Skip to main content

Rüdiger Kruse: Dieser Haushalt geht sehr stark in Richtung Nachhaltigkeit

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Epl. 12)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Thomas Jurk, ich hoffe, dass die Überraschung zumindest positiv ist.

Herr Spaniel, eine lustige Idee, dass man die Steuern, die man einnimmt, genau in dem Sektor wieder ausgeben soll, aus dem man sie herhat. Das sollten wir einmal bei den Steuern auf Tabak und Alkohol machen. Vielleicht wird von einigen die Variante begrüßt, wenn wir dann zum Beispiel im Winter Überschüsse aus den Einnahmen der Alkoholsteuer in Form von kostenlosem Glühwein verteilen.

(Beifall des Abg. Thomas Jurk [SPD])

Lieber Andreas Scheuer, wenn ich einmal einen nautischen Vergleich anstellen darf: Auch wenn man den richtigen Kurs steuert, hat man natürlich das Problem, dass es neben dem einen richtigen Kurs eine unendliche Vielzahl von falschen Kursen gibt. Herr Spaniel, Ihrer ist einer davon. Wir werden in dieser Debatte natürlich auch erleben, dass genau das Gegenteil von Ihnen gesagt wird. Sie haben kritisch angemerkt: Verrat an den Autofahrern, wahrscheinlich ideologisch links-grün versifft.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe die Grünen sogar gelobt!)

- „Wahrscheinlich“ habe ich gesagt. – Aber von der anderen Seite wird natürlich nicht das Lob kommen: Andi Scheuer ist in Wirklichkeit ein Grüner oder vielleicht sogar ein Linker.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz sicher nicht!)

Endlich ist da mal einer, der sozialistische Verkehrspolitik durchzieht und den Leuten das Autofahren vermiest. – Nein, da wird wahrscheinlich kommen: rückwärtsgewandt, auf das Auto konzentriert. Auch dafür werden sogar Belege gebracht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Cezanne [DIE LINKE]: Wenn Sie das doch wissen!)

Also: Wir mit unserem Kurs der Mitte nehmen solche Kritik durchaus ernst und auch als Bestätigung.

Wenn ich mir diesen Haushalt ansehe, dann stelle ich fest: Er wächst von schon stattlichen 31 Milliarden Euro auf 41 Milliarden Euro. 7 Milliarden Euro davon sind im parlamentarischen Verfahren entstanden. Manchmal wird das Bild gezeichnet, dass wir in einem Haushaltsverfahren nur die Reste, die liegen geblieben sind, verteilen. Das ist vollkommen falsch und entspricht nicht der Verfassungswirklichkeit. Wenn man sieht, dass natürlich viele Aufgaben sowieso schon da waren und wenn von 10 Milliarden Euro Aufwuchs 7 Milliarden Euro während des parlamentarischen Verfahrens entstanden sind, dann muss man feststellen, dass das eine große Leistung ist. Dafür möchte ich mich bei allen Berichterstattern bedanken, insbesondere bei meinem Kollegen Thomas Jurk von der SPD, unserem Koalitionspartner. Wenn man sich einig ist, ist die Zusammenarbeit gut. Aber das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass man dann, wenn es Punkte gibt, über die man unterschiedlicher Meinung ist, immer noch freundschaftlich miteinander umgeht. Lieber Thomas, das haben wir jetzt vier Jahre gemacht. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Verkehrsministerium war ja in dieser Legislaturperiode für mich etwas Neues. Es war schon beeindruckend, wenn Sie beim Berichterstattergespräch sozusagen die gesamte Führungsebene von 105 Personen aufgeboten haben. Aber die Tiefe der Berichterstattergespräche hatte den großen Vorteil, dass tatsächlich alle Fragen auch vor Ort beantwortet werden konnten. Das heißt, dass das Haus die Berichterstatter und die Haushaltsberatungen sehr ernst genommen hat. Manchmal hat es auch unter uns gelitten. So ist es ja auch richtig, weil wir natürlich zu Recht die richtigen Fragen gestellt haben. Aber glücklicherweise haben wir dann auch gemeinschaftlich konsensuale Antworten gefunden.

Dieser Haushalt geht sehr stark in Richtung Nachhaltigkeit, und das, obwohl wir in einer Situation sind, wo man auch verstehen könnte, wenn alles nur aus Pflasterkleben und Verbändemachen bestünde. Natürlich haben wir da, wo coronabedingt Ausfälle waren, auch geholfen. Ich denke nur an die Hilfen für die Busunternehmen, die wir in das nächste Jahr hinüberführen, damit wir diese Infrastruktur – eine extrem wichtige Leistung – auch behalten.

Wir haben die Zukunftsthemen angefasst, sei es Digitalisierung der Schiene oder den Bereich Güterverkehr. Stellen wir uns einmal folgendes interessante Szenario vor. Wenn wir damals einen Kollegen beim Umzug des Parlamentes von Bonn nach Berlin verloren hätten und diesen nun wiederfinden würden, dann würde sich dieser Kollege ja nicht mehr zurechtfinden. Er wäre glücklich, in ein paar Gängen noch alte Telefonzellen zu finden. Aber ansonsten? Unsere Videokonferenzen, die SMS, die die Kollegen dauernd bekommen, nur er nicht, weil er kein Handy hat – alles anders! Würden Sie einen Mitarbeiter der Reichsbahn von 1910, der Rangierer war, heute wieder auftauen bzw. wiedererwecken, könnte dieser morgen früh seinen Job in Maschen bei Hamburg mühelos wiederaufnehmen, weil die Schraubkupplung noch dieselbe wie 1910 ist. Käme er 25 Jahre später, sage ich voraus, dass er überrascht wäre, weil wir bis dann die digitale automatische Kupplung eingeführt haben. Das ist ein Projekt, das wir nun anstoßen, und zwar auf europäischer Ebene, weil es europaweit 600 000 Güterwagen gibt, die gemeinschaftlich gekuppelt werden müssen. Das ist eine Anstrengung, die wir trotz Corona nun unternehmen. Wir nutzen die deutsche Ratspräsidentschaft, um das intern anzustoßen.

Dann kommt im nächsten Jahr das Deutsche Zentrum Mobilität der Zukunft. Es wurde viel gerätselt, was das denn sein könnte. Da die Zentrale in München ist, ging man davon aus, dass es ja nur ums Auto gehen kann. Pustekuchen! Es geht um den gesamten Bereich der Mobilität. Es geht natürlich auch ums Auto, aber genauso um die Schiene. Es geht aber auch um die moderne Kommunikation innerhalb und zwischen Verkehrsträgern, und – oh Wunder – es gibt auch entsprechende Satelliten an anderen Stellen in Deutschland. Das heißt, es ist föderalistisch. Es ist breit aufgestellt, und es ist vor allen Dingen auf die Zukunft ausgerichtet. Dieses Programm, das wir jetzt machen, hat wirklich verdient, den Abschluss der Legislaturperiode zu bilden. Schließlich und endlich ist es die letzte reguläre Haushaltsberatung, die wir haben. Ein sehr gelungener Haushalt!

Persönlich möchte ich ein Projekt ansprechen, das uns, Thomas, nicht nur Freude gemacht hat, sondern auch viele anstrengende Stunden beschert hat, nämlich die Autobahngesellschaft, die im kommenden Frühjahr an den Start geht. Ich möchte all den Mitarbeitern, die die Aufbauleistung erbracht haben, ganz herzlich danken. Vonseiten des Hauses nenne ich einmal nicht den Minister, sondern den Staatssekretär Michael Güntner, der sich wirklich aufgearbeitet hat und allen Seiten gegenüber eine sehr gute Leistung erbracht hat. Das wäre in der Wirtschaft ein hochbezahlter Job, und hier ist es on top zum Normalgeschäft. Dafür herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir werden sehen, dass sich zukünftige Teams, die in Parlament und Ministerium diesen Bereich bearbeiten, an der Leistung dieses Teams, das wir alle gebildet haben, messen lassen müssen. Da haben wir die Messlatte hoch gelegt. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Victor Perli [DIE LINKE]: Kein Wort zu den Problemen!)