Skip to main content

Olav Gutting: Es geht hier nicht um Steuersparmodelle

Rede in der aktuellen Stunde zu Steuerbetrug durch Cum Fake Geschäfte

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider müssen wir uns heute an dieser Stelle schon wieder mit kriminellem Steuerbetrug auseinandersetzen. Diesmal geht es um die inzwischen angelaufene Prüfung, ob es Geschäfte mit sogenannten Phantomaktien in Deutschland gegeben haben könnte. Die Frage, ob es ein neues System von einigen Banken und Investoren gibt, um den Staat mit unechten Aktien um Steuergeld zu prellen, steht im Raum. Die Antwort – das muss man offen sagen – steht noch nicht fest. Deshalb ist die heutige Debatte für eine seriöse Analyse dieses Problems eigentlich viel zu früh.

Herr De Masi, es ist, glaube ich, nicht zulässig, dass Sie hier Cum/Ex mit Cum-Fake vermischen, die Schäden einfach zusammenwerfen. Das sind zwei Paar Schuhe. Wenn man das seriös diskutieren will, dann kann man das nicht zusammenwerfen. Was man allerdings sicher sagen kann, egal ob Cum/Ex oder Cum-Fake mit Phantom­aktien: Es geht hier nicht um Steuersparmodelle, nicht um Steuern sparen, sondern es geht um kriminelle Machenschaften, um Betrug mit Kapitalertragsteuerbescheinigungen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber der Reihe nach. Bisher gehen Staatsanwaltschaften einer bislang unbekannten Masche nach, mit der einzelne Banken, einzelne Aktienhändler möglicherweise deutsches Steuergeld ergaunert haben könnten. Ja, es soll Auffälligkeiten bei Geschäften mit American Depositary Receipts, ADR, gegeben haben; das ist richtig. Das sind von amerikanischen Banken ausgegebene Hinterlegungsscheine nichtamerikanischer und damit natürlich möglicherweise auch deutscher Aktien, die an US-Börsen gehandelt werden.

Offensichtlich ist auch, dass es nach ersten Untersuchungen so aussieht, als ob Millionen dieser ADRs, die in den USA herausgegeben wurden, eben nicht mit echten Aktien hinterlegt waren. Und wenn das so ist, dann wurden diese wahrscheinlich genutzt, um unberechtigte Steuervorteile außerhalb der USA zu erlangen, und dazu gehört wahrscheinlich auch Deutschland. Ob dieser Missbrauch aber auch dazu genutzt wurde, deutsche Kapitalertragsteuer zu erschleichen, das wissen wir noch nicht; das muss erst aufgeklärt werden.

Der Sachverhalt wird nun untersucht, sowohl von der BaFin wie auch vom Bundeszentralamt für Steuern und vom Bundesministerium der Finanzen. Und wenn sich herausstellen sollte, dass in Einzelfällen Steuerbescheinigungen für ADRs, für Aktien ausgestellt wurden, die nicht wirklich im Depot der Banken waren, dann – das ist völlig klar – müssen die Institute selbstverständlich für den möglicherweise entstandenen Schaden haften. Wir können dann auf diese Institute auch zugreifen, wenn sie in Deutschland sind.

Der Sachverhalt muss jetzt schonungslos aufgeklärt werden, und zwar im Geschäftsbereich des Finanzministeriums, aber auch und gerade durch die Justiz. Im Kampf gegen Betrüger – und da sind wir uns im Haus, denke ich, alle einig – stehen wir zusammen. Aber ich glaube, dass es der falsche Weg ist, wenn wir hier verfrüht und unseriös über dieses Thema debattieren und wenn wir die Semantik der Linken verwenden. Da wird jetzt von einem Unternehmensstrafrecht gesprochen, um die kriminelle Kultur in den Vorstandsetagen auszumerzen. Ich glaube, das ist zu allgemein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit Pauschalvorwürfen, dass Vorstandsetagen in Unternehmen grundsätzlich kriminell sind und die Bundesregierung nicht in der Lage wäre, das zu bekämpfen und nicht willens wäre, das aufzuklären, liegen Sie einfach falsch. Wenn einige heute eine Show abziehen und sich als die Rächer der Enterbten darstellen wollen,

(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Sie haben vor drei Wochen noch gesagt, da gibt es keine Probleme! Darüber müssen wir sprechen!)

dann mögen sie das tun; aber das bringt uns nicht wirklich weiter in der Bekämpfung unseres gemeinsamen Feindes, und das sind diese Betrüger.

Es gibt in allen gesellschaftlichen Bereichen Betrüger. Das muss man wissen. Es gibt sie in der Wirtschaft, aber auch bei Hartz‑IV-Empfängern.

(Widerspruch von der LINKEN – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das passt jetzt schlecht!)

So etwas gibt es. Es gibt Betrüger immer wieder. Das jetzt nur auf Banker zu beziehen, ist einfach unredlich. Betrug zulasten der Allgemeinheit muss konsequent bekämpft werden. Er muss konsequent aufgeklärt und konsequent verfolgt werden. Das tun wir, und das machen auch unsere Justizbehörden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir brauchen Seriosität bei der Aufklärung dieses neuen Sachverhaltes. Alles andere, was hier teilweise gerade von der Linken behauptet wird, spaltet die Gesellschaft, und das können wir alle nicht wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Fabio De Masi [DIE LINKE]: Das spaltet die Gesellschaft!)

Vizepräsident Thomas Oppermann: