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Mark Helfrich: Wasserstoff steht nur marginal als natürlicher Rohstoff zur Verfügung

Redebeitrag zu Wasserstoff

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wasserstoff wird gerade zum Allzweckenergieträger der Zukunft oder, salopp gesagt, zur eierlegenden Wollmilchsau der Energiewende.

In der Tat ist Wasserstoff vielseitig verwendbar: Er kann bisherige Brennstoffe wie Öl, Koks oder Erdgas in der Industrie ersetzen und ist zudem ein universeller Grundstoff für die chemische Industrie. Im Bereich der Mobilität sind Wasserstoff und daraus hergestellte synthetische Kraftstoffe der Treibstoff der Zukunft. Egal ob in Flugzeugen, Schiffen, Zügen, Bussen oder Lkws: Überall, wo Batterieantriebe nicht praktikabel sind, sind Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe flexibel einsetzbar. Auch im Wärmesektor, zum Transport von erneuerbarer Energie oder als Energiespeicher, ist Wasserstoff geeignet. Wird er zudem mithilfe von Power to Gas aus Sonnen- oder Windenergie erzeugt, ist Wasserstoff auch ein Klimaschützer. Für mich ist die Power-to-Gas-Technologie neben der Photovoltaik und der Windkraft die dritte Säule der globalen Energiewende.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, nun zu Ihrer Wasserstofffarbenlehre. Nach Weißem, Grünem, Grauem, Blauem und Türkisem gibt es jetzt also auch Bunten Wasserstoff. Fehlt eigentlich nur noch der Gelbe Wasserstoff.

(Beifall der Abg. Judith Skudelny [FDP])

Dieser könnte wahlweise für Wasserstoff aus Atomstrom stehen oder alternativ auch für Knallgas.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Okay, das war jetzt nicht wirklich nett. Ich nehme das auch mit dem Ausdruck des Bedauerns sofort wieder zurück.

(Michael Theurer [FDP]: Das war unseriös!)

Aber was will ich damit sagen? Wer in Deutschland 2020 die Diskussion über Bunten Wasserstoff anzettelt, erweist dem Thema Wasserstoff einen Bärendienst. Werden andere Länder Blauen Wasserstoff vorantreiben? Mit Sicherheit. Ist das Thema „unterirdische CO2-Speicherung“ in Deutschland tot? Mit Sicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE])

Wäre das bei CO2-freier Methanpyrolyse bzw. Türkisem Wasserstoff anders? Mit Sicherheit. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, sind gerade dabei, das Kind mit dem Bade auszuschütten.

(Reinhard Houben [FDP]: Das ist ein rhetorischer Klassiker! – Michael Theurer [FDP]: Das Kind mit dem Wasserstoff, meinten Sie!)

Meine Damen und Herren, Wasserstoff steht nur marginal als natürlicher Rohstoff zur Verfügung. Deshalb muss er zuerst hergestellt werden. Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung wird deshalb sowohl den technischen Ausbau von Elektrolyseuren fördern als auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ein Markt für Wasserstoff entsteht.

So wollen wir bis 2030 in einem ersten Schritt Erzeugungsanlagen für Grünen Wasserstoff mit bis zu 5 Gigawatt Gesamtleistung fördern. Spätestens bis 2040 soll sich die Erzeugungsleistung auf 10 Gigawatt verdoppeln. Deshalb stellen wir für den Technologiehochlauf 7 Milliarden Euro bereit.

(Beifall bei Abgeordneten SPD und des Abg. Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU])

Damit kann Grüner Wasserstoff so schnell wie möglich in industriellem Maßstab in Deutschland produziert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sich erneuerbarer Wasserstoff am Markt durchsetzen kann, brauchen wir ihn zu wettbewerbsfähigen Preisen. Hierbei ist die EEG-Umlage ein wichtiger und im Übrigen auch symbolischer Hebel für die Produktion in Deutschland. Die angekündigte Prüfung einer Befreiung des für die Wasserstofferzeugung benötigten Stroms von der EEG-Umlage ist ein erster Schritt. Wenn wir es aber ernst meinen mit dem Thema, dann müssen wir die Befreiung noch in diesem Jahr in der großen EEG-Novelle verankern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Bei der Wasserstoffverwendung gilt für mich: Eine Einschränkung auf bestimmte Sektoren würde kurzfristig erschließbare Absatzmärkte und CO2-Senkungspotenziale ausblenden und so den Hochlauf der Elektrolyseleistung bremsen. Unser Ziel ist es, Deutschland international zu einem Vorreiter bei Grünem Wasserstoff zu machen und die Nummer eins bei Wasserstofftechnologien in der Welt zu werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Eines ist aber auch klar: Die anvisierten 10 Gigawatt Erzeugungsleistung werden nicht ausreichen. Sie sind mit Blick auf eine vollendete Energiewende nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die Produktion von Wasserstoff benötigt viel erneuerbare Energie, die wir in Deutschland nicht werden erzeugen können, die aber auf diesem Planeten durchaus vorhanden ist. Vor allem die Länder Nordafrikas sind geeignete Produktionsstandorte für Grünen Wasserstoff, da dort die Sonne nahezu unbegrenzt scheint. Für die dafür notwendigen internationalen Energiepartnerschaften sind zusätzliche 2 Milliarden Euro im Konjunkturprogramm vorgesehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Sie fordern in Ihrem Antrag eine europäische Wasserstoffunion. Und in der Tat: Das Vorbild der Montanunion für eine Wasserstoffunion hat durchaus Charme. Deshalb hat zu Beginn dieser Woche Deutschland zusammen mit den Penta-Staaten die EU-Kommission dazu aufgefordert, eine Strategie für den Ausbau klimafreundlicher Wasserstoffenergie vorzulegen. Neben Deutschland fordern Österreich, Benelux, Frankreich sowie die Schweiz ein gemeinsames Vorgehen beim Thema Wasserstoff. Sie sehen also: Die Bundesregierung ist Ihnen schon einen Schritt voraus.

(Michael Theurer [FDP]: Sie ist uns gefolgt, Herr Kollege!)

– Das ist immer eine Frage des Betrachtungswinkels.

Sehr geehrte Damen und Herren, Wasserstoff besitzt das Potenzial, die globale Energiewende auf die Erfolgsspur zu bringen. Ohne Wasserstoff wird es keinen klimaneutralen Kontinent Europa geben.

(Michael Theurer [FDP]: Sehr richtig!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)