereinnahmen in Deutschland führen und das ursprünglich geplante Ziel ad absurdum führen.

Deshalb kann hier nur eine internationale Lösung über eine effektive Mindestbesteuerung auf OECD-Ebene erfolgen. Eine nationale Lösung ist aus meiner Sicht ausgeschlossen.

So fordern Sie als Grüne eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung mit fairen Mindeststeuersätzen und gemeinsamer Bemessungsgrundlage in der EU. Wenn Sie wirklich etwas tun wollen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und des deutschen Mittelstandes, dann lassen Sie uns ins Gespräch kommen über Maßnahmen zur Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland. Außer weiteren Belastungsvorschlägen ist von Ihrer Seite bisher nichts gekommen.

Ich freue mich sehr, dass die FDP unseren Kurs für eine Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland unterstützt. Denn diese Modernisierung der deutschen Unternehmensbesteuerung brauchen wir dringend. Aufgrund der Steuerreformen der europäischen Nachbarn und auch aufgrund der internationalen Entwicklungen in diesem Bereich ist Deutschland zu einem Hochsteuerland geworden. Das führt zu Wettbewerbsnachteilen der deutschen Wirtshaft im internationalen Vergleich. Denn klar ist: Steuerpolitik ist auch immer Standortpolitik.

Eine Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland muss dazu führen, dass wir

erstens die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich wiederherstellen:

–     durch eine Begrenzung der Besteuerung für nicht entnommene Gewinne auf maximal 25 Prozent

–     durch die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages

–     und durch die volle Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer

zweitens Strukturen optimieren:

–     zum Beispiel, indem wir das Außensteuerrecht anpassen

–     durch Schaffung der Möglichkeit für eine rechtsformneutrale Besteuerung durch ein Optionsmodell von Personengesellschaften, sich nach dem Körperschaftsteuergesetz besteuern zu lassen

–     durch Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung, die auch im internationalen Vergleich notwendig ist

–     und durch eine vollständige und faire Verlustverrechnung

drittens Bürokratie abbauen:

–     also keine weiteren Belastungen durch eine nationale Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle

–     stattdessen die zeitnahe Betriebsprüfung einführen

–     Abschreibungsregelungen der digitalen Wirtschaft anpassen

–     und Meldepflichten reduzieren

Das sind die Maßnahmen, die vor einer weiteren Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen in Europa notwendig wären, und dafür wollen wir uns mit aller Entschiedenheit einsetzen.