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Matern von Marschall: Wir dürfen die Mittel nicht kürzen

Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 23 - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Künast, genauso ist es: Ich kann etwas zum Marshallplan sagen,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollte gar kein Zwischenruf sein!)

auch wenn der Name nicht von mir erfunden worden ist.

Wir debattieren heute über den Haushalt des Entwicklungsministeriums. Der Etat wurde – das ist schon gesagt worden – in der letzten Dekade verdoppelt. Im kommenden Jahr wird er um 10 Prozent – das entspricht 900 Millionen Euro – gesteigert. Wir reden hier über 2,8 Prozent des Bundeshaushalts. Das sage ich nur, damit alle diesen Haushalt in den Gesamthaushalt einordnen können.

Wir haben angesichts der humanitären Katastrophen die internationalen Organisationen und Programme zusätzlich unterstützt, die UNICEF, das UNDP, und über das Außenministerium haben wir Mittel für UNHCR in den letzten drei Jahren verdreifacht. Es ist also nicht so, dass wir unseren Verpflichtungen im und um das syrische Kriegsgebiet herum nicht einigermaßen gerecht geworden wären.

Ich will darauf eingehen, dass auch die kirchlichen Organisationen einen erheblichen Aufwuchs in Aussicht gestellt bekommen haben. Ich danke insbesondere diesen Organisationen, weil sie die Eigenverantwortung stärken und weil sie die Solidarität stärken, übrigens über Religionsgrenzen hinweg in einem sehr wertvollen und wichtigen Dialog. Sie sind für uns ein ganz wichtiger Partner.

Ich glaube, hier muss gesagt werden: Wir dürfen die Mittel nicht kürzen. Das bereitet mir Sorge.

Herr Minister, Sie haben in Ihrem Buch – ich darf dafür werben; denn die Erlöse gehen, wie ich glaube, an eine wohltätige Organisation – zu Recht darauf hingewiesen, dass es bei Entwicklungspolitik um die gerechte Gestaltung der Globalisierung geht. Sie haben das ins Zentrum Ihrer politischen Strategie gerückt. Ein Bild habe ich in Erinnerung behalten, das Bild eines Jungen aus Mauretanien, der einen Eselskarren mit einem Wasserfass zieht und gleichzeitig auf sein Handy schaut. Dieses Bild verdeutlicht die Auswirkungen der Globalisierung, zeigt die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Was denkt dieser Junge, wenn er auf sein Smartphone schaut? Was sind seine Zukunftsperspektiven? Ich bin ganz sicher: Wir müssen daran arbeiten, dass wir diesem Jungen bei sich zu Hause eine Zukunft geben. Dem dient der Grundsatz des Marshallplans, der im Übrigen auch ein wesentliches Potenzial hat.

Wir sollten viel mehr von Chancen als nur von Düsterkeiten und Risiken reden, weil die unglaublich vielen jungen Menschen in Afrika, die so lebenshungrig sind, natürlich eine Zukunft haben wollen. Wenn wir sie dabei unterstützen – das kann auch unserer Wirtschaft dienen –, indem wir die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern und die gute Regierungsführung stärken, dann ist das ein guter Weg. Ich glaube, wir sollten das gerade in den Ländern tun, die sich schon jetzt dazu bereit, in der Lage und gewillt sehen. Das ist keine Aussage, die unsere humanitäre Verpflichtung den Ärmsten gegenüber schmälert. Aber das ist ein Weg, um denjenigen, die dann erfolgreich sind, das Potenzial zu geben, in die Nachbarschaft auszustrahlen.

Herr in der Beek – das will ich zum Abschluss sagen –, ich bin fest überzeugt, dass wir eine gemeinsame europäische Entwicklungspolitik brauchen. Der Europäische Entwicklungsfonds ist mit über 100 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet. Ich bin ganz sicher, dass nur dann ein Level Playing Field und insofern auch Verzerrungen vermieden werden, wenn alle europäischen Staaten ihren Umgang mit Afrika in gleicher Weise gestalten. Dem muss auch eine neue Vertragsgestaltung im sogenannten Post-Cotonou-Prozess dienen. Da müssen wir Mut haben, den Mut, Souveränität an eine starke europäische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik abzugeben. Auf anderen Feldern müssen wir die Subsidiarität im nationalen Bereich vielleicht stärken.

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)